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Tagebuch

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Freitag 26.5.2023 – Tag 1.060

Der heutige Tag stand im Zeichen der Verkehrswende.

Mobilitätswende hier und jetzt

15 Minuten Kurz-Kundgebung für zukunftsfähige Verkehrswende in Stadt, Land und Bund

Freitag 26. Mai 12:30 - 12:45 Ecke Rosenaustr./Holzbachstr.
Treffen 12:15

  • Ampelschaltung mit mehr Rücksicht auf Zügigen Fußgänger- und Fahrradverkehr
  • Autoverkehr durch die Innenstadt reduzieren

Nachtrag

Um 12:30 demonstrierten 6 Demonstrant*innen an der Kreuzung Rosenaustrasse und Holzbachstrasse für eine gerechtere Ampelschaltung. Aktuell zwingt die Ampelschaltung Menschen, die mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs sind, unnötig lange zu stehen zu bleiben. Während die Umsetzung des Radvertrags diskutiert wird und Stadtplaner von zu Fuß erlebbaren Städten träumen, wirkt solch eine Ampelschaltung aus der Zeit gefallen und sollte neu geplant werden. Dazu der Beitrag von ATV: Klima-Protestaktionen in Augsburg ergänzen „Letzte Generation“.

Um den Aufenthalt in Augsburg angenehmer zu gestalten, fordern die Aktivist*innen auch die Redizierung des PKW Verkehrs in und durch die Stadt. Damit dies auch möglich ist, müssen alternative Fortbewegungmittel wie z.B. das Fahrrad attraktiver gestaltet werden. Nur ein Grund mehr Ampelschaltungen einzuführen, die eine grüne Welle für Radfahrende ermöglicht. Andere Städte haben solche Ampelschaltungen an viel genutzten Strecken bereits eingeführt (vgl. Grüne Welle für Radler (SZ)).

Critical Mass

Wie an (fast) jedem letzten Freitag im Monat, soll auch an diesem Tag in Augsburg eine Critical Mass stattfinden. Sechzehn oder mehr (oder hoffentlich viel viel mehr) Fahrradfahrer*innen bilden dabei einen geschlossenen Verband und fahren gemeinsam durch Augsburg.

Startpunkt: Rathausplatz (vor dem Klimacamp)
Zeit: 18 Uhr
Webseite: https://criticalmass-augsburg.de/termine

Zusammenfassung der Critcal Mass

Neben der Demonstration ergab sich heute eine Critical Mass um gemeinsam vom Rathausplatz zum Modular zu fahren.

Es war eine sehr gemütliche Critical Mass. Gegen 18:20 starteten wir am Rathausplatz. Über verschlungene Wege, vorbei an der City Galerie, durch die Jakoberwallstraße am Bahnhof Augsburg-Oberhausen vorbei. Irgendwann hatte sich ein Auto in den Verband eingeschlichen, welches wir jedoch nach einigen hundert Metern wieder los wurden. Auf der Feldstraße fuhren unter der Güterstrecke durch und gelangten kurz nach 19 Uhr zum Gaswerk. Zu diesem Zeitpunkt bestand der Verband aus noch etwa vierzig Gefährten. Grundsätzlich kann man sich der Critical Mass immer anschließen oder sie verlassen, solange dadurch die Zahl der Teilnehmer*innen nicht unter sechszehn fällt.

Die Critical Mass war als Zubringer zum Modularfestival geplant. Allerdings wollten die Wenigsten von uns auf das Festival gehen. Auf Radfahren hatten wir mehr Lust. Also fuhr die Critical Mass nur kurzer Pause mit etwa dreißig Fahrrädern einfach weiter.

Die Fahrt war sehr ruhig. Lediglich ein paar Autofahrer*innen gaben uns mittels Hupen zu verstehen, dass sie die Vorfahrtsregeln und § 27 der Straßenverkehrsordnung nicht beherrschen.

Drama spielte sich aber außerhalb. Als wir gerade an der Haltestelle Heimgarten in der Ulmer Straße auf eine Ampel warteten, kamen mehrere Menschen aus einer Straßenbahn in Richtung Westen. Darunter war ein angetrunken wirkender Mann mit blutüberströmter Hand, der eine anderen Person nachging. Es kamen weitere Personen und eine Mitarbeiterin der swa hinzu. Eine Person war am Mobiltelefon. Irgendjemand bat irgendjemand anderen festzuhalten. Was da wirklich vorgefallen war, wissen wir nicht. Die Passanten und die Mitarbeiterin der swa schienen alles unter Kontrolle zu haben.

Mit immer noch über zwanzig Fahrrädern endete die Critical Mass gegen 19:45 wieder am Rathausplatz. Dort wurde sich noch lange über die neusten Entwicklungen der Verkehrspolitik, die neusten Fahrradhacks und den Verkehrswendeplan ausgetauscht, bevor die Menschen ihren weiteren Abend indiviuell gestaltet haben.

Mittwoch 24.05.2023 – Tag 1.058

Repression in Bayern – jetzt auch gegen die letzte Generation

Das politische Theater, das sich in Deutschland beobachten lässt, ist beschämend. Die Einflussnahme rechtskonservativer Medien auf die FDP zur Bildung einer Opposition in der Regierung war wohl erfolgreich. Der Tatsache zum Trotz, dass die FDP sich mit ihrem Handeln von all ihren politischen Inhalten und Versprechen entfernt, hält sie an ihrem Versprechen den rechts-konservativen Medien gegenüber offenbar fest. Denn sogar die Industrie fühlt sich durch das Verwässern zukunftsfähiger Leitlinien behindert.

Wenn wir in andere Nationen sehen, in denen politische Gegner willkürlich von der Polizei durchsucht werden, sprechen wir von Repression. Es wird eine Unsicherheit hergestellt, die politischen Akteure mittels Polizeigewalt im Schein und der subjektiven Wirkung der Betroffenen kriminalisiert. Logischerweise ist zu erwarten, dass sich bei unangebracht rigoroser Handhabung von Gruppierungen eine Reaktion erfolgt. Missmut der Polizei gegenüber und damit eine Minderung deren Autorität liegt auf der Hand. Es ist anzunehmen, dass diese Radikalisierung durch Polizeiaktionen zum politischen Kalkül rechts-konservativer Akteure in verschiedenen Staatsorganen gehört. Das betrifft nicht nur die heutige Razzia gegen die Letzte Generation sondern auch das jüngst für rechtswidrig erklärte Vorgehen der Polizei beim Offenen Anarchistischen Treffen. Mit ähnlichen Aktionen rund um Sprühkreide und Pimmelgate Süd lässt sich so eine Linie erkennen. Sollte rechtswidriges Handeln nicht auch Konsequenzen haben?

Natürlich ist in Bayern Wahlkampf und da ist es zur Mehrheitsbeschaffung dem Anschein nach günstig wie billig, sich mit Spaltung und Frontenbildung als starker Mann zur geben. Diese aufgeblasene, scheinbare Stärke, die keinen konstruktiven Beitrag zum Lösen der Probleme der Gegenwart leistet, ist seit Jahrzehnten enttarnt und überholt. Das Irreführen der Bevölkerung, das den Schein duldet, es gäbe eine alternative Realität ohne Klimawandel, ist moralisch zu tiefst verwerflich und nicht vereinbar mit westlichen Werten, auf denen unsere Demokratie basiert.

Neben der FDP ist auch an die CSU zu appellieren, Verantwortung zu übernehmen und mit guter politischer Kommunikation ihren Ansatz zur Krisenbewältigung an den Wähler zu bringen. In Anbetracht des politischen Kasperletheater auf Bundes- und Landesebene ist so ein Appell wohl aussichtslos. Der Bürger muss also selbst handeln.

Wir sind der Meinung, die Akzeptanz für mehr Klima- und Umweltschutz – letztendlich zu unserem eigenen Schutz, muss weit über die Gesellschaftsmitte ins konservative Lager getragen werden. Tatsächlich ist Bayern doch umweltverbunden, das Bewahren von Natur ist logisch betrachtet zutiefst konservativ. Wir sehnen uns nach dem Erhalt unserer Lebensgrundlage, ehe wir sie uns selbst nehmen.

Während man sich über Begriffe wie radikal in ihrer Bedeutung, das auch schlicht konsequent heißen kann, streiten kann, sind viele von uns der Meinung, dass Protest nicht nur der Aufmerksamkeit, sondern auch der Meinungsbildung gegenüber verpflichtet ist. Auch wenn das Bilden einer Meinungsfront nahe der Mitte der Gesellschaft nicht beabsichtigt ist, sondern vielmehr ein Aufrütteln, sollten wir als Aktivisten so handeln, dass wir Akteuren, die destruktive Narrative fördern, nicht helfen.

Gerade in sozialen Medien ist dies schwer, da verbogene Gegenüberstellungen zur Blasenbildung beitragen. Wir müssen darauf achten, dass wir nicht zur Vorlage werden für bezahlte Kampagnen von Ölkonzernen, die mit dem schalten von Werbung ihre weitere Existenz sichern. Wut, Angst und Hilflosigkeit sind die Zahnräder des Überwachungskapitalismus, der Trumps Präsidentschaft, den Brexit und die AfD ermöglicht hat. Dieser Überwachungskapitalismus und der damit verbundene Überkonsum gefährden sowohl unsere Demokratie wie auch unsere Umwelt und Lebensgrundlage. Daran sollten sich Parteien mit Regierungsverantwortung nicht orientieren.

Letztendlich müssen wir uns einig sein, konsequent handeln und nachhaltig kommunizieren, damit wir die Anstrengungen unternehmen können, die nötig sind.

+++ Heute Abend 18:00-19:00 Eilversammlung auf der Kreuzung am Staatstheater +++

Solidemonstration mit der Letzten Generation und den Klimaaktivisten, die heute früh von einer Razzia betroffen waren, darunter auch mindestens ein bekannter Aktivist aus Augsburg

Von der Demo

Eröffnet wurde die Demo mit einem Zitat aus der „linksradikalen“ Zeitung Handelsblatt, wonach Verkehrsminister Wissing Rechtsbruch begeht. (Siehe Handelsblatt: Gutachten: Minister Wissing verstößt gegen das Klimaschutzgesetz) Auch im weiteren Verlauf wurden Ausschnitte aus Artikeln verlesen.

Etwa hundert Menschen nahmen an der Demonstration teil. Angesichts der Umstände sind das erfreulich viele. Als einige von uns am Morgen mit der Arbeit oder an der Uni begannen, wussten sie noch nichts von den Hausdurchsuchungen und der Demo kurz nach Feierabend. Der Versuch der Kriminalisierung einer unbequemen aber verfassungsbejahenden politischen Bewegung sollte angesichts der Erfahrungen aus dem zwanzigsten Jahrhundert eigentlich weite Teile der Bevölkerung aufrütteln.

Die Demo startete nach einigen Reden vor dem Staatstheater durch die Grottenau und Karlstraße. Dabei bewegte sich die Demo im Schneckentempo. Das war ein Symbol für die viel zu lahme Klimapolitik.

Wir hatten eine schöne, versöhnliche Demo, doch das Verhältnis zur Polizei auf der Veranstaltung war gereizt. Das Polizeiaufgebot war massiv. Einige Polizist*innen wirkten in ihrer Rolle auch nicht glücklich. In der Karolinenstraße wurde die langsame Demo dann von der Polizei gestoppt. Kurz sah es danach aus, als könnte es zu Handgreiflichkeiten kommen. Hintergrund: Polizist*innen störten sich an einem Banner, auf dem die Ziffernfolge 1312 stand. (<Sarkasmus>Dazu muss man Wissen, dass die Ziffernfolge 1312 bei Polizist*innen Stimmungsschwankungen und Wutanfälle verursachen kann. Die psychologischen Hintergründe sind noch nicht endgültig erforscht, aber es hat wohl etwas mit dem Selbstbild einiger Polizist*innen zu tun.</Sarkasmus>) Per Megafon wurde die Polizei daran erinnert, dass die Demonstrant*innen hier ihr durch das Grundgesetz geschütztes Versammlungsrecht wahrnehmen und die Anwesenheit der Polizei nicht erbeten worden war. Falls sie sich am Erscheinungsbild von Plakaten störten, hätten sie auch einfach wegsehen oder weggehen können. Die Polizei filmte auch, was ihr aber nicht erlaubt ist, sofern es nicht um die Dokumentation von Straftaten geht. Straftaten wurden aber keine begangen. Privatpersonen dürfen Demonstrationen filmen, solange sie nicht einzelne Personen aus der Menge herausstellen. Schließlich wurde eine Einigung bezüglich des Banners gefunden. Das Banner wurde in eingerolltem Zustand mitgenommen. Bis dahin war es bereits das bekannteste Banner der Demo.

Die Demo ging dann weiter zum Moritzplatz und über den Königsplatz zurück zum Staatstheater, wo es weitere Reden gab. Gelebte Solidarität war das übergreifende Thema. Diesem folgend haben wir einen Bus, mehrere Straßenbahnen, ein Taxi und selbstverständlich auch einen Krankentransportwagen passieren lassen. Die Teilnehmer der Demo waren dabei flotter und flexibler als ein Polizeibus, der etwas Koordinationsprobleme hatte. Öffentlicher Nahverkehr wurde mit La-Ola-Wellen begleitet.

Es waren Angehörige verschiedener Klimagerechtigkeitsorganisationen (Klimacamp, FFF-Augsburg und Bits&Bäume usw.) bei der Demo. In erster Linie hat man sich mit der Letzten Generation solidarisiert, darauf hingewiesen, wie erschütternd so ein Ereignis sein kann und wie wichtig Beistand für Betroffene ist. Wir fordern Konsequenzen, wenn Regierungen Polizeigewalt zu Wahlkampfzwecken missbrauchen und Hausdurchsuchungen wie in Augsburg wiederholt widerrechtlich als Repressionsinstrument eingesetzt werden. Söder und Wissing sollen zurücktreten und damit den Weg ebnen für mehr Klimaschutz in Bayern und im Verkehrsministerium.

Auch das OAT (Offenes Antifaschistische Treffen), dessen Hausdurchsuchung jüngst für rechtswidrig erklärt wurde, war lautstark vertreten. „129? Kennen wir schon.“ und „Wir sind alle 129!“ waren Leitsprüche der Demonstration. 129 bezieht sich hierbei auf den entsprechenden Paragrafen „Bildung krimineller Vereinigungen“, der missbraucht wird, um kritische Stimmen durch Repressionsmaßnahmen zu verunsichern. Ein Antiterrorgesetz sollte offensichtlich nicht gegen friedliche, demokratische Proteste für mehr Klimaschutz und Jugendliche eingesetzt werden. Der Missmut der Demonstranten, ist entsprechend nachvollziehbar. Dennoch wurde entspannt miteinander geplaudert.

Auf der Demo erzählten Menschen aus einem akademischen Umfeld, dass sie noch vor fünf Jahren bei einer solchen Demo nicht mitgelaufen wären. Die Kriminalisierung von friedlichem Klimagerechtigkeitsaktivismus, darunter auch Fälle wie die Hausdurchsuchungen wegen Sprühkreide, Pimmelgate Süd, und die inzwischen durch das Landgericht für rechtswidrig erklärte Hausdurchsuchung beim Offenen Antifaschistischen Treffen, haben über die letzten Jahre bei ihnen zu einem Umdenken geführt. Die Polizei wird inzwischen mit anderen Augen gesehen. „Freund und Helfer“ wurde als Lüge erkannt. Die sogenannte Radikalisierung beziehungsweise der Verlust von Respekt vor der Polizei als Werkzeug der Politik ist überwiegend durch staatliche Repression angetrieben. In Augsburg macht das vor allem die sogenannte „Abteilung Staatsschutz“.
Traurig ist daran, dass wir uns der Entwicklung eines massiven Respektverlusts für Staatsbedienste und massiven Vertrauensverlusts in den Rechtsstaat nicht verschließen können, obwohl wir das Kalkül dahinter verstehen. Denn es ist von weiten Teilen der Politik beabsichtigt, Teile der Klimagerechtigkeitsbewegung zu radikalisieren. Damit bauen Politiker*innen von CSU, CDU, FDP und SPD in Nachahmung der AfD die Klimagerechtigskeitsbewegung als Feindbild auf. Das ist hilfreich, um vom eigenen Versagen in der Klimapolitik abzulenken. Die Vertreter*innen der Polizeigewerkschaften machen gerne mit, weil sie nach ihrem Versagen im Bereich der organisierten Kriminalität, Wirtschaftskriminalität und Korruption endlich mal einen Feind brauchen, bei dessen Bekämpfung sie sich als Helden stilisieren können. Aber staatliche Maßnahmen können bei Klimagerechtigkeitsaktivismus keinen abschreckenden Effekt haben. Denn Klimaschutz ist nicht optional. Es ist eine Notwendigkeit. Veränderung kommt, ob man will oder nicht. Die Frage ist, ob man mit konsequenten (=radikalen?) Klimagerechtigkeitsmaßnahmen versucht, die Veränderung milde und gerecht zu gestalten, oder die Veränderung als massive Klimakatastrophe mit unermesslichem menschlichem Leid und unvorstellbaren wirtschaftlichen Kosten aufgedrückt bekommt. Wenn mehr und mehr die Folgen der Klimakatastrophe auch in Deutschland sichtbar werden, wird auffallen, dass alle Aktionen der letzten Generation oder auch des Klimcamps eine geradezu harmlose und friedliche Form von Notwehr waren.

Es gab auch noch viele andere Gesprächsthemen. Manche Menschen trafen auf der Demo zum ersten Mal seit dem Globalstreik im März wieder aufeinander. Auf der Demo wurden Spruche wie „Was will ich? Was willst du? Hausdurchsuchung bei der CSU!“ gerufen. Auf Plakaten und Bannern standen Sprüche wie „KLIMAAKTIVISMUS IST NOTWEHR KEINE STRAFTAT“. Einige Demoteilnehmer*innen diskutierten auch, ob sich die Polizisten angesichts der vielen rechtswidrigen Polizeimaßnahmen – wie der rechtswidrigen Durchsuchung der Redaktionsräume der Augsburger Allgemeinen, den rechtswidrigen Hausdurchsuchungen bei den Vorständen von Zwiebelfreunde e.V. und der rechtswidrigen Hausdurchsuchung beim Offenen Antifaschistischen Treffen, um nur drei der bekanntesten Maßnahmen der letzten zehn Jahre in Augsburg zu nennen – eigentlich fragen, ob sie nicht in Wirklichkeit selbst Teil einer kriminellen Vereinigung sind.

Die Reden, sowohl am Anfang als auch während der Demo und am Schluss, erklärten erneut, was gerade auf dem Spiel steht. Eine Rede erinnerte daran, dass der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages bereits vor einigen Monaten festgestellt hat, dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing gegen das Klimaschutzgesetz verstößt. Wissing wurde deswegen noch nicht von der Polizei besucht. Weiter wurde gesagt, dass in einigen Jahrzehnten die Rolle von Polizei und Staat in der Klimakatastrophe kritisch aufgearbeitet werden wird. Den eigenen Kindern wird man mal erklären müssen, was man selbst in diesen wichtigen Jahren um 2023, als viel auf der Kippe stand aber auch noch viel zu Retten gewesen wäre, getan hat.
In einer anderen Rede wurde ein Artikel der Satirezeitschrift Postillion vorgelesen.
In einer an die anwesenden Polizist*innen gerichteten Rede, wurden die Polizisten gebeten, mal in sich zu gehen und über ihre eigene Rolle nachzudenken, das Gesetz nicht nur im Wort sondern auch dessen Geist zu beachten und nicht nur das Strafgesetz sondern auch das Grundgesetz zu beachten. Das Grundgesetz schützt politische Versammlungen. Weiter hat das Bundesverfassungsgericht in einem wegweisenden Beschluss 2021 festgestellt, dass das Grundgesetz den Staat zur Herstellung von Klimaneutralität verpflichtet und unzureichender Klimaschutz verfassungswidrig ist.

Nach der Demo ist vor der Blockade

Nach der Demonstration kam es Gerüchten zu Folge noch zu einer Solidaritätsaktion mit Aufstand der letzten Generation. Mehrere Personen mit Warnwesten sollen sich in Reihe auf eine unbedeutende Nebenstraße gesetzt haben. Autos seien einfach auf dem Bürgersteig an ihnen vorbei gefahren.

So ein symbolischer Akt der Solidarität kann in Bayern nicht ohne massives Polizeiaufgebot bleiben. Innerhalb von Minuten waren drei Polizeiautos zu der Stelle unterwegs. Allerdings scheinen die Aktivist*innen den Kleber vergessen zu haben. Denn als die Polizei eintraf, waren sie weg. Minutenlang fuhren die Polizeiautos durch die Fußgängerzone und patrollierten vor dem Klimacamp.

Vielleicht werden Blockaden ohne Kleber zum neuen Trend. Diese sind deutlich flexibler, schneller aufgebaut und schneller an einen anderen Ort verlegt. Es gibt ein weites Spektrum an Aktionsformen, welche schon lange diskutiert aber bisher nie angewandt wurden.

Die Menschen von Aufstand der letzten Generation stehen mit ihren Namen für ihren Aktivismus ein. Das ist sehr ehrenwert. Dadurch erfahren sie aber auch massive Repression. Diese Repression wird aber nicht dazu führen, dass sich weniger Menschen mit Klimagerechtigkeitsaktivismus befassen (oder auch nur weniger Straßen blockiert werden). Es wird allenfalls dazu führen, dass weniger Menschen es in einer Form tun, in der ihnen Kontakt mit der Polizei von vorn herein sicher ist. Denn Klimagerechtigkeitsaktivismus ist eine Form von Notwehr. Unterschiedliche Gruppen der Klimagerechtigkeitsbewegung (das Augsburger Klimacamp, Fridays for Future, Ende Gelände, Aufstand der letzten Generation, Extinction Rebellion und viele mehr) erlauben sich den Luxus, zu versuchen das ihrer Meinung nach mildeste Mittel der Notwehr zu finden, welches noch zum Erfolg führt. Dabei haben sie unterschiedliche Stile entwickelt und sind bei unterschiedlichen Aktionsformen gelandet. Gleich bleibt: Nimmt man uns/ihnen ein Mittel weg, dann ist das Nächste oft etwas weniger mild.

Wir beobachten diese Entwicklung mit Sorge, aber sie wird durch Repression und unzureichende Klimaschutzmaßnahmen der Politik erzwungen. Ähnliches hört man von Extremismusforschung, welche die Gefahr von Extremismus primär als mögliche Folge des überzogenen Vorgehens der Staatsgewalt sehen. (Siehe beispielsweise Spiegel.de: Extremismusforscher warnt bei »Letzter Generation« vor Radikalisierungen)

Für den Moment hoffen wir, dass sich die Generalstaatsanwaltschaft München und die Polizei (wie auch bei den rechtswidrigen Hausdurchsuchungen beim OAT) für ihre Kriminalisierungsversuche vor Gericht eine Abreibung holen und eine weitere Eskalation ausbleibt.

Klar ist, dass der Protest in irgendeiner Form weitergeht, solange bis die Klimaziele erfüllt werden.

Samstag 20.05.2023 – Tag 1.054

Einstiegstreffen Klimaaktivismus

  • Strategie
  • Aktionsformen
  • Austausch
  • Kletter- und Presse-Workshop

von Einzelpersonen von FFF und Klimacamp im Zuge der KHG-Gesprächsrunde

Freitag 19.05.2023 – Tag 1.053

15 Minuten Demo zur Verkehrswende in der Frauentorstrasse mit Verbreiterung der gefährlich schmalen Fußwege.

Zwei PolizeibeamtInnen im VW Bus kamen erst drei Minuten vor 17 Uhr, der Mensch von den Stadtwerken war um Viertel vor schon da und wurde echt nervös weil die Polizei nicht kam. Ihm war nicht klar dass wir nur eine Fahrspur sperren. Er hat dann nur eine oder zwei Straßenbahnen stadteinwärts über die Linie 4 umleiten lassen. Ihm war das Angebot, dass wir die Demo jeweils unterbrechen nicht bekannt. Angesichts der Kürze der Unterbrechung ist das glaube ich zu verschmerzen gewesen.

Es kamen wirklich einige Menschen dazu, die sonst nicht bei unseren Demos sind. Foodsharing, Fachforum Verkehr der Lokalen Agenda, Psychologists for Future und andere waren vertreten.

Nicht nur ich, auch andere haben deutlichen positiven Zuspruch von Anwohnern erhalten. Ein älterer Mann meinte, dass er 10 Jahre in dem Viertel wohnt und erst vor zwei Jahren gemerkt hat, dass dort Tempo 30 gilt. Weil die Tempo 30 Zone so groß ist dass die Schilder weit weg stehen.

Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen Fraktion, Dr. Anan, hat versucht mich tagsüber zu erreichen. Er hat auf die Demo Bezug genommen und wollte mit mir darüber sprechen. Ich werde mich am Montag bei ihm melden.

Zwei Menschen haben mir weitere Stellen genannt, die eine 15 Minuten Demo vertragen könnten.

Als Alternative zur Fußgängerinnenzone wurde einmal ein „verkehrsberuhigten Bereich“ und einmal Tempo 20 genannt. Die Karolinenstraße hat bereits Tempo 20, weil dort viele Reisebusse halten und viele Menschen ein- und aussteigen, dies könnte doch erweitert werden….

Die PolizeibeamtInnen haben keinen Kontakt mit mir aufgenommen, auch nicht mit anderen Demo teilnehmenden.

Als sie mit dem VW Bus ankamen, wussten sie nicht wo sie sich hinstellen sollen, sind dann hin und her gefahren und haben dann direkt die Straße blockiert als Absperrung.

Es gab keine weitere Kommunikation, ich habe mich am Ende über die Lautsprecheranlage für die Absicherung bedankt. Dann sind sie weggefahren.

Es war sehr schön unkompliziert und eine positive Stimmung und viele gute Gespräche.

Donnerstag 18.05.2023 – Tag 1.052

Klimacamp München

Seitdem die Klimacamps Nürnberg und Passau ihre Zelte und Baumhäuser geräumt haben, ist Augsburg etwas allein, was Klimacamps in bayerischen Innenstädten angeht. Im süddeutschen Raum haben wir noch das Klimacamp Freiburg. Vom 18. Mai bis zum 21. Mai hat sich nun ein Klimacamp in der Münchner Innenstadt dazu gesellen. München hatte bislang lediglich ein Klimacamp vor der Konzernzentrale von Siemens.

Weitere Informationen: https://klimacamp-muenchen.org/

Mittwoch 17.05.2023 – Tag 1.051

Der erste Stammtischen für die Regionalgruppe Augsburg-München von Bits und Bäume war sehr produktiv und hat uns spass gemacht! Am 07. Juni in der Ballonfabrik (Austraße 27, 86153 Augsburg) findet dann unser nächster Stammtisch statt. Beginn ist jeweils um 19:00 Uhr.

Bits und Bäume ist eine Bewegung, die sich für eine nachhaltige Digitalisierung einsetzt. Dabei geht es darum, die positiven Möglichkeiten der Digitalisierung für Umwelt und Gesellschaft zu nutzen und gleichzeitig negative Auswirkungen zu minimieren. Wir möchten uns vernetzen, uns über Themen rund um Nachhaltigkeit und Digitalisierung austauschen und gemeinsam aktiv werden. (Wir hatten einen Vortrag am Klimacamp)

Zusätzlich haben wir einen Matrix-Space (https://matrix.to/#/#bitsundbaeumeauxmuc:matrix.org) eingerichtet, in dem wir uns online über aktuelle Entwicklungen und Projekte austauschen. Wenn du daran interessiert bist, uns auch online zu folgen und dich an den Diskussionen zu beteiligen, komm vorbei.

Die Stammtische dienen als offener Aktiventreff für alle, die sich für die Themen von Bits und Bäume interessieren. Hier kannst du dich über aktuelle Entwicklungen austauschen und eigene Ideen für Aktionen einbringen. Jede:r ist herzlich willkommen, unabhängig von Vorkenntnissen oder Erfahrungen.

Es gibt keine Anmeldefrist und keine Verpflichtung, regelmäßig zu kommen. Du kannst jederzeit vorbeikommen und mitmachen. Wir freuen uns auf Dich!

Sonntag 14.05.2023 – Tag 1.048

‚A 8‘-Demo am Muttertag?

Wird es am Muttertag eine Fahrraddemonstration auf der A 8 geben? Zuletzt hatten wir versucht, für den 5. März 2023 eine Fahrraddemo über die A 8 zu organisieren. Das wäre die erste Fahrraddemo auf einer bayerischen Autobahn gewesen. Damals waren wir vor Augsburgs Verwaltungsgericht mit unserer Beschwerde gegen die Versammlungsauflage, welche die Route der Demonstration von der A 8 auf Nebenstraßen verlegte, gescheitert. Aktuell versuchen wir es wieder, denn die Mobilitätswende ist unter dem derzeitigen Bundesverkehrsminister nicht nur ins Stocken geraten, sondern macht geradezu eine Rolle rückwärts. Dieses Mal streben wir den 14. Mai (Muttertag) an. Was sind wichtige Unterschiede zu damals?

  • In der Zwischenzeit gab es zwei andere Fahrraddemos auf bayerischen Autobahnen. Am 26. März fand eine Fahrraddemo auf der A 9 statt. Am 23. April verliefen Zubringerdemos der Radsternfahrt über ein Teilstück der A 96 bei München.
  • Dieses Mal sind wir in die zweite Instanz gegangen. Wie auch im März hat das Verwaltungsgericht gegen unsere Klage gegen die Versammlungsauflagen entschieden. Doch dieses Mal sind wir vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht in Berufung gegangen.

Leider hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) unsere Beschwerde zurückgewiesen.

Erste Gedanken zum Urteil

Sperrdauer

In der Begründung ging der VGH einer Einschätzung der Polizei folgend davon aus, dass die Demo zur Befahrung eines 2,8 km langen Teilstücks der A 8 (Streckenangabe inklusive Auf- und Abfahrt) ganze 24 Minuten und 30 Sekunden brauchen würde. Angenommen der Demozug wäre 400 Meter lang, dann dürfte die Demonstration nicht schneller als 8 km/h fahren, um derart lange zu brauchen. Wir haben bei der Kidical Mass wieder gesehen, dass es gar nicht so leicht ist, mit einer Fahrraddemo eine derart langsame Geschwindigkeit zu halten.
Die Polizei hat hier folgenden Rechenfehler gemacht: Sie nahm die Daten einer Fahrraddemo auf der B 17. Bei einer Strecke von 1,5 km betrug die Zeit vom Befahren der Straße durch das Spitzenfahrzeug der Polizei bis zum Verlassen durch das Schlussfahrzeugs der Polizei 13 Minuten. Mit den Werten 1,5 km und 13 Minuten berechnete sie für den Demozug eine Fantasiegeschwindigkeit von 1,5 km / 13 Minuten = 6,9 km/h. Diese falsche Geschwindigkeit legte sie ihren Annahmen über die Dauer unserer geplanten Fahrraddemo auf der A 8 zu Grunde. Die tatsächliche Geschwindigkeit der Fahrraddemo auf der B 17 betrug jedoch (1,5 km + Abstand von Spitzenfahrzeug zu Schlussfahrzeug) / 13 Minuten. Angenommen der Demozug wäre damals 1.000 Meter lang gewesen, so wäre seine tatsächliche Geschwindigkeit über 11,5 km/h gewesen. Wie lang der Demozug damals wirklich war, wissen wir nicht, aber es ist offensichtlich, dass die Polizei hier einen falschen Rechenweg gewählt hat.

Weiter hielt auch der VGH die von der Gegenseite in den Raum gestellten Behauptungen einer viereinhalb stündigen Sperrdauer für absurd. Allerdings hielt er immer noch eine Sperrdauer von 2 Stunden bis zweieinhalb Stunden für wahrscheinlich. Das widerspricht allen Erfahrungswerten, die wir mit Sperrungen von Autobahnen haben. Wir gehen bei einer 15-minütigen Nutzung der Autobahn durch die Fahrraddemo von einer Sperrdauer von 45 Minuten bis maximal 75 Minuten aus.

Teilweise begründet wurde die hohe Sperrdauer von 2 Stunden mit einer angeblich notwendigen Fahrbahnreinigung, z.B. falls Demoteilnehmer*innen auf der Fahrbahn Glasscherben, Transparente oder Kleidung verlieren würden. Auch das ist für uns nicht nachvollziehbar. Glasflaschen sind bei Fahrraddemos meist sowieso nicht erlaubt. Es kam zwar schon vor, dass Fahnen oder Transparente verloren wurden, aber diese wurden in der Regel ohne Verzögerung von hinterfahrenderen Demoteilnehmer*innen aufgesammelt und am Ende der Demo fahrende Ordner*innen, können gezielt auf zurückgelassene Gegenstände achten. Daher war noch nie eine Fahrbahnreinigung im Nachgang an eine uns bekannte Fahrraddemo notwendig.

Bei der Fahrrademo auf der A 9 am 26. März 2023 betrug die Sperrzeit nur 1 h und 45 Minuten, obwohl die Fahrraddemo damals ganze 45 Minuten auf der Autobahn verweilte und die Autobahn bereits eine halbe Stunde vor Beginn der Demo autofrei war. Im April wurde die A 60 bei Rüsselsheim für nur 15 Minuten gesperrt, um vier Entenküken über die Autobahn zu helfen.

Auch ein Beispiel einer kürzeren Sperrung auf dem für unsere Fahrraddemo vorgesehenen Autobahnabschnitt akzeptierte das Gericht nicht. Am 16. März war die A 8 ad hoc zur Entschärfung einer Weltkriegsgranate gesperrt worden. Die Sperrung verlief problemlos und dauerte wenig mehr als 30 Minuten. Ein Artikel der Augsburger Allgemeinen beschreibt, wie eine Sperrung professionell und schnell durchgeführt werden kann, indem man große LED-Tafeln auf den Standstreifen errichtet und darauf mit Pfeilen die Verkehrsführung von drei auf eine Spur zusammenführt und schließlich über eine Ausfahrt ausleitet.

Gefahreneinschätzung

Das Gericht argumentierte, dass für unvorhergesehene ‚ad hoc‘-Sperrmaßnahmen, wie die Sperrung für besagte Entenfamilie, eine erhöhte Gefährdung der eingesetzten Polizeikräfte vorläge und man für nachrangige Rechtsgüter (wie eine Versammlung?), eine derartige Gefährdung nicht verlangen könne. Daher wären die Sperrungen zwecks Granatenentschärfung und Entenfamilie als Beispiele für unsere Beschwerde ungeeignet.

Auch glaubte der VGH einer Stellungnahme des Polizeipräsidiums Schwaben Nord, dass eine Vollsperrung der A 8 zu Augsburg-weiten Staubildungen führen und Rettungswege wie auch An- und Abfahrt zum Uniklinikum (mit Kinderklinik) behindern würde.

Grundsätzlich übernahm der VGH die behördlichen Gefahrenprognosen, die sehr blumig argumentierten, dass auf der Gegenfahrbahn eine Geschwindigkeitsbegrenzung nicht ausreichen würde, sondern auch die Gegenfahrbahn komplett gesperrt werden müsse, da sonst Unfälle geschehen und Trümmerteile in die Fahrraddemo fliegen könnten. Bei all den Gefahrenprognosen, welche die Behörden für unsere Fahrraddemo angaben, verwundert es doch sehr, dass die Autobahn nicht unverzöglich aufgrund ihres Gefahrenpotenzials für den Verkehr komplett gesperrt wird.

Fazit

All das postulierte Gefahrenpotenzial sowie die Schwere der angeblich notwendigen Sperrungen in beide Fahrtrichtungen überwogen in der Abwägung des VGHs die Versammlungsfreiheit.

Für uns stellte sich nun die Frage, ob wir direkt Verfassungsbeschwerde am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einlegen oder in einigen Monaten einen neuen Anlauf starten. Im zweiten Fall würden wir nächstes Mal genügend Vorlaufzeit für eine Klage durch alle drei Instanzen einplanen.

Spätere Gedanken zum Urteil: Gefahreneinschätzung

Wir hatten beim Schreiben unserer Beschwerde ebenso wie beim Lesen des Bescheids des VGH, der uns die Fahrraddemo auf A 8 untersagte, auch unerwartete Freude.

Was vielen der Freund*innen des ungezügelten Autoverkehrs, die nun in den Kommentarspalten jubeln, dass wir vor Gericht verloren haben, nicht bewusst ist, ist der Grund, weshalb wir verloren haben. Zum einen hat das Gericht wie oben beschrieben die Dauer die Sperrung zu hoch angesetzt, aber der wahrscheinlich wesentlichere Grund ist, dass das Gericht der Gefahreneinschätzung der Behörden gefolgt ist.

Stadt, Polizei, Feuerwehr usw. hatten Stellungnahmen abgegeben. Darin zeichnen die Behörden ein sehr düsteres Bild vom Autoverkehr und den Autofahrer*innen. Wenn wir solche Texte wie diese Stellungnahmen schreiben würden, würde man uns wahrscheinlich Angstmache vorwerfen.

Worin bestehen nun diese Gefahren? Niemand sollte ernsthaft davon ausgehen, dass die Fahrraddemo selbst Krankenwägen oder Feuerwehr blockieren würde. Krankenwägen kommen durch Fahrraddemos meist schneller durch als durch den üblichen Straßenverkehr. Es ist ein eindrucksvolles Schauspiel, wenn sich eine Fahrraddemo im Notfall auf einen kleinen Streifen am Straßenrand zusammenzieht und innerhalb von wenigen Sekunden auf mehreren hundert Metern die Straße frei gibt. Wir haben in Augsburg genügend erfahrene Demoteilnehmer*innen, die so etwas schon mitgemacht haben und bei einer Fahrraddemo als Ordner*innen fungieren würden.

Zwar wurden auch Gefahren durch Demoteilnehmer*innen benannt. Beispielsweise führte die Polizei aus, dass bei Zusammenstößen oder Ausweichaktionen von Demoteilnehmer*innen, Gegenstände, wie in den Händen gehaltende Handys, über die Mittelleitplanke (und mehr als vier Meter Grünstreifen?!?) in den Gegenverkehr gelangen könnten. Im Wesentlichen geht die von den Behörden angeführte Gefahr aber von den Autofahrer*innen aus.

Wir wussten ja schon vorher, dass Autoverkehr schlimm und gefährlich ist, aber, bevor wir die Stellungnahmen unserer Beschwerdegegnerinnen gelesen hatten, hatten wir keine Vorstellungen davon, wie gefährlich es ist. Darin hieß es, dass schaulustige Autofahrer*innen im Gegenverkehr Unfälle verursachen könnten, beispielsweise weil sie versuchen könnten unsere Fahrraddemo aus ihrem fahrenden Fahrzeug heraus zu Filmen. Von Autos im Gegenverkehr aufgewirbelte Gegenstände sowie im Fall eines Unfalls herumfliegende Trümmer könnten auf die Fahrraddemo niederregnen. Die Behörden trauten Autofahrer*innen nicht zu, Rettungsgassen zu bilden. Sie führten aus, dass Unaufmerksamkeit führe häufig dazu, dass Autofahrer*innen an Stauenden Auffahrunfälle veursachen. Auch unterstellen sie einigen Autofahrer*innen gefährdendes Verhalten, wie dass diese an Stauenden einfach wenden würden, was seinerseits Unfälle provozieren könnte. Die Polizei fürchtet gar um das Leben ihrer Beamt*innen, falls diese die Absperrung des Autobahnabschnitts übernehmen müssten. Daher gab die Polizei an, dass eine mögliche Absperrung durch die private Autobahn GmbH durchgeführt werden solle.

Die Behörden zeichneten ein geradezu infantiles Bild vieler Autofahrer*innen, die nicht der Verwantwortung gerecht werden würden, welche das Führen eines tonnenschweren Fahrzeugs mit sich bringt, und bereits mit alltäglichen Verkehrssituationen überfordert zu sein scheinen.

Das führte zu der absurden Situation, dass wir Autofahrer*innen in Schutz nahmen. Wir argumentierten in unserer Beschwerde, dass auf die Demo wartetende Autofahrer*innen sehr wohl in der Lage wären Rettungsgassen zu bilden. Wir gaben an, dass für den Gegenverkehr eine Geschwindigkeitsbegrenzung ausreichend und eine komplette Sperrung daher nicht notwendig wäre.

Der wesentliche Grund, weshalb wir die Beschwerde verloren haben, ist, dass das Gericht den Gefahreneinschätzungen der Behörden und deren negativen Darstellungen von Autofahrer*innen gefolgt ist.

Obwohl diese behördlichen Stellungnahmen gegen uns eingesetzt wurden und letztendlich dazu geführt haben, dass wir mit unserer Beschwerde vor dem VGH gescheitert sind, können wir uns nicht ganz des Eindrucks erwehren, dass uns mit diesen Stellungnahmen ein Geschenk gemacht wurde und wir nur noch nicht verstanden haben, wie wir dieses Geschenk sinnvoll einsetzen können.

Allerdings teilen wir nicht die Schlussfolgerung, welche der VGH aus den Stellungnahmen zog. Die Stellungnahmen sind voller Beschreibungen, welche die Wichtigkeit einer Mobilitätswende auch unabhängig von ihrem Klimagerechtigskeitsaspekt unterstreichen. Denn die Stellungnahmen der Gegenseite unterstreichen die Notwendigkeit und Dringlichkeit der von uns geforderten Reformen, beispielsweise die Notwendigkeit einer Reduzierung der auf dem Autobahnabschnitt erlaubten Höchstgeschwindigkeit.

Die Mobilitätswende steht im Kern unserer Forderungen. Sie beinhaltet den Ausbau von öffentlichen Verkehrsmitteln und eine Förderung von Carsharing. Ein Nebeneffekt der Mobilitätswende wäre, dass der Bedarf an Autos und somit auch die Gesamtzahl der Autos zurückgehen würde. Für die verbleibenenden Autofahrer*innen würde sich die Situation einzig dadurch, dass weniger Auto gefahren werden würde, ganz automatisch entspannen – ganz ohne Ausbaumaßnahmen.

Im Fall einer gelungenen Mobilitätswende ist jeder Euro für den Ausbau von Autobahnen ein verschwendeter Euro. Mit jeder Ausbaumaßnahme für Autobahnen zeigt die Bundesregierung erneut, dass nicht einmal sie selbst an den Erfolg ihrer eigenen Mobiliätswendebestrebungen glaubt. Schlimmer noch als Verschwendung von Steuergeld ist, dass die Bundesregierung durch den Ausbau von Autobahnen Anreize für klimaschädliches Mobilitätsverhalten schafft.

Unsere Fahrraddemo auf der A 8 für eine Mobilitätswende, gegen die fehlgeleitete Politik des Bundesverkehrsministeriums und für geringere Treibhausgasemissionen und mehr Sicherheit im Straßenverkehr durch Geschwindigkeitsbegrenzungen wurde uns untersagt, weil die aktuelle Verkehrssituation inakzeptabel gefährlich ist. Es ist fast so als würde man eine Demonstration verbieten, weil sich die Demonstranten einer Gegendemo daneben benehmen. Letztendlich werden wir wohl früher oder später vor das Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe ziehen müssen, um dem faktischen Verbot von Fahrraddemonstrationen auf Autobahnen wie den Augsburger Abschnitten der A 8 entgegen zu treten.

Wegen Urteil an Autobahn

Dieses Wochenende waren wir trotz oder tatsächlich vielmehr sogar gerade wegen des Urteils an der A 8. Es war auch gutes Wetter zum Radfahren. 🙂 An verschiedenen Stellen und zu verschiedenen Uhrzeiten haben wir die Fahrzeuge auf der Autobahn gezählt. Zum einen wollen wir uns in Zukunft nicht auf die Angaben der Gegenseite verlassen. Wir haben die Vermutung, dass diese bei der Schätzung der von einer Fahrraddemo betroffenen Fahrzeuge ihre Zahlen eher großzügig gewählt hat. Weiter wollen wir geeignete Uhrzeiten ausfindig machen, um die Anzahl betroffener Fahrzeuge bei den kommenden Planungen für Fahrraddemos auf der A 8 gering zu halten.

Freitag 12.05.2023 – Tag 1.046

Klimacamp Grevenbroich (NRW): Campen gegen Haft und Kohlekraft

Falls ihr demnächst in Nordrhein-Westfalen unterwegs seid, so ist vielleicht das Klimacamp in Grevenbroich etwas für euch.

Ort: Grevenbroich (Nordrhein-Westfalen)
Zeitraum: vom 12.05.2023 bis zum 16.05.2023
Webseite: https://antirrr.nirgendwo.info/block-neurath/camp/

Donnerstag 11.05.2023 – Tag 1.045

Kurzdemo aus der Reihe „15 Minuten für die Verkehrswende“

Für 15 Minuten wird die Karlstraße in beide Richtungen einspurig.

Ort: Karlstraße
Zeit: 18:45

Bericht: Die Karlstraße hat die Einspurigkeit gut verkraftet. Der Verkehr staute sich nicht mehr als an einer roten Ampel üblich. Es kam lediglich zu kurzen Verzögerungen für die Autofahrer*innen. Die Demo am Westende der Karlstraße an der Einmündung vom Kesselmarkt verlief ohne Probleme. Die Absicherung durch Polizei und Unfallhilfswagen der swa war ausreichend. Gegen 19 Uhr wurde die Demonstration wieder abgebaut. Wenige Minuten später konnte sich die Autofahrer*innen wieder ungestört gegenseitig anhupen. Es ging wohl um die Vorfahrt am Ostende der Karlstraße an der Einmündung in die Karolinenstraße.

Dienstag 09.05.2023 – Tag 1.043

Kurzdemo aus der Reihe „15 Minuten für die Verkehrswende“

Ort: Gögginger Straße nahe Polizeipräsidium
Zeit: 8:35

Unsere 15 Minuten Demo vor dem Polizeipräsidium war etwas mehr im Brennpunkt des Augsburger Verkehrs. Das war zum einen daran zu erkennen, dass wir vor Beginn von einer Passantin angesprochen wurden, dass der Verkehr beim Umleiten ausserhalb der Umweltzone ja an zwei Schulen vorbeikäme und sie das nicht unterstütze. Den Autoverkehr will letztlich keiner haben, der Dialog mit Hinblick auf eine Reduktion und Verlagerung zu Rad und ÖPNV gestaltete sich aber schwierig. Während die Demonstration reibungslos verlief, gab es just nachdem wir die Straße wieder freigegeben hatten erhitzte Gemüter, da ein SUV beim Linksabbiegen beinahe einen Radler umgefahren hätte und die Polizei untätig daneben stand. „Nichts gesehen“ der Radler, der klar Vorfahrt hatte hätte auch einen „kleinen Fehler“ begangen. Die Polizei ist hier auf dem Auge der motorisierten Verkehrsgefährder blind. Eine Dialog dazu, dass die Polizei nunmal keiner Zukunft verpflichtet ist wird abgebrochen. Glücklicherweise gibt es Ausnahmen von der hier beobachteten Regel. Police for Future?

Sonntag 07.05.2023 – Tag 1.041

Kidical Mass, die bunte Fahrrad-Demo für jung und alt

Start: vor der City-Galerie
Zeit: 14:30 Uhr
Warum? Weil auch Kinder gerne Radfahren!
Webseite: https://augsburg.adfc.de/artikel/kidicalmass
Ende: nach etwa 5 km bei gemütlicher Geschwindigkeit im Wittelsbacher Park

Bericht:

In Arbeit: Demnächst sollen noch Bilder folgen.

Es war eine sehr tolle Demo bei bestem Wetter. Die Geschwindigkeit war so, dass ein erwachsener Mensch noch zügig nebenher gehen hätte können. Angepeilt waren 8 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit.

Es nahmen mehrere Gefährte mit vier und mindestens ein Gefährt mit fünf Personen teil, in diesen überwiegend kleine Kinder. Daran sieht man wieder, dass auch Fahrräder und fahrradähnliche Gefährte das Potenzial zu familienfreundlicher Mobilität für Familien mit kleinen Kindern hätten, wenn denn nur der öffentliche Verkehrsraum sicher genug wäre. Eine Zählung kurz nach Beginn ergab 354 Personen. Eine zweite Zählung in der Eserwallstraße kam auf etwa 330 Fahrräder, Lastenräder und andere fahrradähnliche Gefährte. Sogar eher mehr, da viele sehr kleine Kinderfahrräder versteckt zwischen den Teilnehmer*innen radelten und Kleinkinder auf den Gefährten ihrer Eltern mitfuhren. Kleine Kinder mit ihren Familien prägten dabei das Bild der Veranstaltung.

Es gab auch wieder unschöne Situationen mit Autofahrer*innen, zum Besipiel als die Demo gerade aus Richtung Theater in Richtung Bahnhof durch die Frölichstraße fuhr. In der Fröhlichstraße waren einige Fahrzeuge von Süden in den Bereich der Demo gelangt und versuchten sich durch die Demo in die Sieglindenstraße zu drängeln. Diesen stellten sich sofort einige erfahrene Fahrraddemoteilnehmer*innen in den Weg. Dann gab es eine größere Lücke in der Demo. Lücken entstehen, weil nicht alle Teilnehmer*innen exakt die gleiche Geschwindigkeit fahren. Manche kleine Kinder hatten Probleme mit Steigungen und bremsten die Personen hinter sich aus. Wieder andere waren motiviert und wären gerne viel schneller gefahren. Auch nachdem die Demo gerade eine Engstelle passiert hat und auf eine sehr breite Straße wechselt, entstehen Lücken. Außerdem entstehen Lücken, wenn andere Verkehrsteilnehmer*innen versuchen sich durch die Demonstration zu drängeln. Lücken werden dann gefährlich, wenn Seitenstraßen nicht ausreichend abgesichert sind und Autofahrer*innen schamlos versuchen die Lücken auszunutzen, um sich durch die Demonstration zu drängeln. Dies geschah auch mit dieser Lücke. Etwa ein halbes dutzend Autofahrer*innen bogen aus der Sieglindenstraße in Gegenrichtung der Demo in die Frölichstraße ein, nur um dann festzustellen, dass sie aufgrund des weiteren Teils der entgegenkommenden Demonstration nicht mehr vor oder zurück können. Ordner*innen, erfahrene Demoteilnehmer*innen und ein Fahrradpolizist eilten zur Kreuzung um weitere Einbrüche in die Demo zu unterbinden. Sehr unschön wurde es dann, als ein Krankenwagen in Fahrtrichtung der Demo vorbei musste. Während die Fahrradfahrer*innen einfach zur Seite ausweichen, stellte das halbe dutzend nun im Bereich der Einmündung der Sieglindenstraße in die Frölichstraße herumstehenden Autos ein echtes Hindernis da und führten zu einer merklichen Verzögerung des Rettungswageneinsatzs.

Eine weitere Situation ereignete sich vor dem Bahnhof. Ein Ordner der Demo hatte sich vor die Ausfahrt vom Bahnhof in die Viktoriastraße gestellt. Das diente zur Absicherung der Demo, auch um ähnliche Einbrüche von Kraftfahrzeugen wie in der Fröhlichstraße zu vermeiden. Ein herausfahrender Autofahrer hubte den Ordner an, bedrängte ihn mit seinem Fahrzeug und eine weiter Person aus dem Fahrzeug bedrohte den Ordner. Eine Polizistin war schnell vor Ort. Eine Person aus dem Fahrzeug erwartet eine Anzeige wegen Gewaltandrohung.

Abgesehen von diesen Vorkommnissen, welche die Ordner*innen auf Trab hielten, war es für die meisten Demoteilnehmer*innen eine schöne und entspannende Demonstration. Diese endetete schließlich in einer Art Fest mit Seifenblasen, Frisbee und verschiedenen Ballspielen im Wittelsbacher Park. Dies dauerte etwa eine gute Stunde an.

Freitag 05.05.2023 – Tag 1.039

Kurzdemo aus der Reihe „15 Minuten für die Verkehrswende“

Wir waren um 15:30 an Schießstättenstrasse im Thelottviertel an der Einmündung Rosenaustrasse um eine Viertelstunde für eine Fahrradstraße jetzt in der Schießstättenstrasse zu demonstrieren. Es handelte sich nämlich um den Jahrestag des Beschluss, besagte Fahrradstraße zu bauen. Wir finden, die Verfahren rund um Fahrradstraßen sollten mit Hinblick auf die Verkehrswende mit „Deutschlandtempo“ ins „Doing“ gebracht werden, statt uns von ihr wissingt schon welchem Verkehr überrollen zu lassen und dem Klimawandel unters Rad zu kommen. Unsere Demonstration ist außerordentlich geglückt. Bei schönem Wetter haben sich viele Demonstranten eingefunden und die Laune war außerordentlich gut. Ich freue mich auf viele weitere 15-Minuten-Demos!!

Rückblick auf den April

Für den April hatten wir uns das Ziel gesteckt, jeden Tag eine Aktion durchzuführen. Wahrscheinlich werden wir es nicht schaffen, jede einzelne Aktion mit einem eigenen Tagebucheintrag zu würdigen.

1. April: Offenes Aktionsplenum (14 Uhr)
2. April: Adbusting Skillshare und Fuggerkorrektur
3. April: Teeplausch mit Keksen und Waffeln
4. April: Gemeinsames Bannermalen
5. April: Demonstration: 15 Minuten für die Verkehrswende
6. April: „A8 – Highway to Climate Hell“
7. April: Kletterworkshop
8. April: Top Secret
9. April: Vortrag über digitale Kommunikation
10. April: Aktionsplenum (15 Uhr) und Campflimmern (19:30)
11. April: Aktion zu Abstandshaltern
12. April: Videoabend zur Straßenverkehrsordnung
13. April: ???
14. April: Social Media Workshop
15. April: Einpflanzen des Christbaums
16. April: Urban Sketching am Camp
17. April: ???
18. April: Gehzeugaktion
19. April: ???
20. April: ???
21. April: 15 Minuten für Verkehrswende
22. April: Straßenfest am Roten Tor

Klimafestival: Wochenende 28. April bis 30. April

Wir sind dieses Jahr nicht mit von der Partie, aber das muss Euch nicht abhalten, dass Klimafestival des Staatstheaters to genießen.

Link: https://staatstheater-augsburg.de/klimafestival

Eventuell werden wir am Sonntag am Marktplatz der Möglichkeiten vertreten sein.

Freitag 28.04.2023 – Tag 1.032

Camp Banner Malen

Ab 12 Uhr am Klimacamp! Mehr Farbe für das Camp (:

15 Minuten für die Verkehrswende

Kurz-Kundgebung: Verkehrswende hier und jetzt

Treffpunkt: Ecke B300 „Bürgermeister-Ackermann-Str“ auf B17 Richtung Landsberg um 12:20 Uhr
Demo: 12:30 bis 12:45

Critical Mass

Wie an (fast) jedem letzten Freitag im Monat, soll auch an diesem Tag in Augsburg eine Critical Mass stattfinden. Sechzehn oder mehr (oder hoffentlich viel viel mehr) Fahrradfahrer*innen bilden dabei einen geschlossenen Verband und fahren gemeinsam durch Augsburg.

Startpunkt: Rathausplatz (vor dem Klimacamp)
Zeit: 18 Uhr
Webseite: https://criticalmass-augsburg.de/termine

Nachtrag Leider fiel die Critical Mass dieses Mal ins Wasser. Trotz starkem Regens sammelten sich dreizehn Personen mit zwölf Rädern am Rathausplatz, also etwas weniger als die benötigten sechzehn Räder. Allerdings gab es nette Gespräche, während man auf mögliche weitere Teilnehmer*innen wartete. Auch darüber hinaus, als die ersten Personen bereits wieder gegangen waren, weil abzusehen war, dass es diesen Monat mit der CM nicht wird, blieben einige Gesprächsgruppen noch bis etwa 18:55 am Rathausplatz.

Mittwoch 26.04.2023 – Tag 1.030

Radeln zur Uni

Treffpunkt Königsplatz Zeit: 7:45

Gerichtsverfahren wegen zu engem Überholen

Ein Radfahrer war vor einiger Zeit mit eingeschalteter Kamera am Lenkrad durch Augsburg geradelt. Wie die Augsburger Radfahrer*innen wissen, ist die Fahrt durch Augsburg ein Abenteuer, bei dem man auf den Radwegen Falschparker*innen ausweichen muss, von Autofahrer*innen angehubt wird, wenn man die eigene Vorfahrt wahrnimmt, und auch immer wieder von Autos mit (zu) hohen Geschwindigkeiten zu dicht überholt wird. Die Kamera fing einige dieser gefährlichen Überholmanöver ein und die fünf schwerwiegensten Fälle brachte der Radfahrer zur Anzeige. Einer der Fünf legte Einspruch gegen seinen Bußgeldbescheid ein und so kam es an diesem Tag zu einem Gerichtsverfahren. Klimacamper*innen nahmen als Prozessbeobachter*innen teil. Letztendlich wurde der Autofahrer trotz abenteuerlicher Versuche seines Anwalts, die Qualität der Videoaufnahmen in Zweifel zu ziehen, verurteilt.

Falschparker anzeigen

Treffpunkt Am Klimacamp
Zeit: 15:00

  • Wir schwärmen zusammen aus um Bilder von Falschparkern zu sammeln
  • Um 16:30 Gemeinsames Melden beim Ordnungsamt inklusive Skill-Share

Montag 24.04.2023 – Tag 1.028

Diaabend: Fotos aus 20 Jahren Bikepacking

Unser Radtour Diaabend am Klimacamp hat mit entschleunigtem und erdverbundenem Reisen ein kleines aber aufgewecktes Publikum begeistern können.

Eine Skizze eines auf dem Kopfstehenden Fahrrads, das zugleich ein Projektor ist und ein Fahrrad mit Gepäck auf eine Leinwand projeziert

Sonntag 23.04.2023 – Tag 1.027

Radsternfahrt nach München

Bericht: In Arbeit. Wir schreiben noch und sichten Bilder.

Organisiert vom ADFC und gewidmet dem Radentscheid Bayern gibt es an diesem Tag eine Sternfahrt nach München. Aus verschiedenen bayerischen Städten fahren Raddemonstrationen auf eigens dafür abgesperrten Straßen nach München. Dort trifft man sich für eine gemeinsame Kundgebung. Auch in Augsburg beginnt eine ca. 76 Kilometer lange Zubringerdemo nach München. Andere Zubringerdemos – leider nicht wir aus Augsburg – fahren ein Teilstück auf dem Mittleren Ring und der Bundesautobahn A 96.

Links:

Bericht – Von Beginn an Mitgefahren

Am Sonntag um 7 klingelt der Wecker? Es regnet und es geht auf eine 76 km lange Tour mit dem Rad – wem würde das ein Lächeln ins Gesicht zaubern? Tatsächlich bin ich dankbar für die Motivation – die inspirierende und ungemein gut gelaunten Weggefährten und die rundum gute Sache der Radelsternfahrt nach München. Mit 67 weiteren bin ich von Augsburg aus aufgebrochen um unterwegs weitere Mitstreiter aufzusammeln und mit anderen Strängen der Sternfahrt zusammen zu fließen. Der Regen hat auch bald aufgehört. Der Verkehrsfluss war dank Polizeieskorte und dem Einsatz unzähliger Helfer von Feuerwehr und THW lange ununterbrochen. Die gute Laune war ansteckend! Ein Mädchen tanzte quasi auf dem Sattel zur Musik, die von Boxen auf Fahrradanhängern und Gepäckträgern schallte. Es ergaben sich auch Gespräche über das Radreisen und die Welt. Trotz der recht umfangreichen Etappe lies sich die Demo Dank des gemütlichen und kontinuierlichen Tempos gut untrainert oder von Jung und Alt bewältigen. Neben dem sozialen Aspekt kommt an dieser Stelle also auch ein gesundheitlicher hinzu – das lässt sich durchaus als Sport verbuchen.

Unsere Route zog sich über kleine Hügel und durch beschauliche Dörfer. Die frühlingsgrüne Landschaft war wirklich schön! In München hat sich dann doch gezeigt, was für Herausforderungen mit so einem Unterfangen verbunden sind – und der Demonstrationszug kam immer mal wieder ins stocken, bis etwa eine Kreuzung gesichert war. Nachem ich München meistens mit dem Zug und zu Fuß besuche und selten auch radle, hat sich mir auf den breiten Straßen eine neue Perspektive auf die Stadt eröffnet – auch wenn ich meine alte auch weiterhin bevorzuge. Andere Zubringerdemos fuhren ein Teilstück auf dem Mittleren Ring und der Bundesautobahn A96, das war spektakulär! Inzwischen waren wir auch zu einer Flut aus Radlern angeschwollen, die sich schließlich am Münchner Königsplatz zu 18.000 versammelt haben.

Vielen Dank für die großartige Organisation des ADFC. Das sollte nachdrücklich aufzeigen wie wichtig der Radentscheid Bayern ist und die Landesregierung ermutigen, im Sinne einer fahrradfreundlichen Mobilitätswende zu handeln.

Bericht – Später zugestiegen

Die Routen führten entlang mehrer Bahnhöfe. Das erlaubte es Spätaufsteher*innen auch nachträglich zu einer der Zubringerdemos dazu zu stoßen. Der Preis des späten Aufstehens war, dass man sich für eine Teilnahme an der Radsternfahrt im Nahverkehr natürlich wieder Go-Ahead auslieferte. Die Verspätung hielt sich in Grenzen (6 Minuten), aber auf den Toiletten gab es kein Wasser. Dafür machte das Klo bereits beim Eintreten seltsame Geräusche. Möglicherweise hatten Klospülungen in Endlosschleife das Wasser des Waggons verbraucht.

Etwa dreißig oder vierzig Radler*innen warteten in Pasing. Die Demo kam gegen 13:55, wobei es nicht nur einfach eine Demo war. Es war ein endlos erscheinender Strom von Fahrradfahrer*innen, der am Pasinger Bahnhof vorbei geradelt kam. Es gab Rufe, Applaus und Geklingel zur gegenseitigen Begrüßung. Und hörte ich da meinen Namen aus der Menge? Unter den Vorbeiradelnden waren zahlreiche Augsburger*innen. Nicht alle Freunde und Bekannte erkenne ich, denn zu schnell rauschen die Gesichter vorbei. Mit 68 Personen war man in Augsburg gestartet. In Mering waren es bereits 86 Radler*innen. Vor Pasing wurden etwa 400 gezählt. Irgendwann ebenfalls vor Pasing vereinigt sich die Raddemo mit einer weiteren aus Petershausen. Nach Pasing gibt es einen letzten Versuch der Zählung. Da sollen wir bereits 600 gewesen sein. Wie viele Menschen wirklich teilgenommen haben, wird sich nicht sagen lassen. Es gab keine Pflicht bis München mitgefahren. Man konnte sich unterwegs der Demo anschließen und sie wieder verlassen, wie man wollte. Bestimmt machten einige Menschen von dieser Möglichkeit Gebrauch.

Als ich das Ende der Demo in der Ferne erkennen konnte, ordnete ich mich selbst in den Zug ein. Eine Fahrraddemo ist in dem Sinn wie eine Flüssigkeit, als dass es darin unterschiedliche Strömungen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten gibt. So durchmischt man sich. Es dauerte etwa zehn Minuten, bis sich plötzlich ein alter Bekannter in meiner Nähe befand. Den Rest der Fahrt unterhielten wir uns.

Gegen 14:15 geschah etwas Komisches. Die Demonstration wurde auf einen Fahrradweg neben der Straße geleitet. Der Grund dafür erschloss sich mir nicht sofort. Die Einfädelung von einer zweispurigen Straße auf einen normalen Radweg bereitete ein paar Schwierigkeiten. Auf dem Radweg wartet man für einige Minuten. Der Sinn des Unterfangens wurde klar, als uns eine andere Zubringerdemo auf der Straße passierte. Diese war von der Autobahn A 96 gekommen und wurde nun mit unserer Zubringerdemo vereinigt. Mir ist keine präzise Schätzung bekannt, wie viele Radler*innen wir ab diesem Zeitpunkt waren. Mindestens vierstellig müssen wir gewesen sein. Das war aber noch nicht alles. Die Gesamtzahl der Menschen, die sich an diesem Tag an der Radsternfahrt, zu der auch noch weitere Zubringerdemos gehörten, beteiligten, wird auf 18.000 geschätzt.

Leider konnten dieses Mal nicht alle Zubringerdemos über eine Autobahn fahren. Vielleicht klappt das beim nächsten Mal. Bayern ist gerade erst dabei, sich an Fahrraddemos auf Autobahnen zu gewöhnen. In Augsburg durften wir das bislang noch nicht tun.

Gegen 15 Uhr erreichten wir den Münchner Königsplatz, wo eine Bühne für Rede- und Videobeiträge aufgebaut war. Andere Zubringerdemos schienen schon vor uns eingetroffen zu sein. Ich versuchte den Medienteams auszuweichen, die Teilnehmer*innen für Interviews suchten. Menschen saßen und standen in ungezählten Grüppchen auf der Wiese. In einer Recke des Platzes gab es Informationsstände einiger politischer Parteien wie Volt, Die Grünen, Die Linke, die ÖDP und die SPD. Die CSU, die FDP, die Freien Wähler und die AfD fehlten natürlich. Inhaltlich hätten sie zum Thema der Demonstration(en) sowieso nichts beizutragen gehabt.

Nach und nach traf ich immer mehr Menschen aus Augsburg. Mit Einigen von ihnen trat ich nach einem gemeinsamen Essen die Heimfahrt nach Augsburg an. Andere beschlossen, dass man doch zumindest bis Mammendorf wieder zurück radeln könnte und taten das schließlich auch.

Am Ende der Veranstaltung kam es am Münchner Königsplatz noch zu einem Feuerwehreinsatz mit Leiternwagen. Eine Taube hatte sich in einem Taubennetz an der staatlichen Antikensammlung verfangen und wurde von der Feuerwehr gerettet.

Rückblick und Ausblick:

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Augsburg bei einer Sternfahrt nach München beteiligt. Sternfahrten haben in Augsburg eine längere Tradition als das Klimacamp. Seit es uns gibt, beteiligen wir uns gerne an ihnen. Doch Sternfahrten müssen nicht regional sein. Am 15. August 2022 startete die Südtour von Ohne Kerosin nach Berlin am Augsburger Klimacamp. Im kommenden Herbst wird voraussichtlich eine Route von Ohne Kerosin nach Bayern auf dem Weg von Frankfurt nach München Zwischenstopp in Augsburg machen. Details dazu wollen wir zu gegebener Zeit auch in unserem Programm ankündigen.

Samstag 22.04.2023 – Tag 1.026

Dieser Tag wird ein Verkehrswendeaktionstag. Details zu den einzelnen Veranstaltungen werden zu gegebener Zeit hier und/oder auf https://www.verkehrswende-augsburg.de/termine/ bekannt gegeben werden.

Straßenfest am Roten Tor

In Arbeit: Demnächst sollen noch Bilder folgen.

Das Straßenfest am Roten Tor war ein voller Erfolg. Von 14:30 bis 18:00 war die Straße von Autos befreit. Ein Streifen war markiert worden, um Fahrradfahrer*innen die Durchfahrt durch das Fest zu ermöglichen. Auch Busse und Straßenbahnen konnten die Haltestelle Rotes Tor während der gesamten Veranstaltung anfahren.
Was nun tun mit der Straße? Mehr als 200 Personen hatten zahlreiche Ideen und lebten diese aus. Es wurde jongliert und es wurden verschiedene Ballspiele gespielt und bunte Bilder mit Kreide auf die Straße gemalt. An mehreren Ständen präsentierten sich verschiedene Initiativen, wie beispielsweise Greenpeace. Als Sitzmöglichkeiten gab es Bierbänke und ein Sofa oder was auch immer selbst mitgebracht wurde. Viele Menschen hatten Decken ausgelegt, wie bei einem Picknick. Tagebuchschreiberlinge des Klimacamps konnten sich in Ruhe setzen, den Laptop ausklappen und endlich den Tagebucheintrag zum 26. März 2023, dem Verkehrswendeaktionstag in München mit der vermutlich ersten Fahrraddemo auf einer Autobahn in Bayern, fertig schreiben. 🙌
Es gab Musik, zeitweise sogar durch eine Liveband. Informationstafeln informierten über die Verkehrsproblematik und an einem ausgehängten Stadtplan Augsburgs konnte man Problemstellen einzeichnen. Auch für Essen war gesorgt. Das Kochkollektiv Knoblauchfahne hatte wieder einmal die Initiative ergriffen und sich um die Verpflegung der Menschen gekümmert – wie immer auf Spendenbasis. Der einzige Kritikpunkt war fehlender Schatten. Es fehlen dort noch Bäume. Während Fahrradwege relativ einfach im Schatten von Bäumen liegen können, ist dies für mehrspurige Straßen schwierig und die Menschen in den Fahrzeugen auf diesen Asphaltflächen sind an warmen Tagen auf Klimaanlagen angewiesen. Gut, dass wir eine Mobilitätswende mit einer Umverteilung des öffentlichen Raums in der Stadt fordern. Andere Städte und andere Länder zeigen schon seit Jahren, wie es gehen kann. Durch eine Verlagerung des Verkehrs von Autos auf andere Verkehrsmittel würden viele Flächen frei werden, auch für Grünanlagen.

Vier Fotos zum Straßenfest am Roten Tor: von der Bühne, von Menschen vor einem Pavilion auf der Straße, eine Sicht auf das bute Treiben, mit Bäumen und Straßenbahn im Hintergrund und ein Blick in das Pavilion mit Infomaterial, Bodenbanner und Straßenbahn links im Bild

Zwei Fotos von voll beladenen Lastenrädern, Links mit dem bunten Treiben des Straßenfests im Hintergrund

Im Anschluss erfolgte der Abtransport. Auch zwei große Lastenräder kamen zum Einsatz. Schlechte Radinfrastruktur und die weite Verbreitung von Kopfsteinpflaster machten das zu einem Abenteuer. Für Mobilitätswendeaktivist*innen wie uns gibt es in Augsburg noch viel zu tun.

Leider gab es auch wieder etwas Polizeischikane. Zwar mag das Straßenfest den Eindruck eines Picknicks erweckt haben, aber es war eine angemeldete Versammlung. Daher kann die Polizei Messer, Gabeln, Taschenmesser und Multitools als Verstoß gegen das Versammlungsgesetz betrachten. Das tat sie in mindestens einem Fall auch.

Klimacamper*innen sichern Loch an Treppe

Am Montag zuvor hatten wir zwei Polizisten auf die gefährliche Stolperstelle an Treppe im hinteren Bereich des Fischmarkts aufmerksam gemacht und am Donnerstag darauf hatten wir noch einmal separat das Tiefbauamt informiert. Leider reagiert die Polizei auf derartige Gefahren nicht so schnell, wie auf die Anwesenheit von Taschenmessern auf Versammlungen. Nachdem am Samstag eine Frau an dieser Stelle fast gestürzt wäre, beschlossen einige Klimacamper*innen nicht länger zu warten und dichteten die gefährlichsten Löcher mit Erde ab. Das ist natürlich nur eine Notlösung, aber eine notwendige Notlösung. Schlaglöcher und/oder lose Pflastersteine sind leider auf Fuß- und Radwegen im ganzen Stadtgebiet anzutreffen und stellen eine Gefahr für Fußgänger*innen und Radler*innen dar. Die Nähe zu der steilen Treppe macht diese Stelle besonders gefährlich. Die Notlösung hielt nur einige Tage. Inzwischen haben sich neue Löcher gebildet.

Freitag 21.04.2023 – Tag 1.025

Treffpunkt um 12:20 an der Ulmer Straße - Ecke Sallingerstr. 15 Minuten Verkehrswende demo mit Kurz-Kundgebung Verkehrswende Hier und Jetzt

Dienstag 18.04.2023 – Tag 1.022

Gehzeug und Raum im Urbanen

In modernen Stadtkonzepten wird darauf hingewiesen, wieviel Platz auf alten Stadtfotos zu sehen ist, während die allergleichen Plätze heute so wenig Raum bieten. Weil Autos den Raum belegen. Wir haben das im Rahmen einer Demonstation an den Parkplätzen neben dem Wittelsbacher Park geändert. Der Aufforderung, den Platz für die Demonstration frei zu geben, sind wohl die Wenigsten nachgekommen und so mussten viele Autos dann abgeschleppt werden. Ein absurdes Schauspiel, das zeigt wie sehr das Auto denkt in der Stadt verankert zu sein – aber auch wie es sich dabei täuscht.

Einschub aus Augsburgs Stadtrat: Zuhörer*innen der Sitzung des Bauausschusses vom 23. März 2023 wissen wie problematisch die Parkplätze sind. In der Sitzung führte Baureferent Gerd Merkle unter anderem aus, dass der Druck der dort abgestellten Autos den Boden verdichtet und so die Wurzeln der Bäume im angrenzenden Park schädigt. Darüber hinaus graben die Autos die Parkplätze über die Zeit immer tiefer in den Park hinein. Ebenso wurde erläutert, dass die Fahrradwegsituation vor Ort problematisch und für Lastenfahrräder ungeeignet ist. Die Entfernung der Parkplätze könnte Platz für eine Verbesserung der Radwegesituation schaffen. Eine solche Lösung wollte die Verwaltung untersuchen. Auch das Problem der Dauerparker*innen, welche die eigentlich vorgesehene Nutzung der Parkplätze durch Besucher*innen des Kongresses am Park verhindern, wurde im Stadtrat angesprochen.
Leider waren einige Stadträt*innen weniger ambitioniert als die Verwaltung. So überlegte man, ob Dauerparker*innen mit einer zeitlichen Befristung der Parkdauer auf 5 Stunden loszuwerden wären. Die Verwaltung soll nun einen Plan ausarbeiten, bei dem sich die Fahrradwegsituation irgendwie verbessert, ohne das dafür zwingend die Parkplätze wegfallen sollen.
Leider veröffentlichen wir derzeit keine Protokolle der Sitzungen des Stadtrates und seiner Ausschüsse.

Den Freiraum haben wir dann benutzt, um sechs Gehzeuge zu bauen. Das sind Holzgestelle, die so groß sind wie ein Auto sind und an Gurten getragen werden können. Unsere Werke mussten dann ans Klimacamp gebracht werden. Nach §25 Abs. 2 der StVO müssen Gegenstände, die zu groß sind, um sie auf dem Gehweg zu tragen ohne andere zu behindern, auf der Straße getragen werden. Auf diesem Weg hat sich das erste Gehzeug auf den Weg gemacht, was reibungslos verlief. Besorgte Polizisten haben den weiteren Verlauf unseres Unterfangens mit Gewaltandrohung unterbunden. Dabei ist es bedauerlich, dass unsere Beamten Defizite beim betrachten von Kausalität zeigen und Weitsicht vermissen lassen. Während klar ist, dass die tödliche Gefahr von Automobilen ausgeht und nicht von Fußgängern, werden wir vom Aufzeigen von rechlichen verankerten Alternativen abgebracht – unter dem Vorwand unseres eigenen Schutzes. Wir hatten Vertrauen in die Augsburger Autofahrer und hätten uns mit Beleuchtung auf die Straße begeben. Die tatsächliche Bedrohung kam durch die Staatsgewalt, die drohte uns gewaltsam fest zu halten und zur Not auch unsere Gegenstände zu zerstören. Letztlich haben wir die Gehzeuge dann auf einem Lastenrad auf einer eigenwilligen Route zum Rathausplatz gefahren. Es ist auch sprechend, dass die Polizei uns nötigte, verkehrt herum durch eine nur für ÖVPN gedachte Einbahnstraße zu fahren, nur um unser Anliegen schnell von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Fotos von der Gehzeug Demo, Räumung des Parkplatz bis zum Transport zu Fuss und per Lastenrad

Montag 17.04.2023 – Tag 1.021

Örtchen mit Pferdefuss

Das Klimacamp ist öffentlicher Raum. Das bringt uns die Möglichkeit mit einer Vielzahl unterschiedlichster Menschen in den Dialog zu treten. Wir sind aber auch exponiert, dem städtischen Dschungel ausgesetzt. Kürzlich ist uns etwa aufgefallen, dass der Regen den Boden an der Treppe hinter dem Perlachturm ausgewaschen hat. Ob wir bisher jemanden von der Stadt erreichen konnten, weiss ich nicht. (20.04.2023: Ja, haben wir.) Es handelt sich dabei um ein verwinkeltes Eck, das schwer einsehbar ist – unfreiwillig stilles Örtchen, an dem sich so mancher erleichtert, nachdem er seinen bayerischen Durst gestillt hat. Anwohner sehen das freilich nicht gern und bringen das Kamp leider damit in Verbindung, obwohl wir Absprachen mit der Gastronomie um uns herum haben um dort das Klo benutzen zu können. Denn auch wir wollen unseren Ort bewohnbar halten. Jedenfalls war die Polizei da und wollte uns in die Pflicht nehmen, bebieselte Dinge aus dem besagten Eck zu entfernen. Konkret ging es um eine Klobrille mit der Aufschrift „Grüne Brecht die CSU“ und ekelhaftem Geruch inklusive. In der Ecke hinter der Kirche „St. Peter am Perlach“ liegt eine Klobrille. Auf der Innenseite des aufgeklappten Deckels steht: „_Grüne_ Brecht die CSU“ Wir haben uns geweigert, die Verantwortung für die Klobrille zu übernehmen. Nach einer Frage zur Einschätzung des Zustands des Bodens, haben die Polizei und wir uns darauf geeinigt, dass die Zuständigkeit bei der Stadt liegen muss… für beide Örtlichkeiten. Die Polizei war eben die Stufen der Treppe hinab, da kam ein Betrunkener wie aus dem Nichts und machte sich ab in die Ecke. Eine Warnung unsererseits hat er abgewunken. Wir haben die Treppe hinuntergerufen, dass da jetzt ein Verantworlicher zu finden wäre. Die Polizei hat den Fall dann geregelt.

Nachtrag

Am 20. April haben wir die gefährliche Stelle an der Treppe dem wahrscheinlich zuständigen Tiefbauamt gemeldet. Dort hat man nicht den Eindruck gemacht, als sei man von der Polizei bereits über die Gefahrenstelle informiert worden. Wenn ein Gericht für ein Bodenbanner, welches für eine Weile an einer Stelle liegt, wo sich außer einem Mitarbeiter des Ordnungsamtes niemand daran stört, bereits 40 Tagessätze an Strafe für gerechtfertigt hält, welche enorme Strafe wird das Gericht dann dem Tiefbauamt für jeden Tag, an dem diese ernsthafte Gefahrenstelle nicht behoben wird, aufbrummen?

Nahe der obersten Stufe der Treppe vom Fischmarkt zur Straße „Am Hinteren Perlachberg“ tun sich einige Löcher auf. Pflastersteine sind zehn bis zwanzig Zentimeter tief eingesackt.

Mehr zum Bodenbanner, wenn wir hoffentlich demnächst den Tagebucheintrag zum 6. März 2023 fertig gestellt haben.

Sonntag 16.04.2023 – Tag 1.020

Urban Sketching am Klimacamp

Trotz Regen haben sich Zeichner am Camp getroffen. Die Tropfen haben Muster in die Aquarellfarben gewaschen. Zwischendrinnen spannende Gespräche über Gesellschaftsbetrachtungen Kunst und Kultur. Wir haben etwas durchgeschnauft und dazu haben sich auch Leute gesellt die sonst weniger Zeichnen wuerden. Fahrräder oder dann doch die blauen Berge vor dem geistigen Auge. Neben all den Strukturen - Übernachtungsboxen - Fahnen - Banner - gab es auch den Stand mit geretteten Lebensmitteln zu zeichnen. Skizzen vom Klimacamp, ein Lastenrad und die Frontansicht Skizzen vom Klimacamp, schwarz/weiss Skizzen unterschiedlicher Ansichten des Klimacamps

Samstag 15.04.2023 – Tag 1.019

🌲 Wir pflanzen an diesem Samstag den Christbaum des Klimacamp im Wald ein!

Treffpunkt um 11:30 am Klimacamp

Gemeinsame Fahrt nach Pittrichingen. Musik und Picknick inklusive.

In der Weihnachtszeit wurde uns nach einer Pressemitteilung ein Christbaum im Topf geschenkt. Heute pflanzten wir den Christbaum im Wald ein und schenkten ihm eine neue, schöne Heimat in der Natur. Entgegen der vielen Leute, die sich jedes Jahr einen „Wegwerf“-Christbaum kaufen, haben wir dieses Jahr den bewussten Weg gewählt, um Alternativen zum allweihnachtlichen Konsum aufzuzeigen. Wir wollten dem Baum ein langes Leben statt einen Platz in der Mülltonne schenken. 🌲

Freitag 14.04.2023 – Tag 1.018

Social Media Workshop

Unser social Media Workshop war vielseitig. Einerseits wurden verschiedene Gestaltungsoptionen und ihr Potential vorgestellt andererseits ging es um Inklusion mittes Alternativtexten und verschiedene Plattormen.

Werzeuge wie Inkscape - Schriftarten und Austauschmoeglichkeiten wurden diskutiert.

Der Umgang auf Social Media Plattformen war ein Thema sowie die Gefahr von Algorithmen mit Intension, die Wut und Konfrontation fördern. Dabei kamen Alternativen zu den etablierten Plattformen wie Mastodon oder dieses Tagebuch zur Sprache.

Wir haben darüber nachgedacht, uns mit anderen Communities mittels gemeinsamen Posts in Verbindung zu setzen. Auch Wissen mittels Posts zu vermitteln haben wir erwogen.

Mittwoch 12.04.2023 – Tag 1.016

Videoabend zum Vortrag STVO Hacken.
Liebes Klimacamp-Tagebuch,
heute haben wir uns einen Vortrag über die Straßenverkehrsordnung gegönnt. Eigentlich dürfen Radfahrende viel mehr als ich gedacht hätte. Den nächsten SUV werde ich hinter mir tuckern lassen! Leider hat es geregnet. Aber wir haben im Pavilion gemütlich, im kleinen Kreis, über den Vortrag diskutiert und Ideen ausgetauscht. Tee und gerettete Bananen gab‘s auch. Naja, das war‘s auch schon. Tschööö

Dienstag 11.04.2023 – Tag 1.015

Du bist mit ABSTAND das Beste.

Aktion rund um Abstandshalter für Fahrräder.

Montag 10.04.2023 – Tag 1.014

Campflimmern

Unser erstes Campflimmern wurde leider für geraume Zeit von alkoholisierten Passanten unterbrochen. Da ein sinnvolles Gespräch nicht mehr möglich war, musste letztendlich die Polizei eingreifen. Obwohl des öfteren freundlicher Umgang von Seiten der Passsanten betont wurde, sind Fakten als Konzept abgelehnt und unsere Veranstaltung so gestört worden, dass – trotz des Versuchs – ein gemütliches Filmgucken unmöglich war. Nach der Schlichtung hat es etwas gedauert bis wir uns wieder auf die Dokumentation über Plastik und die Folgen für Mensch und Umwelt konzentrieren konnten. Desinformation durch die Industrie und Intransparenz in der Fertigung waren die dominanten Themen. Unser Publikum war etwa 10 Personen stark, letztenendes haben unsere Technik und wir bis zum Abspann durchgehalten.

Eine Skizze eines Projektors, der gleichzeitig ein auf dem Kopf stehendes Fahrrad ist. Campflimmern, Montag 10.4. ab ca. 19:30

Ort: Am Klimacamp
Zeit: 19:30

Sonntag 09.04.2023 – Tag 1.013

Vortrag über digitale Kommunikation

Ort: Am Klimacamp
Zeit: 15:00

Am Ostersonntag gab es bei uns am Klimacamp einen Vortrag in dem die Bewegung Bits und Bäume anhand dem Thema nachhaltige digitale Kommunikation vorgestellt wurde.

Die Folien zum Vortrag findet ihr hier: Slides

Das Publikum war bunt, vom Lehrling bis zum Renter. Es hatten sich Passanten, netzpolitisch interessierte Lokalpolitiker, aber auch langjährige Aktivisten zusammengefunden. Der Vortrag hat unter dem Motto Systemchange not Climatechange, ausgehend von geplanter Obsolenz, die Rolle digitaler Kommunikation im Schatten des Überwachungskapitalismus dargelegt. Dabei ging es auch darum wie Desinformation – auch die der Industrie fossiler Energietraeger – sich auf unseren Diskurs auswirkt.

Im Weiteren wurden mit Element.io, Mastodon und dem Fairphone technische Lösungsansätze vorgestellt. Aber auch Anregungen zur nachhaltigen Gestaltung von Diskursen nach dem Prinzip der ‚Common Ground‘-Debatten fanden Erwähnung.

Im Anschluss gab es eine lebendige Debatte zu lokaler Netzpolitik, die in weitere Bestrebungen zu Bits und Bäume im Süden mündeten. Bleibt also gespannt! Schaut auch auf element.io bzw. Matrix gern vorbei in https://matrix.to/#/#allgemein:bits-und-baeume.org und folgt Bits und Bäume auch auf Mastodon: @bits_und_baeume@mastodon.bits-und-baeume.org

Freitag 07.04.2023 – Tag 1.011

Am 7.4. um 15 Uhr Kletterworkshop. Ort auf Nachfrage.

Mittwoch 05.04.2023 – Tag 1.009

Unsere 15 Minuten Verkehrswendedemo hat uns früh aus den Federn und mitten in den Berufsverkehr getrieben. An der Ecke Kobelweg/Ulmerstraße haben wir mit Bannern Car is over und Mobilitätswende für mehr Fahrradverkehr und besseren ÖPNV demonstriert.

Ein Retro Sharepic zum AktionsApril - 15 Minuten Vehrkerswende-Demo Die Aktion war explizit gut mit dem Alltag von Bürgern vereinbar. Solltest Du interesse haben auch eine 15 Minuten Demo zu organisieren melde dich gerne. Auch das Anmelden dauert nicht länger als 15 Minuten! Geringer Materialaufwand, garantiert kein Sekundenkleber benötigt.

Dienstag 04.04.2023 – Tag 1.008

Beim Bannermalen am Camp haben wir uns mit dem Klimacamp Freiburg ausgetauscht. Herzliche Grüße an dieser Stelle.

Montag 03.04.2023 – Tag 1.007

Teeplausch am Klimcamp

Ort: Am Klimacamp
Zeit: 19:30

Bericht: Unser Teeplausch war ein entspanntes Zusammenkommen mit 15 bis 20 Leuten. Obwohl es etwas eisig war, war die Stimmung ausgelassen, wir sind noch bis in die Nacht zusammengesessen - bis die letzte vegane, selbstgebackene Waffel gegessen war und der letzte Tee getrunken. Wir haben über Aktionen geplaudert und manche haben in die Tasten geklopft, bis sie fast festgefrohren waren. Kommt gern auch das nächste mal zum Tee vorbei, auch wenn ihr schüchtern seid, oder nur hungrig.

Samstag 01.04.2023 – Tag 1.005

Die A8 gehört laut dem Beschluss der Bundesregierung zu den 144 Autobahnprojekten, die priorisiert ausgebaut werden sollen. Wir hätten uns mehr entschiedene Klarheit gewünscht, insbesondere wie die im IPCC-Bericht dargelegten Maßnahmen konkret von der Politik in Angriff genommen werden. Da Autobahnausbau aber die einzig verlässliche Ansage ist, mit der wir nach der 30-stündigen Tagung zum Koalitionsausschuss arbeiten können, wollen wir mit dem selben „Deutschlandtempo“ jetzt mit einer Fahrraddemo auf die A8. Dazu haben wir am Freitag einen Eilantrag gestellt um am Sonntag demonstrieren zu dürfen. Wie in Deutschland üblich, sind wir von zaudernden Behörden ausgebremst worden – und vom Rücksichtslosen Verhalten der deutschen Autofahrer*innen, dazu gleich mehr.

Während wir uns zu Aktionen für den Aktionsapril den Kopf zerbrachen, uns kreative Gedanken zuspielten und mit interessierten Bürger*innen Wege zur bunten und rücksichtsvollen Demonstration erarbeiteten, hat die Polizei uns einen in der Sache vernichtenden Minimalvorschlag für eine Fahrraddemo in der Innenstadt vorgeschlagen – und um ein klärendes Gespräch gebeten, über das es im Weiteren gehen soll. Eigentlich war es unsere Intension gegen die unangemessene Einschränkung unserer Demonstration am Verwaltungsgericht vorzugehen – das ist jedoch am Wochenende nur über die Polizeipräsidium Schwaben Nord – Einsatzzentrale, zu erreichen. Eine Tatsache, die wohl auch im Polizeipräsidium zur Weiterbildung bezüglich der Struktur öffentlicher Organe in Augsburg beitrug. Zusammenfassend lässt sich beobachten, dass die Polizei sich beim Entschärfen der Zeitbombe Klimawandel nicht annähernd so verpflichtet fühlt wie beim Entschärfen von Weltkriegsgranaten. Am 16.3. konnte die A8 nämlich erfolgreich gesperrt werden siehe BR. Mit Blick auf Verantwortung für die Zukunft, werden dann höflich und mit kommunikativem Geschick faule Kompromisse vorgeschlagen, statt die Ärmel hoch zu krempeln. Für die Sicherheit der Demonstranten könnte nicht garantiert werden, der Aufwand der Sperrung wäre hoch. Insbesondere, da eine Geschwindigkeitsbegrenzung der Gegenspur aufgrund des zu erwartenden Fehlverhaltens deutscher Autofahrer, nicht ausreichen würde. Da unterscheide sich das Autobahnteilstück zwischen Augsburg-Ost und Friedberg von der A9 in München-Schwabing, wo am 26.3 eine Demonstration kurzfristig genehmigt wurde. Ganz im Geiste der FDP appellieren wir also an die individuelle Verantwortung der Autofahrer, rasen ist tödlich – letztlich auch für die indivduelle Freiheit. Denn wenn man sich nicht auf Kooperation verlassen werden kann, müssen striktere Maßnahmen – in diesem Fall eine Vollsperrung mit mehr Stau, ergriffen werden. Mit einem Höchsttempo von 120 und umweltverträglicher motorisierten Fahrzeugen, könnte man an dieser Stelle auch einen nachhaltigeren Verkehrsfluss aufrecht erhalten. Manche wissing das nicht. Unser Klärungsgespräch, musste so scheitern. Wir haben Einblicke erhalten in eine beeindruckende Architektur – die Glaspyramide am Polizeipräsidium Augsburg steht vielleicht auch für die Sehnsucht nach vergangenen Wüsten. Technisch ging es antik weiter in der Kommunikation mit dem Verwaltungsgericht, wo wir unser fäxisch auffrischen konnten. Letztlich bleibt zu hoffen, dass wir trotz der gut kommunizierten Zauderlichkeit bald mit frischen Polizisten über die A8 radeln dürfen um auch die nach Vorn gewandten Herausforderungen so angemessen bewältigen zu können, wie die der Vergangenheit.

Freitag 31.03.2023 – Tag 1.004

Wie an (fast) jedem letzten Freitag im Monat, soll auch an diesem Tag in Augsburg eine Critical Mass stattfinden. Sechzehn oder mehr (oder viel viel mehr) Fahrradfahrer*innen bilden dabei einen geschlossenen Verband und fahren gemeinsam durch Augsburg.

Startpunkt: Rathausplatz (gegenüber vom Klimacamp)
Zeit: 18 Uhr
Webseite: https://criticalmass-augsburg.de/termine

Nachtrag: Auf der Fahrt zum Startpunkt gerieten Einige in den Regen. Für den Beginn der Critical Mass wartete man unter einem Vordach des Perlachturms bis 18:30. Dann ging es los. Auf der Critical Mass selbst waren nur einzelne Tropfen zu spüren. Nach einem Schlenker über den Obstmarkt ging es im Uhrzeigersinn um die Innenstadt, die Karlstraße entlang, den Leonhardsberg hinunter bis zum Jakobertor, dann die Jakoberwallstraße entlang nach der City Galerie in Richtung Süden und schließlich den Straßenbahnlinien folgend zum Roten Tor. Während der Fahrt kam zwischen den Wolken und dem Horizont die Sonne zum Vorschein und hüllte den Verband in ein bezauberndes Licht. Wieder mal überholte uns unterwegs ein Auto auf einer Linksabbiegerspur. Dann auf der Haunstetterstraße vom Roten Tor zur Haltestelle Schertlinstraße überholten uns zwei Autos trotz durchgezogener Mittellinie auf der Gegenspur. Richtig aggressiv war das Vorgehen in der Schertlinstraße, wo wir von gleich fünf Autos überholt wurden. Diese riskanten und verbotenen Überholmanöver brachten den Autofahrer*innen nicht viel, allenfalls ein oder zwei Minuten. Weiter ging es über Gögginger Straße und Bergstraße in die Gabelsberger Straße. Gestartet war die Critical Mass mit 18 bis 20 Personen, doch unterwegs hatten sich einzelne Personen abgesetzt. Deshalb beschloss man in Richtung Innenstadt zurück zu fahren. Beim Überfahren des Bahnübergangs in der Gabelsberger Straße stürzte dann ein Fahrradfahrer, als sich sein Vorderreifen in den Schienen verfing. Der Radfahrer blieb unverletzt, aber von da an ging es über Pferseer Tunnel geradewegs zum Königsplatz. Unterwegs löste sich der Verband dann auf.

Dieser Abend hatte das Potenzial zu einer sehr schönen Critical Mass, die leider durch einen Mangel an Teilnehmer*innen und einem Sturz recht kurz ausfiel.

Donnerstag 30.03.2023 – Tag 1.003

Nachtrag vom 2. April

Es war ein lustiger Moment am letzten Donnerstag (30. März 2023) im Stadtrat. Wir hatten überlegt, das sofort ins Tagebuch zu schreiben, haben uns dann aber dagegen entschieden, da wir dieser Partei und ihrem Unsinn keine Bühne geben wollen. Erst nachdem am 2. April die Augsburg Allgemeine darüber berichtete, kamen wir zum dem Schluss, dass wir mit unserer begrenzten Reichweite da nicht mehr allzu viel Schaden an, wenn wir auch davon berichten.

Es war kurz vor Ende des etwa dreistündigen öffentlichen Teils der Stadtratsitzung. Da meldete sich der Stadtrat Markus Striedl zu Wort. Langatmig erzählte er, was er aus den Medien erfahren hatte, nämlich, dass es in Königsbrunn einen Angriff auf das Rathaus gegeben haben soll. Zwar habe Königsbrunn nur ein einfaches Büro als Rathaus, aber im Augsburger Rathaus mit seinen schönen Böden und der vielen Kunst könne feuchte Erde so richtig hohen Schaden anrichten. Daher forderte er ein vorsorgliches Hausverbot für das Augsburger Rathaus für all die Klimacamper, die bei der Aktion in Königsbrunn dabei gewesen seien.

Oberbürgermeisterin Eva Weber regierte souverän. Sie entgegnete, dass sie das nicht tun werde. Das Hausrecht liege bei ihr. Sie sagte, dass sie nicht in allem mit dem Klimacamp einer Meinung sei, aber dass sie mit dem Klimacamp im Dialog stehe und sie ein Hausverbot, wenn noch gar nichts passiert ist, in einer Demokratie für falsch halte. Es freute uns zu hören, dass Eva Weber nicht alle demokratiefeindlichen Neigungen ihrer eigenen Partei CSU teilt, die auf Landesebene mit dem Unterbindungsgewahrsam ein Instrument geschaffen hat, welches es erlaubt unliebsame Personen für Monate wegzusperren, ohne dass vorher dafür etwas passiert sein muss.

Markus Striedl versuchte dann kindisch die Aussage von Eva Weber als Erlaubnis zu interpretieren, dass er seinen Hausmüll in das Klimacamp kippen dürfe, wenn er mit einer Aktion des Klimacamps nicht einverstanden sei. (In der gleichen Stadtratssitzung war es kurz zuvor um den Streik bei der Müllabfuhr gegangen.)

Eva Weber entgegnete, dass das seine Sache sei, da er ja ein erwachsener Mensch sei. Diese Aussage rief Heiterkeit im Raum hervor. Sie selbst würde so etwas aber als Gewalt ansehen und ablehnen.

Damit endete die Diskussion im Stadtrat. Wirklich interessant waren an diesem Tag aber andere Themen, nämlich die Diskussionen um den ÖPNV sowie die Diskussion um eine illegal vorgenommene Baumfällung am Senkelbach.

Mittwoch 29.03.2023 – Die tausendunderste Nacht! – Tag 1.002

Die Nacht von Dienstag auf Mittwoch war die tausendunderste Nacht des Augsburger Klimacamps. Wann immer wie nun eine Geschichte aus der Anfangszeit des Klimacamps vor dem 29.03.2023 erzählen, können wir sie nun eine Geschichte aus tausendundeiner Nacht nennen. :-D

Dienstag 28.03.2023 – Tag 1.001

Klimagerechtigskeitsdemonstration

Gemütlicher Demozug zum Dom :)
Start: am Rathausplatz gegenüber vom Klimacamp
Startzeit: 17:00

1.000 Tage

Heute um 19 Uhr besteht das Augsburger Klimacamp seit 24.000 Stunden (1.000 Tagen)!

Permakulturgarten in Königsbrunn

Das Klimacamp Augsburg hatte den Permakulturgarten am Europaplatz in Königsbrunn unter seinen Schutz gestellt. Da die Politik – dieses Mal personifiziert durch Bürgermeister Feigl – mal wieder Garantien an Bürger*innen auf vielerlei Weise gebrochen hat, kamen wir zu spät. Obwohl erst am Mittwoch die Räumung anstehen sollte und bis dahin Pflanzen aus dem Permakulturgarten noch ein neues Zuhause hätten finden können, wurde es bereits am Dienstag zerstört. Die Aussagen des Herrn Feigls erwecken den Eindruck, dass fruchtbare Erde, die auf das Frühlingserwachen wartet, für ihn wenig ansehnlich ist und er einen versiegelten Parkplatz vorzieht. Die Logik, dass ein unbegrüntes, in naher Zukunft zur überhitzten Betonwüste verkommenes Königsbrunn nicht nur unattraktiv für Gewerbe, sondern auch tödlich für seine Bewohner sein wird, scheint dem amtierenden Bürgermeister fremd zu sein. Insgesamt spiegelt das feige und zukunftsfeindliche Agieren rund um den Permakulturgarten in Königsbrunn das allgegenwärtige Agieren der Politik auf allen Ebenen wieder, auch hier wurden vernichtende Tatsachen geschaffen, wie etwa beim Lohwald bei Meitingen, im Eichenwald an der Universität Ulm, dem Auwald bei Bobingen und vielen anderen Orten.

Montag 27.03.2023 – Tag 1.000

Aufführung des Films „Von Menschen, die auf Bäume steigen“

Anmeldung via: klimacamp@systemli.org

Anlässlich des tausensten Tages des Klimacamps wird in Augsburg der Film „Von Menschen, die auf Bäume steigen“ aufgeführt. Auch die Filmemacher*innen werden für ein Gespräch vor Ort sein und – sofern es ihre Aktivistischen Verpflichtungen erlauben – vielleicht auch die Protagonist*innen des Films. Aufgrund des Bahnstreiks werden die Filmemacher*innen wahrscheinlich leider nicht vor Ort sein. Möglicherweise gelingt es uns sie Remote für Gespräche mit den Teilnehmer*innen ins Kino zuzuschalten.

Über 18 Monate begleitete ein professionelles Filmteam die Ravensburger Klimagerechtigkeitsbewegung. „Informativ, empathisch und erkenntnisreich zeigt der Film die Geschichte der Klimaaktivisten. […] Eine Atmosphäre von Mitgehen, Sympathie, Nachdenklichkeit und viel aktivem Erleben nebst vermittelter Erkenntnis füllt den Raum“, hieß es in einem Zeitungsartikel in der Schwäbischen Zeitung. Aufgrund der engen Verknüpfung der Augsburger mit der Ravensburger Bewegung sind auch Augsburger Aktivist*innen in dem Film zu sehen.

Bei den ersten vier Vorführungen im Umland von Ravensburg war der jeweilige Saal ausverkauft. Da wir Interessenten nicht abweisen wollen, wird um Anmeldung/Kartenreservierung gebeten.
Digitale Platzreservierung ist bis 18 Uhr möglich. Danach kann man vor Ort versuchen, mögliche Restplätze zu ergattern. Aktuell (Sonntag 26.03.) sieht es so aus, als ob wir alle Interessierten unterbringen können.

Die Filmvorführung erfolgt auf Spendenbasis mit einer Spendenempfehlung von 5 bis 15 Euro, um die Saalmiete zu decken und zur Finanzierung des Films beizutragen – die Filmemacher*innen streckten alles aus eigener Kasse vor und verwendeten keine Fördermittel.

Ort: Liliom, Unterer Graben 1
Zeit: 19 Uhr
Trailer auf YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=IfV8wKeFixo
Rezension auf YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=hW3vxY1skcY

Unseres Wissens ist es die erste Aufführung des Films in Bayern.

Ergänzungen zur Filmvorführung

Es war ein toller Film! Die Vorführung begann wenige Minuten nach 19 Uhr. Es gab keinen langen Block von Werbung, wie man ihn üblicherweise aus dem Kino kennt, sondern begann direkt mit dem Film. Das ist die einzige wahre Form Kino zu genießen. :-)

Unsere Vorführung war vielleicht die erste außerhalb Baden-Württembergs, aber weitere Vorführungen, auch in Berlin und Sachsen, sind geplant. Eine Aufzählung geplanter wie auch bisheriger Vorführungen, findet sich in der Videobeschreibung des Trailers auf Youtube. Der Film ist derzeit nicht über Mediatheken oder Filmverleihe verfügbar, aber man kann sich direkt an die Filmemacher*innen wenden.
Siehe: https://www.pangolin-doxx.com/filme/menschen-die-auf-baeume-steigen/

Der Film begleitet eine Gruppe von Aktivist*innen des Ravensburger Klimacamps über einen Zeitraum von etwa eineinhalb Jahren. Dabei geht es um Klimaschutz und Grundwasserschutz. Viele der Aktionen der Aktivist*innen finden dabei der Höhe statt, ob auf Bäumen, in Baumhäusern, auf Holzpferden, auf Basilikas oder auch mal auf dem Brandenburger Tor.

Ein Schwerpunkt der Handlung des Films ist der Schutz des Altdorfer Waldes (umgangssprachlich „Alti“ genannt) im Südosten Baden-Württenbergs. Denn der Wald ist durch die Erweiterung mehrerer Kiesgruben bedroht. Diese Kiesschicht ist es aber, welche als schützender Filter über der Grundwasserschicht des Waldes liegt. Sie garantiert eine besonders hohe Qualität des Wassers in den Quellen und Bächen des Waldes. Die lauten Kieslaster sind ein besonderes Ärgernis für Anwohner*innen. Nach und nach muss der Wald den sich ständig ausbreitenden Kiesgruben weichen. Weitere Informationen zum Wald gibt es hier und hier. Proteste durch Bürger*innen, Unterschriftensammlungen und andere Aktionen wurden weitgehend ignoriert. Ein Regionalplanentwurf, der die Belange des Klimaschutzes in keinster Weise berücksichtigt, bedroht Naturräume. Eine Waldbesetzung brachte neue Hoffnung und neuen Schwung in die politische Diskussion.

Der Film erzählt den Alltag der Aktivist*innen aus nächster Nähe. Das umfasst das Aufhängen von Bannern in großer Höhe, Pressearbeit, Basteleien an professionellen Baumhäusern, Gerichtsverfahren, die Verkabelung der solarbetriebenen Baumhausbeleuchtung, den Kampf gegen Nässe auf steilen Dächern einer Basilika und Dialoge mit Bürger*innen. Die Waldbesetzung im Altdorfer Wald hat die Politik der Region zu einem gewissen Grad transformiert. Der Film behandelt auch stark das Thema Selbstermächtigung. Bürger*innen aller Alterstufen, deren Belange von einer gewinnorientierten Politik ignoriert wurden, erzählen, wie sie im Aktivismus als sinnstiftenter Tätigkeit eine neue Form gesellschaftlicher Teilhabe und Erfüllung gefunden haben.

Mehrere Personen aus dem Publikum erkannten sich in dem Film wieder, einige wurden auch in den Credits genannt. Für den Film gab lauten Applaus sowie Rufe „Alti? Bleibt! Alti? Bleibt! Alti, Alti, Alti? Bleibt! Bleibt! Bleibt!“.

Nach dem Ende des Films erzählte ein Aktivist des Klimacamps von den Ursprüngen des Ravensburger Klimacamps und der Waldbesetzung im Altdorfer Wald. Denn diese gehen zurück auf den „magischen ersten Campsommer 2020“. Das Augsburger Klimacamp war damals während der Hochphase der Pandemie ein Treffpunkt für Aktivist*innen von weit her und einzigartiger Ort der Vernetzung. Manche der Projekte, die hier ihre Ursprünge hatten, existieren noch heute. Sie fungieren ihrerseits als Orte der Vernetzung und motivieren weitere Menschen, neue Projekte zu starten. Zwar liegt dieser besondere erste Sommer 2020 schon lange zurück, aber auch heute noch fungiert auch das Augsburger Klimacamp als Ort der Vernetzung, der Selbstermächtigung und als Motivator. Wir hatten auch 2023 schon viele Gäste, auch aus anderen europäischen Ländern.

Während dieser Erzählung wurden die Filmemacher*innen sowie eine Protagonistin des Films per Videokonferenz auf die Kinoleinwand zugeschalten. Es folgten etwa 25 Minuten des Dialogs mit dem Publikum. Die beiden Filmemacher*innen erzählten, wie sie zunächst auf Baumbesetzungen in Ravensburg und das Ravensburger Klimacamp aufmerksam wurden. Unabhängig von einander interviewten sie die Aktivist*innen und kamen zu dem Schluss, dass diese eine interessante Geschichte zu erzählen haben. So entstand die Idee zum Film. Sie erzählten, dass sie sich selbst nicht als Aktivist*innen sehen, aber die Begleitung der Aktivist*innen auch bei ihnen selbst Veränderungen angestoßen haben.

Gegen 21:10 Uhr endete der offizielle Teil der Veranstaltung. Durch den Film motiviert zog sich eine zweistellige Zahl von Klimacamper*innen in eine Ecke des Gebäudes zurück und setzte Planungen für anstehende Aktionen fort.

Etwa 60 bis 80 Interessierte kamen zur Vorführung. Durch den Streik im Verkehrssektor hatten wir leider einige Zuschauer*innen verloren. Wir kritisieren die Arbeitgeber der Streikenden, die nun seit Jahren die Löhne nicht an die Inflation anpassen. Die Verkehrswende kann nur mit zukunftsweisenden Arbeitsbedingungen und Bezahlung im Verkehrssektor gelingen.
Es kamen genug Spenden für die Saalmiete zusammen. Den Überschuss erhalten die Filmemacher*innen, welche von uns freundlicherweise keine Lizenzgebühren für das Zeigen des Films verlangten.

Die Filmvorführung zum 1000. Tag des Klimacamps war ein Event für uns selbst und all diejenigen Menschen, die sich für die Arbeit von Klimagerechtigkeitsaktivist*innen interessieren. Das ist gelungen. Für den April planen wir nun wieder verstärkt Aktionen, die auch von Menschen wahrgenommen werden, deren Sympathieträger wir nicht unbedingt sind.

Sonntag 26.03.2023 – Tag 999

An diesem Tag findet in München ein Verkehrswendeaktionstag statt.
12:00: Raddemo und Kletteraktion (beides auf der bzw. über die A9); an Fußbrücke zwischen Walter-Gropius-Straße und Grünecker Straße
14:00: Demo vor dem bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau & Verkehr
19:00: Vortrag Provokante Aktionen und ihre Bedeutung für den politischen Protest, der am Vortag in Augsburg gehalten wurde; Eine-Welt-Haus, Raum-Werkstatt (Schwanthalerstraße 80)
Weitere Informationen: https://autofrei.noblogs.org/post/2023/03/01/strafprozess-wegen-abseilaktion-ueber-der-a9-iaa-neue-abseilaktion-geplant/

Für die Autobahnaktion kommt es zeitweise zur Sperrung der A9. Es dürfte die erste Fahrraddemo auf einer Autobahn in Bayern überhaupt sein. Augsburg hätte diese Errungenschaft zuerst haben können, aber Augsburgs Ordnungsamt und Polizei lehnten das mit wirren Behauptungen der Notwendigkeit einer sechsstündigen Sperrung ab. Wir sind neugierig, ob Münchens Polizei dafür auch 6 Stunden brauchen wird.
Liebe Leser*innen bei Polizei und Ordnungsamt: Wir haben nicht vor zeitgleich eine ähnliche Aktion unangemeldet an der Augsburger A8 durchzuführen.
Zur Anreise per Zug wird geraten. Eine Gruppe trifft sich um 9:55 an Gleis 8 des Augsburger Hauptbahnhofs. In München beginnt die Raddemo an der Fußgänger*innenbrücke von der Walter-Gropius-Straße über die A9. (Koordinaten 48.178428091391254, 11.595054515532981) Für eine Teilnahme ist es wichtig, pünktlich dort zu sein, da der Demo nur ein sehr enges Zeitfenster für die Befahrung der A9 gesetzt wurde.

Ablauf und Hintergründe

A9-Demonstration

Der entsprechende Abschnitt der A9 verläuft direkt durch ein Wohngebiet. Der Lärm durch den Verkehr ist gewöhnlich enorm und plötzlich konnte man dort dank der Sperrung wieder Vögel zwitschern hören. Das Bild wurde von der Brücke über die Autobahn aufgenommen. Es zeigt den entsprechenden Autobahnabschnitt. Links und rechts ist die Autobahn von Wohn- und Bürohäusern eingesäumt.

Die Demonstration war ein kleiner Meilenstein für das Versammlungsrecht in Bayern. Wahrscheinlich war es sogar die erste Raddemo auf einer Autobahn in Bayern überhaupt. In anderen Bundesländern gibt es das häufiger. Es gab zwar wohl schon mal eine Sperrung einer Autobahn in Bayern, als ein lokaler CSU-Politiker zum Protest gegen die Autobahnmaut aufrief, aber das war unseren Wissens keine Raddemo. Fahrräder auf Autobahnen gab es an Autofreien Sonntagen während der Ölkrise, aber das waren keine Demonstrationen. (Nebenbei hätten wir aufgrund des Angriffskrieges gegen die Ukraine und der Klimakatastrophe gerade zwei sehr gute Gründe, um autofreie Sonntage wieder einzuführen.) Das Urteil des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH), welches ein Verbot der Demonstration auf der A9 für rechtswidrig erklärt hatte, war erst im Verlauf des Samstages dem Veranstalter zugetragen worden. Das war nicht die Schuld des VGH, sondern allenfalls das der Ordnungsbehörde, welche das Verbot der schon länger geplanten Demonstration erst recht kurzfristig erklärt hatte. Wir werden uns das Urteil und seine Begründung sehr gut durchlesen und die Erkenntnisse in unseren nächsten Anlauf zu einer Fahrraddemo auf der A8 bei Augsburg einfließen lassen.

Gegen 12 Uhr standen schon einige Menschen im Regen am Treffpunkt. Von da an musste alles sehr pünktlich und eng getaktet vonstatten gehen. Um 12:05 fuhren wir zum Startpunkt der Fahrraddemo 300 Meter südlich an der Einmündung der Anni-Albers-Straße in die Walter-Gropius-Straße. Genau um 12:15 setzte sich die Demo von dort in Bewegung, fuhr durch die Lyonel-Feininger-Straße, vorbei an der CSU-Parteizentrale und über die Schenkendorfstraße auf die A9. Die Spur der Schenkendorfstraße von Osten nach Westen war dafür abgesperrt worden.

Etwa eine Dreiviertelstunde hatten wir den Autobahnabschnitt für uns. Menschen fuhren vergnügt herum, manche schnell, manche im Zickzack. Es wurden Sprüche mit Kreide auf die Fahrbahn gemalt. Man stellte sich hinter Bannern auf für Fotos. Etwa 400 Meter der zwei Autobahnspuren von Norden nach Süden hatten wir dafür zur Verfügung. Die an Seilen an der Brücke hängenden Aktivist*innen hatten auch ihren Spaß und ließen sich beispielsweise mal eine Zeit lang mit ausgestreckten Armen und Beinen kopfüber baumeln. Die Demonstration posiert mit Bannern: Auf der Fußgängerbrücke stehen Menschen mit Kameras und Megafon. Am Brückengeländer hängt ein Banner mit der Aufschrift „Guter Lohn statt neue Straßen!“. Links und rechts des Banners hängt jeweils ein*e Aktivist*in an Seilen von der Brücke. Mehrere Meter tiefer auf der Autobahn stehen zahlreiche Fahrraddemonstrant*innen hinter weiteren Bannern. Diese sind beschriftet mit „FUSS, RAD, BUS UND BAHN STATT AUTOWAHN“, „1,5 Grad, neun Tote und 1053 Verletzte pro Tag“, „VERKEHRSWENDE JETZT“, „verkehrswende.siehe.website“, „ART. 20A GG = LEBEN SCHÜTZEN“ und „LETZTE GENERATION VOR DEN KIPPPUNKTEN“.

Erklärt wurden die Situation, die Hintergründe und Forderungen des Protests mittels Megafon von der Fußgängerbrücke. Es wurde darauf verwiesen, wie das Bundesverkehrsministerium die Mobilitätswende in den Sand setzt und bei der Reduzierung der Treibhausgasemissionen nicht nur versagt, sondern es gar nicht ernsthaft versucht. Es wurden Zahlen genannt, wie viele Menschen täglich im Straßenverkehr getötet oder schwer verletzt werden. Es wurde ein Ende dieses Blutvergießens gefordert.

Auch Aktivist*innen vom Aufstand der letzten Generation (vor den Kipppunkten) nahmen an der Demonstration teil. Sie klebten sich nicht, wie manche Personen befürchten würden, auf die Fahrbahn, sondern verließen gemeinsam mit den übrigen Teilnehmer*innen die Autobahn gegen Ende des uns gegebenen Zeitfensters.

Hier ein paar Eindrücke von der Autobahn: Das Fahren auf der Autobahn ist sehr angenehm. Während die Fahrradwege in München mit Schlaglöchern übersät sind, scheint man sich bei der Pflege der Autobahnen wirklich Mühe zu geben. Allerdings ist die Asphaltfläche auch eine tote, lebensfeindliche Oberfläche. Also solche nimmt sie unnötig viel Raum ein. Der Fluch des Individualverkehrs sind mit Autos zugestellte Innenstädte und ein enormer Flächenverbrauch für überdimensionierte Parkplätze und Fahrbahnen. Interessant war noch die Betrachtung des grünen Mittelstreifens. Nicht oft hat man die Gelegenheit den Grünstreifen zwischen zwei Autobahnspuren aus der Nähe zu betrachten. Der sogenannte Grünstreifen ist in Wirklichkeit eine Müllhalde. Zigarettenkippen und anderer Müll liegen dicht an dicht. Zigarettenkippen stellen eine ernst zu nehmenden Umweltverschmutzung dar, da sie im Zuge ihrer Zersetzung zahlreiche Giftstoffe an ihre Umgebung abgeben und so Boden wie auch Wasser belasten. Womöglich erstreckt sich dieser Zustand über abertausende Kilometer des deutschen Autobahnnetzes. Ein Stück Gras des Mittelstreifens ist gespickt mit Zigarettenkippen und anderen kleinen Müllschnippseln.

Für die Absicherung genügten einige dutzend Polizist*innen. Der Fahrradteil der Veranstaltung wurde durch einen einzigen Polizeieinsatzwagen, ein kleineres Polizeifahrzeug, mehrere Polizist*innen auf Motorrädern und zwei oder wenig mehr Fahrradpolizist*innen abgesichert. Weitere Polizist*innen waren an der Fußgängerbrücke über die A9. Dann gab es noch ein oder zwei dutzend Polizist*innen, die an einer Parallelstraße standen und der Demonstration vergnügt zusahen. Diese hatten augenscheinlich nichts zu tun. Vielleicht waren diese nur für den Fall da, dass wir uns nach Ende unserer 45 Minuten weigern würden, die Autobahn zu verlassen. Weitere Polizist*innen waren außer Sichtweite mit der Absperrung der A9 befasst.

Der Bayerische Rundfunk schreibt, dass insgesamt 80 Polizist*innen an der Aktion beteiligt gewesen wären und die A9 von München-Schwabing über München-Frankfurter Ring, München-Freimann, München-Fröttmaning-Süd bis Kreuz München-Nord gesperrt worden wäre. Das überrascht uns, denn die Demonstration fand nur auf dem ersten Abschnitt zwischen München-Schwabing und München-Frankfurter Ring statt. Erklärbar wäre das zum Teil durch die mangelhafte Erfahrung von Bayerns Polizei mit angemeldeten (Fahrrad)Demonstrationen auf Autobahnen. Schließlich war es auch die Erste ihrer Art in Bayern. Vielleicht wollte man aber auch die Wohngebiete in Freimann und im Norden von Schwabing vor dem Ausweichverkehr schützen. Hat die Polizei öffentlich eine Begründung für diese weitreichende Sperrung bekannt gegeben?
Auch auf eine Sperrung der ungenutzten Gegenspur hätte man vermutlich verzichten können. Bei B17-Demos in Augsburg wurde anfangs auch die Gegenspur gesperrt, aber nach mehreren erfolgreichen solcher Demos, geschieht dies inzwischen nicht mehr. Die große Sorge, die wohl immer wieder zur Sperrung der Gegenspuren führt, ist, dass schaulustige Autofahrer*innen bei der Vorbeifahrt an der Versammlung Verkehrsunfälle verursachen könnten. Wenn das Gefahrenpotenzial durch unaufmerksame Menschen am Steuer dieser tonnenschweren Geräte wirklich derart gegeben ist, dann sollte man schleunigst auf eine Reduzierung der Notwendigkeit dieser Gefahrenquelle hinwirken – sprich auf eine Mobilitätswende.

Möglicherweise hätte weniger Polizei gereicht. Aber auch 80 Polizist*innen sind bereits deutlich weniger Polizist*innen, als bei unserer Fahrraddemo am 5. März 2023 alleine zur Abschirmung der A8 vor unserer Demo eingesetzt worden waren. Damals war allein an der Autobahnauffahrt Augsburg-Ost eine nicht geringe zweistellige Anzahl an Polizist*innen im Einsatz gewesen. Sie sollten wohl sicher gehen, dass es auch wirklich niemand auf die Autobahn schafft, was auch kein*e Aktivist*in versucht hatte.

Die Dreivierstelstunde verging im Nu. Ursprünglich waren 90 Minuten auf der Autobahn geplant gewesen. Auch bei 90 Minuten wäre uns wahrscheinlich noch nicht langweilig geworden. Das Gericht hatte die Zeit aber auf 45 Minuten gekürzt. Letzendlich sammelten wir unsere Sachen und Fahrräder und fuhren hinter dem Polizeieinsatzwagen zurück in die Walter-Gropius-Straße.

Wie lange war nun die Autobahn gesperrt? Unter zwei Stunden, nämlich von 11:30 bis 13:15. Die Demonstration hatte die Autobahn von 12:15 bis 13:00 für eine Dreiviertelstunde zu ihrer Verfügung. Wir können aufgrund des Verkehrslärms bestätigen, dass bereits etwa fünfzehn Minuten nach unserem Verlassen der Autobahn wieder Autos auf dieser fuhren. Dass die Sperrung bereits um 11:30 begann, hat vermutlich auch mit der oben erwähnten Länge des gesperrten Teilstücks zu tun. Die für Augsburg spannende Beobachtung ist, dass so eine Sperrung deutlich weniger als die von Augsburgs Polizei behaupteten sechs Stunden veranschlagt, die angeblich zur Sperrung der A8 bei Augsburg zum Zwecke einer Fahrraddemo notwendig wären. Wir wollen nicht behaupten, dass die Polizei im Fall der A8 das Gericht angelogen hat. Vielleicht wussten sie es bislang einfach nicht besser, wie schnell so eine Sperrung einer Autobahn geht. Bei der nächsten Anmeldung einer Fahrraddemo auf der A8 erwarten wir aber, dass sie es wissen. Mitte März hatte die Polizei die A8 zum Zwecke der Entschärfung einer Weltkriegsgranate in beide Richtungen gesperrt. Die Sperrung dafür dauerte laut Zeitungsberichten deutlich unter einer Stunde. Für 15 Minuten Fahrraddemo könnte noch weniger reichen.

Die Anzahl der Teilnehmer*innen war aufgrund des sehr kurzen Mobilisierungszeitraums eher gering. Auf der Webseite des Klimacamps war die Aktion erst am Vortag ab etwa 16:30 erwähnt worden, also mit nur 18,5 Stunden Vorlaufzeit angekündigt worden (denn wir hatten auch noch eine Umstellung auf Sommerzeit). Etwa 42 Personen, die meisten mit Rad unterwegs, eine Person auch joggend, Fahrradpolizist*innen nicht mitgezählt, waren bei der Abfahrt von der Autobahn gezählt worden. Darunter waren mindestens fünf Personen aus dem Umfeld des Augsburger Klimacamps. Etwa ein halbes Dutzend Aktivist*innen, darunter auch solche mit einer Ausbildung, die es ihnen erlaubt kletternde Personen aus Notsituationen zu retten, waren auf der Fußgängerbrücke im Einsatz. Hinzu kamen dutzende Einwohner*innen und Passant*innen, die sich außerhalb des Maschendrahtzaunes, welcher das Wohngebiet von der Autobahn abtrennt, aufstellten und Anteil nahmen.

Mit nur wenigen Tagen mehr Vorlauf hätte man über eine Mobilisierungskampagne eine drei- oder vierstelligen Anzahl an Menschen zur Teilnahme an der Aktion animieren können. Gerade die Anwohner*innen, welche die größten Leittragenden dieses Autobahnabschnitts sind, schienen von der Aktion angenehm überrascht zu sein. Nur Wenigen gelang es noch schnell genug vor Beginn der Raddemo von zu Hause ein Fahrrad zu holen. Eventuell könnte nächstes Mal vor Ort jemand Fahrräder verleihen. 😁 Der Versammlungsleiter, der auf der Brücke blieb, verlieh auch tatsächlich sein Fahrrad für die Aktion, was der Raddemo eine weitere Teilnehmerin einbrachte. 😀

Mindestens 16 Fahrradfahrer*innen (gezählt wurden 18) fuhren anschließend als geschlossener Verband gemäß §27 der Straßenverkehrsordnung zum bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau & Verkehr. Dort begann um 14 Uhr die nächste verkehrspolitische Protestveranstaltung. Einige der Organisator*innen der A9-Demo waren für Gespräche mit Einwohner*innen und der Presse zurück geblieben.

Pressespiegel zur Aktion:

Demonstration vor dem bayerischen Staatsministerium

Wir kamen nass und durchgefroren am bayerischen Staatsministerium an. Dort waren mehr Menschen als bei der Aktion an der A9. Schon unterwegs hatten wir andere Gruppen von Verkehrswendeaktivist*innen gesehen, die ebenfalls zum Staatsministerium unterwegs waren. Insgesamt war die Anzahl der Teilnehmer*innen wahrscheinlich niedrig dreistellig. In Augsburg wären wir mit einer derartigen Anzahl bei derart regnerischem Wetter durchaus zufrieden. Mehrere Menschen stehen vor einem Podium, welches vor bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau & Verkehr aufgebaut ist. Es gibt viele Fahnen und Banner, darunter von „Radentscheid Bayern“ und „attac“.

Anwesend waren vor allem Nürnberg autofrei, welche die Veranstaltung mit initiiert hatten, der Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD), Vertreter*innen von Radentscheid Bayern und verschiedene Gruppen von Fridays for Future. Es war klar zu erkennen, dass es sich um eine bayerische Veranstaltung handelt. Neben den in hoher Personenzahl vertretenen Nürnberger*innen und unserer kleinen Gruppe aus Augsburg war beispielsweise auch Fridays for Future Forchheim anwesend.

Auf einer Bühne vor dem Staatsministerium gab es inhaltsreiche wie unterhaltsame Rede- und Musikbeiträge. Besonders herausstellen wollen wir dabei den Radentscheid Bayern. Dieser kann enorm zur Verbesserung der Situation der Fahrradfahrer*innen in Bayern beitragen, aber dafür ist weitere Bürgerbeteiligung notwendig.

  • Die erste Phase bestand in der Sammlung von 25.000 Unterschriften für einen Zulassungsantrag zum Volksbegehren. Das Ziel wurde mit wehenden Fahnen genommen. Es kamen sogar etwa 100.000 Unterschriften zusammen.
  • Die zweite Phase wäre nun eigentlich ein Volksbegehren. Allerdings hat das bayerische Innenministerium monatelang bis zum letzten Tag der Prüffrist gewartet und dann den Antrag auf Zulassung zum Volksbegehren zusammen mit einer 78-seitigen Stellungnahme an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof übergeben. Die Organisator*innen hatten nur drei Wochen Zeit – jetzt noch ein paar Tage – um darauf mit einer eigenen Stellungnahme zu antworten. Auch fallen weitere Gerichtskosten durch diese unerwartete Hürde an.
    In ihrer Rede kritisierten die Vertreter*innen des Radentscheids, dass vom Innenministerium auch beklagt worden wäre, dass der Volksentscheid Gesetzesänderungen nicht berücksichtigt, die zum Zeitpunkt der Initiierung des Volksentscheides noch gar nicht verabschiedet worden waren. Die Einführung derartiger Hürden würde das Konzept von Volksentscheiden ad absurdum führen.
  • Wenn der Bayerische Verfassungsgerichthof grünes Licht gibt, dann wird es eine etwa zweiwöchige Phase geben, in der eine Millionen Menschen in den Bürgerbüros/Einwohnermeldeämtern den Volksentscheid unterschreiben müssen.

Für weitere Informationen siehe: https://radentscheid-bayern.de

Weiße Fahrräder dienen als Mahnmale für Orte, an denen Radfahrer*innen im Straßenverkehr getötet wurden. Hier weist ein weißes Fahrrad darauf hin, dass am 1. August 2021 ein 47-jähriger Fahrradfahrer getötet wurde.

An der Hauswand des Staatsministeriums gab es zwei Überwachungskameras, welche auf die Demonstration ausgerichtet waren. Wir sind uns nicht ganz sicher, glauben aber, dass diese aus juristischen Gründen für die Dauer der Versammlung abzumontieren gewesen wären.

Gegen 15 Uhr trennten wir uns vorzeitig von der Demonstration. Das lag nicht an der Veranstaltung, sondern daran, dass wir durchgefroren, hungrig und erschöpft waren. Über den Rest der Aktion wird hoffentlich anderorts berichtet werden.

Die Bedeutung provokanter Aktionen

Das wird jetzt hier nicht eine Neuauflage des Tagebucheintrags zum Vortag. Allerdings hatten wir hier zwei Aktionen, die man ganz gut nebeneinander stellen und anhand der Kriterien aus dem Vortrag vom Vortag vergleichen kann.

  • Die Schaffung von Aufmerksamkeit gelang der Demonstration über die A9 deutlich besser als der Demonstration vor dem Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau & Verkehr. Wir fanden einige Medienberichte über die Autobahndemo, aber der Protest am Staatsministerium wurde alleinfalls in einem zusätzlichen Absatz in Berichten über die Autobahn mit erwähnt. Aufgrund des Wochenendes wurde die Demo wahrscheinlich weder von Politiker*innen noch Mitarbeiter*innen des Ministeriums groß wahrgenommen.
  • Beide Aktionen waren sehr zielgenau. Die Autobahn ist zum Inbegriff einer misslungen Klimapolitik im Verkehrssektor geworden. Besondere Aktualität hat das Thema durch die (klima-)katastrophale Politik des Bundesverkehrsministers Volker Wissing.
    Das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau & Verkehr trägt eine wesentliche Verantwortung am schlechten Zustand des öffentlichen Personennahverkehrs in Bayern. In Augsburg konnten wir das erst kürzlich an der misslungenen Übernahme einiger Strecken durch Go-Ahead miterleben. Zugentgleisungen, teilweise mit Toten, bezeugen wie heruntergekommen das Streckennetz in Bayern ist. Doch auch an der Ausdünnung der Taktung der Straßenbahnen und Busse trägt die Landespolitik von CSU und Freien Wählern einen Teil der Verantwortung.
  • Beiden Aktionen gelang die niveauvolle Vermittlung ihrer Inhalte. Bei der A9-Demonstration geschah die Vermittlung mit Protestbanner und kurze Redebeiträge über Megafon.
    Bei der Demonstration vor dem Bayerischen Staatsministerium waren Redebeiträge das dominierende Mittel der Inhaltevermittlung. Zum Teil wirkten diese langatmig. Viel, von dem was erzählt wurde, war den Personen, die mit der Mobilitätswende vertraut sind, bereits bekannt. Aber damit war es auch einsteigerfreundlich, besaß inhaltliche Tiefe und auch Kenner der Thematik lernten Neues dazu.
  • Beide Aktionen bereicherten sich gegenseitig und trugen an diesem Tag zur Vielfalt von Aktionsformen in München bei. Es gab eine Banner- und Kletteraktion an einer Autobahnbrücke, eine Fahrraddemo auf einem Autobahnabsschnitt und eine traditionelle Demonstration vor dem Staatsministerium. 🙂 Die A9-Demo schaffte Berichterstattung und die Demo vor dem Staatsministerium sorgte dafür, dass auch Protest gegen das Ministerium in der Berichterstattung Erwähnung fand.
    Die Idee, von der A9-Demonstration zur Demonstration vor dem Staatsministerium eine Zubringerdemo zu veranstalten, wurde leider nicht umgesetzt.
  • Die beiden Visionen eines Verkehrssektors mit 0 Treibhausgasemissionen und 0 Verkehrstoten und eines günstigen und flächendeckenden öffentlichen Personennahverkehrs wurden zumindest angesprochen.

Sonstiges

Go-Ahead!?! Was ist nur mit den Toiletten in euren Zügen los. Funktioniert da überhaupt auch nur eine Einzige? Wenn die Verkehrswende gelingen soll, müssen Zugunternehmen wie Go-Ahead kräftig an der Qualität und Zuverlässigkeit ihrer Leistungen nachbessern.

Auf dem Weg zur Raddemo entging ein Aktivist nur knapp einem Sturz mit Verletzung. Auf einem rechteckigen Stück des Radweges fehlten plötzlich die obersten Schichten des Belags, was zu sehr gefährlichen leicht zu übersehenden mehreren Zentimeter hohen Kanten führte. Die ganze Gefahrenstelle war nicht abgesperrt und nicht markiert. Viele von Münchens Radwegen sind in einem sehr schlechten Zustand. Hinzu kommt eine sehr irritierende Verkehrsführung, insbesondere an Baustellen. Warum demonstrieren da nicht mehr Münchner Radfahrer*innen? Der Radentscheid Bayern ist ihre und unsere Chance darauf die Situation zu verbessern.

Samstag 25.03.2023 – Tag 998

19:00 Vortrag: Provokante Aktionen und ihre Bedeutung für den politischen Protest

Jörg Bergstedt plant an diesem Abend im Grandhotel einen Vortrag zur Bedeutung provokanter Aktionen für den politischen Protest zu halten. Dazu heißt es auf der Webseite zur Veranstaltung:

Braucht politischer Protest die direkte Aktion, ein provokantes, aufmerksamkeitserzeugendes Eingreifen in die gesellschaftlichen Abläufe? Was wären die Atomproteste ohne Schienenblockaden und Bauplatzbesetzungen? Was der Widerstand gegen die Agrogentechnik ohne Feldbefreiungen und -besetzungen? Wo ständen wir in der Kohleausstiegsdebatte, wenn es die Besetzung des Hambacher Forstes und die Baggerbesetzungen nicht gegeben hätte? In der Geschichtsschreibung ist die Antwort klar: Oft bleibt am Ende nur die Erinnerung an die spektakulären Höhepunkte hängen. Das überhöht die direkte, kreative Aktion, denn die volle Wirkung entfaltet auch diese Protestform erst in der Vielfalt unterschiedlicher Vorgehensweisen. Und doch scheint sich eines immer wieder zu bestätigen: Ohne die provokante Aktion sind Kampagnen und Proteste regelmäßig erfolglos, weil sie nicht einmal den Level der breiten Wahrnehmung erreichen. „Direkte Aktion ist nicht alles, aber ohne kreative, provokante Protestformen ist alles nichts“, sagt Jörg Bergstedt, seit über 44 Jahren in solchen Aktionen selbst aktiv und als Journalist, Buchautor und Aktionsausbilder auch in der strategischen Entwicklung von Aktionsformen tätig. In seinem Vortrag/Workshop wird er an Fallbeispielen zeigen, welche Bedeutung provokante Aktionen in der Vergangenheit hatten – und warum sie auch in Zukunft nötig sein werden.

Ort: Grandhotel, Springergäßchen 5
Zeit: 19 Uhr
Link zur Veranstaltung: https://www.projektwerkstatt.de/index.php?domain_id=1&a=termine&date_id=841

Das Event ist Auftakt zu einer Reihe von weiteren Events in und um München.

Bericht aus dem Vortrag

Vortrag und Diskussion dauerten etwa 2,5 Stunden, die aber erstaunlich schnell vergingen. Weitere Informationen zu dem Vortrag gibt es auf der Webseite https://provokante-aktionen.siehe.webseite. Wer den Vortrag verpasst hat, kann ältere Versionen des Vortrags als Video auf Youtube finden.

Im Folgenden versuchen wir den Inhalt kurz wiederzugeben.

Qualitätsmerkmale provokanter Aktionen

Im Zentrum des Vortrags standen Kriterien zur Bewertung von provokanten Aktionen. Dabei unterschied der Vortragende zwischen wichtigen, wünschenswerten und unwichtigen Kriterien.

Die wichtigen Qualitätsmerkmale provokanter Aktionen sind:

  • Schaffung von Aufmerksamkeit / Erregungskorridoren
  • Zielgenauigkeit
  • Niveauvolle und gute Vermittlung der Inhalte
  • Einbettung in eine Vielfalt von Aktionsformen
  • Benennung der gesamtgesellschaftlichen Ursachen und Utopien

Wünschenswert sind darüber hinaus:

  • ein solidarisches Miteinander
  • Weiterentwicklung von Knowhow, Selbstbewusstsein, Methoden usw.

Als unwichtige Kriterien wurden benannt:

  • militant oder gewaltfrei
  • legal oder illegal
Qualitativ hochwertige provokante Aktionen

Eine gute provokante Aktion schafft Aufmerksamkeit. In der prüden Bundesregierung der sechziger Jahren war dies noch bedeutend einfacher als heute. Jörg Bergstedt gab Anregungen, wie man Empörung, Gegenreaktionen und die Polizei gezielt in seine Aktionsform einbauen kann, um einen Erregungskorridor zu bilden. In Augsburg neigen wir noch dazu, uns aus Frust über Repressionsmaßnahmen der Staatsmacht, wie ungerechtfertigten Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen, vom Thema Klimagerechtigkeit ablenken zu lassen. Jörg Bergstedt ermunterte uns dazu, diese Repressionsmaßnahmen besser in unseren Protest einzubauen.

Als Beispiel zur Diskussion der Zielgenauigkeit dienten unter anderem verschiedene Aktionen von Aufstand der letzten Generation. Ein Unterschied in der Zielgenauigkeit besteht darin, ob man Straßenblockaden durchführt, um gegen Lebensmittelverschwendung vorzugehen, oder, ob man damit die Treibhausgasemissionen des fossilen Verkehrssektors kritisiert. Schwierig kann es werden, wenn man Aufmerksamkeit mit Zielgenauigkeit zu kombinieren versucht. Jörg Bergstedt bedauert etwas, wie es leider die zielgenausten Aktionen von Aufstand der letzten Generation waren, nämlich Flughafenblockaden und das Abdrehen einer Ölpipeline, welche die wenigste Aufmerksamkeit erhielten.

Die niveauvolle und gute Vermittlung der Inhalte ist mit am Schwersten zu erreichen. Wir merken das auch selbst, denn nicht immer sind allen Menschen die Zusammenhänge zwischen unseren Aktionen und unseren Zielen ersichtlich. Am Klimacamp geschieht die niveauvolle Vermittlung von Inhalten beispielsweise über Artikel auf der Webseite, die Teilnahme von Klimacamper*innen an Podiumsdiskussionen und Workshops und Vorträge, am Klimacamp wie auch anderorts.

Eine Einbettung in eine Vielfalt von Aktionsformen ist verhältnismäßig einfach aber arbeitsintensiv zu erreichen. Oft spezialisieren sich unterschiedliche Gruppen auf unterschiedliche Aktionsformen.

Die Benennung der gesellschaftlichen Ursachen und Utopien bezeichnete Jörg als die Kür.

Als Musterbeispiel einer provokanten Aktion, die Aufmerksamkeit erregte, zielgenau war und schon bereits in einem Bild niveauvoll die Inhalte des Protests vermittelte, führte Jörg Bergstedt genau die Aktion im Kontext der IAA auf, zwecks deren Gerichtsverfahren er seine Vortragsreise nach Bayern begonnen hatte. Gemäß der Devise ein Bild sagt mehr als tausend Worte: Das Bild zeigt zwei große Schilder, die an einer Schilderbrücke über den vier Spuren in Fahrtrichtung hängen. Teile der ursprünglichen Beschriftung der Schilder wurden überklebt. Auf dem linken Schild, welches auf ein Autobahnkreuz verweist, steht „Verkehrskollaps 2000 m“. Auf dem linken Schild, welches auf eine Abfahrt verweist, steht „smashcarlobby & industry“ und „NO IAA“. Auf der Schilderbrücke selbst befinden sich drei Aktivist*innen und halten kleine Banner mit auf dem Bild unleserlicher Aufschrift. Während auf den Gegenspuren viele Autos fahren, sind die Spuren unter den abgeänderten Schildern leer. Diese Autobahnspuren scheinen gesperrt zu sein. Unter der Schilderbrücke sieht man einen Krankenwagen. Auf diesem Bild stehen die Schriftzüge „IAA-AKTION“, „PROZESSAUFTAKT“, „27.03.2023 um 9 Uhr“ und „AMTSGERICHT FREISING“.
Quelle des Bildes: https://autofrei.noblogs.org/post/2023/03/01/strafprozess-wegen-abseilaktion-ueber-der-a9-iaa-neue-abseilaktion-geplant/

Gewalt(freiheit) und (Il)Legalität von Aktionsformen

Mit mehreren Beispielen wurde die Unwichtigkeit von Gewaltfreiheit und Legalität unterstrichen.

Im Jahr 1968 ohrfeigte Beate Klarsfeld den damaligen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger mit den Worten „Nazi, Nazi, Nazi!“ öffentlich. Die Aktion war sowohl gewalttätig – durch die leichte Bindehautreizung hatte Kiesinger mit Sicherheit größere Schmerzen als Autofahrer*innen, welche aufgrund von Protest im Stau stehen – als auch illegal – Klarsfeld wurde zumindest in erster Instanz im Eilverfahren wenige Stunden nach der Tat zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.
Nach mehreren der wichtigen Kriterien war es eine gelungene Aktion.

  • Das Ohrfeigen eines Bundeskanzlers erregte Aufmerksamkeit.
  • Die Ohrfeige traf zielgenau ein ehemaliges Mitglied der NSDAP, welches im Deutschland der Nachkriegszeit ein hohes politisches Amt bekleidete.
  • Die Worte „Nazi, Nazi, Nazi!“ vermittelten den Kontext der Aktion sehr effizient und prägnant. Es gab keine Möglichkeit die Aktion fehlzuinterpretieren. Sie richtete sich gegen den Missstand, das ehemalige Mitglieder der NSDAP im Deutschland der Nachkriegszeit hohe (politische) Ämter bekleideten.
  • Die Aktion war eingebettet in vielfältige andere Aktionen. Beispielsweise gab es Störaktionen bei öffentlichen Auftritten von Poliker*innen mit NS-Vergangenheit. Auch die Gerichtsverhandlungen wurden sehr aufmerksam medial verfolgt.

Das Sitzenbleiben von Rosa Parks im Bus war zwar nicht gewalttätig, aber illegal. Sie wurde wegen Störung der öffentlichen Ruhe zu einer Geldstrafe vorurteilt.

Eine gewalttätige Aktion, die fest in unserer Kultur des sogenannten christlichen Abendlandes verankert ist, ist Jesus, wie er zornig und aggressiv die Händler und Geldwechsler aus einem Tempel in Jerusalem verjagt haben soll. Von heutigen Boulevardmagazinen und Rechtsaußenpolitiker*innen wären Jesus und seine Jüngernschaft damit vielleicht als Glaubens-RAF bezeichnet worden.

Kurzum: Illegale und zu einem gewissen Grad gewalttätige Aktionen haben sich in der Vergangenheit bewährt und unsere Kultur und Gesellschaft weiterentwickelt. So wie Gewaltfreiheit und Legalität aber keine Qualitätsmerkmale sind, so sind auch Gewalt und Illegalität keine Qualitätsmerkmale. Als Kriterien spielen sie für die Einordnung von Aktionen in gelungene und schlechte Aktionen keine wesentliche Rolle.

Kooperation innerhalb ziviler Bewegungen

Neben den fünf wesentlichen Qualitätsmerkmalen ist eine weitere Botschaft des Vortrags, dass unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Methoden nicht gegeneinander arbeiten und sich nicht gegeneinander abgrenzen sollten. Nur eine Art von Maßnahmen allein erzeugt noch keinen gesellschaftlichen Wandel. Jörg Bergstedt bezeichnete es als Energieverschwendung, coole Konzepte zu entwicklen, die dann in Schubladen landen. Es braucht das Zusammenspiel von provokanten Aktionen mit anderen aktivistischen, journalistischen, künstlerischen und juristischen Maßnahmen.

Als Beispiel führte er die Verkehrswende in Gießen aus. Dort war von Aktivist*innen ein geeignetes Verkehrswendekonzept entwickelt worden. Anschließend verhalfen provokante Aktionen diesem Konzept zur Umsetzung. Diesen Sommer soll es soweit sein. Zwei der vierspurigen Ringstraße um die Innenstadt sollen zu einer Fahrradstraße umgebaut werden. Für Autofahrer*innen wird der Ring zu einer zweispurigen Einbahnstraße. Die Innenstadt im Inneren des Ringes wird autoarm. Wie die Fahrradstraße einmal aussehen soll, konnten sich die Gießener*innen bereits ansehen, als der gewünschte Zielzustand im Rahmen einer Demonstration für einige Stunden hergestellt wurde.

Dank Glück zum Erfolg

Manchmal basiert die Aufmerksamkeit und der Erfolg einer provokanten Aktion einzig auf Glück – beispielsweise auf dem Glück gesehen zu werden oder auf dem Glück eine geeignete Gegenreaktion auszulösen.

Rosa Parks wäre heute nicht die bekannte Ikone der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, wenn der Busfahrer nicht derart ausgerastet wäre und die Polizei gerufen hätte.

Greta Thunberg könnte noch heute unbekannt neben dem schwedischen Parlament sitzen, wenn sie von den Medien ignoriert worden wäre. Die Empörung darüber, was diesen Jugendlichen nur einfällt, die Schule zu schwänzen anstatt brav in der Schule den Untergang der Zivilisation abzuwarten, verlieh der ‚Fridays for Future‘-Bewegung Bekanntheit und Popularität.

Ein weiteres Beispiel sind die Jugendlichen, die am 17. Juni 1953 in der Leipziger Straße in Dresden Steine auf sowjetische Panzer warfen. Ein Steinwurf ist ein Akt der Verzweiflung, wenn man keine andere Möglichkeit mehr hat, um sich auszudrücken. Nebenbei ist er gewalttätig und illegal, aber das ist für die Einordnung wie gesagt eher unwichtig. Steine auf einen Panzer zu werfen, ist dazu noch sehr gefährlich. Eine dumme und verzweifelte Aktion wäre das gewesen, wenn nicht hinter diesen Jugendlichen ein Fotograf gestanden hätte. So gilt das Bild des Steinwurfs heute als geradezu ikonisches Beispiel des Widerstands der DDR-Bevölkerung.

All diesen Aktionen gemeinsam ist, dass eine Portion Glück dazu führte, dass sie überhaupt heute vielen Menschen ein Begriff sind. Allerdings will man sich bei seinen eigenen Aktionen nicht auf Glück verlassen müssen.

Geschichte provokanter Aktionen in Deutschland

Jörg Bergstedt gab in seinem Vortrag einen kleinen Überblick über die Geschichte provokanter Aktionen in der Bundesrepublik. Besonders wichtig war ihm dabei der Kampf gegen den Anbau genetisch veränderter Lebensmittel, der von 1992 bis 2012 lief und an dem Jörg Bergstedt selbst aktiv teilgenommen hatte. Ursprünglich als aussichtsloser Kampf gegen eine milliardenschwere Industrielobby begonnen, führten die Proteste letztendlich zu einem Verbot des Anbaus genetisch veränderter Pflanzen in Deutschland.

Die Aktionen verliefen dabei nicht immer nur friedfertig. Die Zerstörung von Feldern mit genetisch veränderten Pflanzen war Teil der Proteste, ebenso wie Feldbesetzungen vor der Aussaat und Dialoge mit Vertreter*innen aus Politik und Industrie. Zum Erfolg trug damals bei, dass unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Methoden nicht gegeneinander sondern gemeinsam auf das selbe Ziel hin arbeiteten. Es war ein breiter Blumenstrauß an unterschiedlichen Maßnahmen und unterschiedlichen Aktionen, die ihrerseits unterschiedliche Zielgruppen in der Bevölkerung ansprachen, was letztendlich zum Erfolg führte. Da konnten die Umweltverbände mit der Industrie reden und sich darauf verlassen, dass, wenn die Industrie versuchte, Tatsachen zu schaffen, diese Tatsachen in umgegrabenen Feldern endeten. Auch die letzten schwer bewachten Genfelder wurden überwältigt. In der Endphase dienten einige Felder mit vermeintlich genetisch veränderten Pflanzen dann nicht mehr der Forschung, sondern waren Fallen des BKA, um mit eher beschaulichem Erfolg zu versuchen, Aktivist*innen bei der Zerstörung der Felder zu erwischen. Jörg Bergstedt erzählte, wie sich die Gerichtsverfahren noch Jahre nach dem Verbot des Anbaus hinzogen und schließlich einige der spektakulärsten Fälle von Feldzerstörungen in Freisprüchen aufgrund von gerechtfertigtem Notstand nach § 34 StGB mündeten.

Damals im Kampf gegen den Freilandanbau genetisch veränderter Pflanzen wurden Erfahrungen gesammelt, die später anderen Bewegungen, wie beispielsweise der Besetzung des Hambacher Forstes, zu Gute kamen. Doch auch die Polizei entwickelt sich weiter. Lützerath hat gezeigt, wie effizient die Polizei inzwischen Besetzungen und Tripods räumen kann. Aufgabe der Aktivist*innen ist es daher, ständig neue und kreative Formen des Protests zu entwickeln.

Ein kurzer Moment nostalgischer Freude kam bei einigen Zuschauer*innen auf, als in den Vortragsfolien auf einem Symbolbild für Waldbesetzungen – konkret einem Bild aus dem Altdorfer Wald (Alti) – zufälligerweise Dieter zu sehen war. Das kleine rosarote elchartige Maskottchen aus Kunststoff begleitete das Klimacamp für einige Zeit und besuchte auch verschiedene andere klimaaktivistische Projekte wie den Alti.
Das linke Bild zeigt Dieter, ein Gummihüpftier, wie er mit einem Grinsen im Gesicht am Klimacamp trommelt. Oben in der Mitte steht Dieter vor einem Baumhaus in einer Waldbesetzung. Oben rechts zeigt Dieter vor einer Absperrung, welche von Polizist*innen in Kampfmontur bewacht werden. Unten zeigt Dieter, wie er vor einem Wald unerschrocken mit Maske auf einem „Lebensgefahr! Betreten strengstens untersagt!“-Schild sitzt.
Dieter, selbst ein Produkt unserer Konsumgesellschaft, engagierte sich aktivistisch gegen Missstände in unserer Gesellschaft und insbesondere im Klimagerechtigkeitsaktivismus. Dabei hatte er stets Lächeln im Gesicht und verbreitete allerorts eine positive Stimmung.
Seit etwa einem Jahr wird Dieter vermisst. :‘-(

Ebenfalls Teil des Vortrags waren die Besetzung des Hambacher Forstes (Hambi), die Besetzung des Dannröder Forstes (Danni), die Besetzung von Lützerath (Lützi) wie auch die Protestaktionen rund um die Automobilausstellung IAA 2021 in München. Der Grund, warum Jörg Bergstedt überhaupt an diesem Tag in Bayern war, war eine Verhandlung gegen Aktivist*innen bei den IAA-Protesten, der am 27.03.2023 in Freising stattfinden würde.

Bei der Besprechung dieser verschiedenen Aktionen wurde jeweils aufgezeigt, nach welchen Qualitätsmerkmalen die jeweiligen Aktionen als gelungen zählen können und was nicht so gut lief. Jörg erzählte, wie betroffene Anwohner*innen zunächst entsetzt und deprimiert vor der Absperrung standen, hinter der ihr geliebter Dannröder Wald gerodet wurde. Nach einer Motivationsrede organisierten sie wenig später selbstständig Proteste in umliegenden Ortschaften und eine Gruppe von robusten Rentner*innen begab sich täglich zum Protest in den Wald. Es stellte sich ein solidarisches Miteinander ein. Die provokanten Aktionen der Waldbesetzer*innen hatten hier wahrscheinlich einen motivierenden Effekt, die gemeinsame Entrüstung über die Fällungen einen zusammenschweißenden Effekt.

Die Kämpfe für mehr Gleichberechtigung, gegen den Anbau genetisch veränderter Lebensmittel und gegen Atomkraft zogen sich über Jahrzehnte hin, sie veränderten aber die Gesellschaft und hatten letztendlich Erfolg. Provokante Aktionen waren ein wichtiger Baustein dieser Erfolge.

Selbstverständlich wurde in der Diskussion auch auf die Fortsetzung der Geschichte provokanter Aktionen und die Klimagerechtigkeitsbewegung in Augsburg eingegangen. Anstatt die Ideen hier niederzuschreiben, würden wir sie aber viel lieber vorführen.

Dienstag 21.03.2023 – Tag 994

Klimagerechtigkeits-Demo am Rathausplatz

Der letzte IPCC Bericht (der letzte vor 2030!) von gestern(!) hat gezeigt, dass Handeln nötig ist! Die Klimakrise ist real.

Wir demonstrieren für Klimagerechtigkeit 🔥💚 mit Demozug zum Dom :)

Ort: Rathausplatz
Zeit: 17 Uhr

Anmerkung: Wir haben den Bericht auch auf unserer Webseite unter Weltklimaberichte verlinkt.

Mittwoch 08.03.2023 – Tag 981

Angesichts des internationalen Frauentags veranstaltet das Feministische Streikkomittee an diesem Tag von 17 Uhr bis 19 Uhr auf dem Rathausplatz eine Demo und Kundgebung.

Das feministische Streikkomittee wurde, wie auch klimagerechtigkeitsaktivistische Gruppen in Augsburg, Opfer von juristischen Verfahren, die dazu geeignet sind, Furcht vor dem Wahrnehmen der eigenen Versammlungsfreiheit zu schüren.

Anmerkungen

Bis etwa 20:30 wurde auf dem Rathausplatz getanzt und geredet. Essen gab es von der überregional bekannten Augsburger Soliküche. Chana Masala (Kichererbsen mit Reis und Masala-Soße) wurde serviert. Manche Menschen erinnern sich noch an das große Lastenrad, welches Demonstrationen der Klimagerechtigkeitsbewegung begleitete und oft am Klimacamp zu sehen war. Dieses leistete seinen ersten Einsatz, nachdem es in den letzten Monaten komplett auseinander genommen und wieder zusammen geschraubt worden war, indem es bei der Veranstaltung als Multimediaplattform agierte und die Soundtechnik wie auch LED-Beleuchtung bot. Hier wird das Lastenrad mit violetter LED-Beleuchtung von schräg Vornen gezeigt. Allein auf der Vorderseite wird das Lastenrad von drei Fahrradreifen getragen. Auf dem Lastenrad steht etwas Technik sowie ein großer Teleskoparm, der mehrere große Lautsprecher höher als die Köpfe der umstehenden Menschen trägt. Im Hintergrund werden Menschen, der Rathausplatz und Teile des Rathauses gezeigt. Das Bild wurde in Dunkelheit kurz nach 20 Uhr augenommen.

Montag 06.03.2023 – Tag 979

An diesem Tag fand ein wichtiges Gerichtsverfahren zur Besetzung der Regierung von Schwaben statt. Interessanterweise wurde das Framing des Klimacamps – die Bezeichnung der Aktion als „Besetzung“ – ohne Widerspruch vom Gericht übernommen. Da weder ein Büro betreten wurde, noch sonderlich die reguläre Arbeit der Behörde beeinträchtigt wurde, hätte man die Aktion auch Kleinreden können. Besetzung klingt aber deutlich besser als „zwei Personen saßen an einem Fenster und eine Person hing mit Pappschild in der Hand an einer Wand“. Wir fragen uns aber auch, ob das Bild, welches das Wort „Besetzung“ in den Köpfen von Staatsanwältin und Richterin auslöst, Einfluss auf die Schwere des Strafmaßes hatte.

Es gab nur grob 20 Sitzplätze für Prozessbeobachter*innen. Manche Menschen warteten vor dem Saal, bis ein Platz frei wurde. Mehrere der Sitzplätze waren auch durch Kriminalbeamt*innen in zivil belegt. Das fiel spätestens dann auf, als bei einem Kriminalbeamten das Handy klingelte.

Während des fast fünfstündigen Verfahrens war den Zuhörer*innen die Mitnahme nahezu sämtlicher Gegenstände, insbesondere von elektronischen Geräten wie Handys aber auch jegliche Schreibutensilien, untersagt worden. Einige Ausnahmen gab es für Vertreter*innen der Presse, für die aber nur vier Sitzplätze reserviert waren. Begründet wurden die Maßnahmen mit der Gefahr, dass Gegenstände geworfen oder als Waffen verwendet werden könnten. Diese Einschränkungen drücken eine gewisse Voreingenommenheit gegenüber Klimagerechtigkeitsaktivist*innen aus. Unsinnig waren die Regeln auch, weil wir in alter Tradition unsere Schuhe hätten werfen können. Der Schuhwurf 2008 auf George W. Bush hat seine Bekanntheit bis heute beibehalten. Allerdings hatte niemand von uns vor, etwas zu werfen. So eine Wurfaktion wäre total unsinnig und würde die positiven Pressereaktionen, auf die der angeklagte Aktivist mit seiner Verteidigung so sehr hingearbeitet hat, überschatten. Die sogenannten „Sicherheitsmaßnahmen“ waren vor allem eine Einschränkung in unseren Möglichkeiten das Verfahren zu dokumentieren. Wenn sich also jemand in diesem Bericht falsch wiedergegeben fühlt, dann hat diese Person sich beim Gericht beziehungsweise der Richterin zu beschweren. Wir tun unser Bestes, um aus unserer Sicht relevanten Teile des Verfahrens inhaltlich korrekt wiederzugeben, müssen uns aufgrund ihrer Auflagen aber auf unsere Gedächtnisse verlassen.

Etwa ein dutzend Klimagerechtigkeitsaktivist*innen waren da, aus Interesse an dem Fall, um dem angeklagten Menschen Beistand zu leisten und auch um den Prozess zu beobachten und später von ihm berichten zu können. Dem angeklagten Aktivisten, der sich selbst verteidigte, wurde die Benutzung eines Laptops untersagt. Aufgrund dieser Einschränkungen, sowohl für die Prozessbeobachter*innen als auch für sich selbst, stellte die angeklagte Person einen Befangenheitsantrag. Dieser wurde jedoch abgelehnt.

Im Übrigen möchten wir darauf hinweisen, dass es in den meisten Fällen keine gute Idee ist, sich vor Gericht selbst zu verteidigen. Wenn man sich unsicher ist, ob es eine gute Idee ist, dann ist es keine gute Idee. Also: In euren eigenen Gerichtsverfahren nicht nachmachen! Holt euch kompetente juristische Unterstützung und lasst euch vertreten!

Nur vier Sitzplätze reserviert für die Presse. Das unmöglich Machen es Mitschreibens für andere Prozessbeobachter*innen. Mehrere Sitzplätze belegt durch Kriminalbeamt*innen. Insgesamt erweckte das den Eindruck, als wollte man die Öffentlichkeit in diesem Prozess auf das gesetzlich vorgeschriebene Mindestmaß herunterdrücken. Beim Gerichtsverfahren zu Pissegate war ein deutlich größerer Sitzungssaal mit viel mehr Plätzen für Prozessbeobachter*innen verwendet worden. Damals war die Zuschauerzahl so gering, weil sich aufgrund der Sicherheitsmaßnahmen und eines kaputten Röntgengeräts der Einlass über die Dauer des Verfahrens hinaus zog. Das Röntgengerät funktioniert nun wieder und die Saalgröße sowie an Kriminalbeamt*innen vergebene Sitzplätze waren der limitierende Faktor.

Die Kriminalbeamt*innen saßen nicht als Gruppe zusammen, sondern saßen vereinzelt zwischen den übrigen Prozessbeobachter*innen. Lediglich für Pressevertreter*innen mit Presseausweis waren Ausnahmen von den Einschränkungen für Zuhörer*innen definiert worden. Insofern wäre das ein Verstoß gegen die schriftlich festgeschriebenen Regeln der Versammlung gewesen, dass Kriminalbeamt*innen, die ja offensichtlich Plätze für Zuhörer*innen belegten und Zuhörer*innen waren, Schreibuntensilien und Handys dabei hatten. Zu ihnen hieß es in der Beschreibung der Sicherheitsmaßnahmen nur, dass sie an der Einlasskontrolle nicht zu kontrollieren seien, nicht aber, dass für sie die gleichen oder sogar weitreichendere Ausnahmen als für die Presse gelten würden.

Ein Verstoß dagegen wurde offensichtlich, als bei einem Kriminalbeamten das Handy klingelte. Wenn ein*e Versammlungsleiter*in bei der Wahrnehmung des hohen Rechtsguts einer Versammlung sich einen derartigen Lapsus im Kleingedruckten der Versammlungsauflagen geleistet hätte, würde die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe auf Bewährung fordern und das Gericht ein Urteil mit erheblichen finanziellen Kosten für die Versammlungsleitung fällen. So war es bei Pissegate, so war es bei dem Verfahren an diesem Tag. Hier hat der Kriminalbeamte nicht das hohe Rechtsgut einer Versammlung wahrgenommen, sondern lediglich einen Prozess beobachtet, und er hatte nicht gegen durch ein Ordnungsamt ausgestellte Versammlungsauflagen, welche gewöhnlich recht mittelmäßig sind und in Teilen einer juristischen Prüfung nicht stand halten, verstoßen, sondern gegen eine richterliche Anordnung zum Prozessverlauf. War der Kriminalbeamte also in Schwierigkeiten? Als das Handy klingelte, brachte der angeklagte Aktivist das kurz zur Sprache, aber die Richterin tolerierte diesen Verstoß und erlaubte das Handy gar. Wir finden das empörend. Festgeschriebene Regeln scheinen im Amtsgericht Augsburg nicht für alle Menschen gleich zu gelten und politischer Aktivismus wird in Augsburg nach unseren Erfahrungen aus vergangenen Verfahren besonders hart angegangen. „Frech!“ fast es noch nicht einmal ansatzweise zusammen.

Des Weiteren halten wir die Einteilung in Presse und Nicht-Presse für aus der Zeit gefallen. Es gibt diese klare Trennung nicht mehr, sondern einen fließenden Übergang. Viele Menschen betätigen sich als Blogger, manche hauptberuflich, manche nebenberuflich, andere in ihrer Freizeit. Auch diese Webseite kann als Presseerzeugnis aufgefasst werden. Im Tagebuch berichten wir ähnlich einer Tageszeitung über einzelne Events und Vorfälle. Unter Pressemitteilungen drucken wir als Webseite Klimacamp, wie andere Nachrichtenwebseiten auch, Pressemitteilungen ab, welche die Versammlung Klimacamp uns Medien zuspielt. Im Programm weisen wir wie viele Lokalzeitungen auf anstehende aktivistische wie auch kulturelle Events hin. Ähnlich einem Magazin beherbergt die Webseite Artikel, die gewisse Themen unabhängig von tagesaktuellen Ereignissen in einer gewissen Tiefe und mit einem gewissen Anspruch aufarbeiten und den Leser*innen vermitteln. Die Position, das wir Aktivist*innen, die wir diese Webseite pflegen, keine Pressearbeit leisten würden, ist nicht haltbar. Ist die Behinderung unserer Dokumentation des Verfahrens dann nicht ein Eingriff in die Pressefreiheit?

Trotz der Einschränkungen bezüglich Schreibuntensilien haben wir im Nachgang eine ganze Reihe von interessanten, unfreiwillig lustigen aber auch empörenden Momenten aus dem Verfahren zusammenschreiben können. Da es sich nicht um einen Freispruch handelt, wird das Urteil nicht akzeptiert sondern Berufung eingelegt werden. Zum genauen Inhalt des Verfahrens, den Zeug*innenbefragungen und dem Verlauf des Verfahrens aus Sicht des Klimacamps werden wir uns zu einem späteren Zeitpunkt äußern. Noch hatten wir keine Gelegenheit für eine ausführliche Rücksprache mit dem angeklagten Menschen. Allerdings laden wir dazu ein, die breite Medienberichterstattung über das Verfahren zu nutzen, um über die Inhalte des Prozesses aus Perspektive der Medien zu lesen.

Dieser Tagebucheintrag befindet sich noch in Arbeit. Weitere Änderungen in den nächsten paar Tagen sind sehr wahrscheinlich.

Sonntag 05.03.2023 – Tag 978

Fahrraddemo über die A8

Start: Am Rathausplatz
Startzeit: 14:00 Uhr
Link: Veranstaltung bei Wald statt Asphalt
Zubringerdemos: Auch Zubringerdemos aus den Stadtteilen, wie Neusäß und dem Süden Haunstettens, sind in Planung. Der Terminplan von Verkehrswende Augsburg hat die aktuellsten Infos zu den Zubringerdemos, inklusive konkreter Abfahrtsorte und -zeiten.

Aktuelles Update

Die Stadt behauptete, für die 2 km kurze Raddemo sei eine mehr als sechsstündige Vollsperrung der A8 nötig. (Das ist mehr genug Zeit um den Streckenabschnitt zwölf Mal gemütlich zu Fuß abzulaufen!) Unter diesem Vorwand verbot sie das A8-Teilstück. Wir zogen vor Gericht und erreichten einen wichtigen Etappensieg: Das Gericht bestätigte, dass Radldemos auf Autobahnen auch in Bayern grundsätzlich möglich sind. Im städtischen Bescheid wurde das an mehreren Stellen kategorisch ausgeschlossen. Leider nahm das Gericht der Stadt die Sechs-und-mehr-Stunden-Sperrung ab, und befand das Vorhaben daher für unverhältnismäßig.

Auch aufgrund unserer bisherigen Erfahrungen mit Fahrraddemos auf der B17 – so am 6. Juni 2021, am 11. Juli 2021, am 27. März 2022, am 13. Juli 2022 und am 21. September 2022 – finden wir die Behauptung einer sechstündigen Sperrung bei bestem Willen nicht nachvollziehbar.

Die Demo findet an diesem Sonntag trotzdem statt, dann aber mit einer Route, die über und unter der A8 verläuft, aber nicht auf. Das Kostenrisiko für den Zug in die nächste Instanz ist angesichts der Tatsache, dass wir bis morgen (= Freitag) nicht behördliche Protokolle aus anderen Städten zu genauen Sperrzeiten bekommen, zu hoch.

Wir demonstrieren trotzdem, nur leider dieses Mal noch nicht mit einer Fahrt auf der A8. Wir demonstrieren für eine echte Mobilitätswende, für ein generelles Tempolimit und gegen den weiteren Ausbau von Autobahnen.

Der nächste Anlauf mit A8-Anteil steckt schon in den Vorbereitungen.

Hintergründe

Mehrfach haben wir es bereits versucht. An diesem Sonntag sollte es endlich soweit sein. Wir wollten eine Fahrraddemo über die Bundesautobahn A8 machen. Nein, wir wollten nicht einfach per Brücke die Autobahn kreuzen, sondern etwa zwei Kilometer mit Fahrrädern auf der Autobahn fahren. (Ursprünglich hieß es hier, dass die Route vier Kilometer auf der A8 verläuft. Die spätere Routenplanung sah jedoch nur noch 2,2 Kilometer auf der A8 vor.)

Die Fahrraddemo wäre zirka 8 Minuten über die A8 verlaufen, weit außerhalb der Berufsverkehrzeiten. Anders als beispielweise eine unangemeldete Aktion mit Bannern und/oder Bandschlingen von einer Autobahnbrücke – wie sie beispielsweise zur Automesse IAA in München stattfanden und zur Sperrung von Autobahnen, darunter auch der A8, führten – ist eine angemeldete Fahrraddemo auf einer Autobahn bürgernah, familienfreundlich und lädt Jung und Alt zum Mitmachen ein. Die Dauer ist von vorn herein abzusehen. Sogar die Betreiber von Navigationsgeräten, sofern sie auf Zack sind, können Informationen über so eine Fahrraddemo frühzeitig in die Routenberechnung einfließen lassen.

Da die Frage aufkam, warum es eine Fahrrademo über eine Bundesautobahn sein muss: Die Demonstration richtet sich gegen die Blockade durch das Bundesverkehrsministerium und den Bundesverkehrsminister, welcher keine ernsthaften Anstalten zu machen scheint, die Sektorziele seines Ressorts beim Klimaschutz erfüllen zu wollen. Dessen Aufmerksamkeit erlangt man nicht durch ein Straßenfest auf der Karlstraße und eine Demo in der Hallstraße.

Unsere Fahrraddemonstration wie auch der Globalstreik sind Teil eines bundesweiten Aktionswochenendes vom 3. bis zum 5. März, an dem sich unter anderem FFF, die Gewerkschaft ver.di und Wald statt Asphalt mit verschiedenen Aktionen beteiligen.

  • FFF-Deutschland ruft zum Streiken auf, um für ein Ende der Blockade bei der Mobilitätswende – konkret für besserer Arbeitsbedingungen im ÖPNV und einen Ausbaustopp für Autobahnen – und eine Beschleunigung der Energiewende Druck auf die Bundesregierung aufzubauen. Die Regierung wird aufgefordert endlich eine Politik zu verfolgen, die mit dem Pariser Klimaabkommen im Einklang steht. Es kann keine weiteren Kompromisse geben. Das Pariser Klimaabkommen ist bereits der Kompromiss.
  • ver.di legt besonders viel Wert auf bessere Arbeitsbedingungen im ÖPNV und mehr Geld für eine beschleunigte Mobilitätswende.
  • Wald statt Asphalt demonstriert gegen die Pläne der FDP, denn Autobahnausbau- und neubau zu beschleunigen, was auch auf Kosten von Umweltverträglichkeitsprüfungen der Autobahnprojekte gehen würde.

Wer Straßen säht, wird Verkehr ernten!

Das Bild zeigt eine Fahrraddemo auf einer autobahnähnlich ausebauten Straße, möglicherweise der B17. Im Gegenverkehr stehen die Autos im Stau, während in die eigene Rchtung auf beiden Spuren Radfahrer*innen unterwegs sind. Oben steht „Raddemo über die A8 für eine echte Mobilitätswende, für ein generelles Tempolimit, egen weiteren Ausbau von Autobahnen“. Unten steht: „5. März, 14:00 Uhr Rathausplatz“

Ablauf

Das Wetter war bewölkt und es war sehr kühl, aber es regnete nicht und mit warmer Kleidung war es eine sehr schöne Demo. Eine recht kleine Zubringerdemo aus Haunstetten brachte eine Hand voll Teilnehmer*innen zum Rathausplatz. Dort sammelte sich der Hauptteil der Demonstration. Nach einigen Reden und Terminankündigungen ging es gegen 14:20 los. Der erste Versuch einer Zählung ergab zu diesem Zeitpunkt 150 bis 170 Fahrräder und fahrradähnliche Konstruktion. Die tatsächliche Anzahl an Teilnehmer*innen war etwas höher, da einige Gefährte zwei Personen transportierten.

Unterwegs wurde dann noch die Zubringerdemo aus Neusäß aufgelesen. Eine spätere Zählung ergab dann etwa 200 Menschen, ziemlich sicher über 185. Viel später außerhalb der Stadt wurden dann mal nur noch etwa 167 Fahrräder gezählt, wohl weil vor allem Familien mit Kindern nicht die gesamte Route auf sich nahmen. Aus Demos kann man sich ohne Probleme ausklinken oder auch nachträglich zu ihnen dazustoßen. Wenn ihr also unterwegs mal eine Demo seht, deren Forderungen ihr gut findet, und gerade Zeit habt, dann schließt euch doch einfach spontan der Demo an.

Demonstrationsteilnehmer*innen fahren nördlich der A8 auf einer Straße nahe Derching. Man erkennt eine Fahne, die auf den bayerischen Radentscheid wirbt, Pappschilder, welches auf eine anstehende Sternfahrt nach München verweist, und ein „KEINE NEUEN AUTOBAHNEN“-Schild.

Mit der Zahl sind wir angesichts der Enttäuschung darüber, dass die Demonstration nicht auf der A8 verlaufen durfte, ganz zufrieden. Es gab Feedback, dass die Demo nicht ausreichend im klimagerechtigkeitsaktivistischen Gruppen jenseits von Verkehrswende Augsburg und Klimacamp beworben wurde. Dies wollen wir bei in Zukunft besser machen, indem wir die stärkere Vernetzung mit anderen Gruppen wieder aufleben lassen.

Die Absicherung durch die Polizei war besser als beim Globalstreik am Freitag zuvor. Trotzdem mussten einige Kreuzungen und Einfahrten von Ordner*innen abgesichert werden. Gerade als die Demo wieder in der Stadt unterwegs zum Rathausplatz war, zeigten sich einige Lücken in der Absicherung. Es standen nicht genug Polizist*innen für eine vollständige lückenlose verkehrstechnische Absicherung der Demonstration zur Verfügung, wurde uns gesagt. Interessanterweise gab es noch eine zweite Gruppen der Polizei, deren Auftrag nicht die verkehrstechnische Absicherung der Demo war. Was genau ihr Auftrag war, wurde uns nicht gesagt, aber wir können es uns denken. Als sich die Demo auf der Mühlhauser Straße alias B2 der Brücke über die A8 näherte, wunderten wir uns, dass die Auffahrt auf die A8 von einem ungewöhnlich großen Polizeifahrzeug, dahinter mehrere Einsatzwägen und zwischendrin wie auch auf dem Grasabschnitt rund herum fast einem dutzend Polizist*innen abgesichert wurde. Eine bunte Gruppe an Fahrradfahrer*innen fährt der Auffahrt auf die A8 vorbei. Quer auf der Auffahrt steht ein großes lastwagenartiges Fahrzeug der Polizei. Davor befinden sich Polizist*innen, zum Teil auf Fahrrädern. Rechts neben dem Fahrzeug sieht man im Hintergrund zwischen einigen Bäumen die Autobahn und vereinzelte Fahrzeuge. Es handelte sich um eine Auffahrt auf die Autobahn! Es ist unwahrscheinlich, dass ein*e Geisterfahrer*in dort die Auffahrt hochgefahren kommt und in die Demo einbricht. Doch der Auftrag war nicht die Absicherung der Demonstration. Der Auftrag scheint die Absicherung der A8 gewesen zu sein. Kurz später auf der Abfahrt von der A8 stand nur ein Einsatzwagen. Auf der Brücke selbst war nicht nur unsere zweispurige Fahrbahn sondern auch die zwei Gegenspuren abgesperrt. Die Gegenfahrbahn diente als Parkplatz für weitere Einsätzwägen. Links und rechts entlang der Brücke standen Polizist*innen. Auch auf der anderen Seite der Brücke waren die Abfahrt und Zufahrt zur A8 stark von der Polizei bewacht. Da waren sicher zehn bis zwanzig oder mehr Streifenwagen nur zur Absicherung der Brücke und der Auf- und Abfahrten. Während wir dann parallel zur A8 fuhren, waren auf den Feldwegen zwischen uns und der A8 weitere einzelne Einsatzwägen und in den Lücken zwischen diesen standen im Abstand von einigen dutzend Metern einzelne Polizist*innen. Das Schauspiel zog sich über Kilometer. Jede Abzweigung von unserer Straße in Richtung der A8 – wenn es auch nur ein Feldweg war – war mit mindestens einem Einsatzwagen gesichert. In Summe war mindestens eine mittlere zweistellige Anzahl an Einsatzwägen verteilt über die Landschaft im Umfeld unserer Fahrraddemo im Einsatz. Das ist deutlich mehr als man für eine kurzfristig Sperrung der A8 brauchen würde. Die Erkenntnis für uns ist: Großräumies Abriegeln verursacht mehr Aufwand bei der Polizei als ein Geleiten der Demonstration auf der A8.

Belustigt fuhren wir an dieser Polizeiparade vorbei. Es gab keinerlei Pläne von der vorgesehenen Demoroute abzuweichen. Der Gedanke, jemand könnte mit Fahrrädern auf eine nicht abgesperrte Autobahn fahren, ist uns überhaupt erst gekommen, als wir das massive Polizeiaufgebot dort sahen. Sich mit dem Fahrrad oder zu Fuß auf eine nicht gesperrte Autobahn zu begeben wäre blanker Wahnsinn. Autobahnen sind Todeszonen, zumindest bis man sie absperrt oder erhebliche Geschwindigkeitsbeschränkungen einführt. Dass jemand es für eine Möglichkeit hielt, dass einige von uns mit unseren Fahrrädern von der abgemachten Demoroute auf eine befahrene Autobahn fahren würden, entlarvt eine gewisse Paranoia und erhebliche Unkenntnis über die Methodik von Augsburgs Klimagerechtigskeitsbewegung. Die Vorstellungen und Weltbilder, auf denen diese Paranoia beruht, könnte eigentlich zum Lachen sein. Nicht zum Lachen ist es natürlich, wenn derartige Vorstellungen unter Polizist*innen dann dazu führen, dass politisch aktive Jugendliche wie Terrorist*innen behandelt werden, wie es am 1. März 2023 geschehen war.

Die Polizeipräsenz auf der Autobahnbrücke können wir etwas verstehen. Schließlich kam es schon vor, beispielsweise im Kontext der IAA, das Autobahnbrücken besetzt wurden, um an ihnen Banner aufzuhängen und Aktivist*innen an Bandschlingen über der Autobahn baumelten. (Das ist übrigens kein „Abseilen von Autobahnbrücken“, wird aber häufig fälschlicherweise so bezeichnet. Die Konstruktionen sind üblicherweise extra darauf ausgelegt, dass man mit ihnen nicht in den Fahrbahnbereich gelangen kann, sich also gar nicht abseilen kann.) So eine Brückenbesetzung mit über der Fahrbahn baumelnden Aktivisti wäre vermutlich auch sehr gut dazu geeignet, um zu beweisen, dass eine Sperrung der A8 nicht sechs oder mehr Stunden in Anspruch nimmt. Allerdings hatten wir auch das nicht vor. Wir hatten eine fröhliche, familienfreundliche Fahrrademo angekündigt, uns auf diese gefreut und vor, diese wie geplant durchzuführen.

Bitte nicht falsch verstehen. Es ist unser Ziel, auf die A8 drauf zu kommen und sie als legitimes Mittel unseres Protests zu verwenden. Der Plan, mit dem wir dieses Ziel aktuell verfolgen, ist aber, wie wir auch öffentlich angekündigt haben, dass wir in ein paar Wochen oder Monaten einen neuen Anlauf starten, eine Fahrraddemo auf der A8 anmelden und vor Gericht nachweisen, dass die Behauptungen der Notwendigkeit einer sechsstündigen Sperrung Unfug sind. Der Autobahnabschnitt ist deshalb ein legitimes Mittel des Protests, weil wir gegen Politik des Bundesverkehrsministeriums in Bezug auf Autobahnen demonstrieren. In anderen Bundesländern sind Fahrraddemos auf Autobahnen Gang und Gebe. Das CSU-regierte Bayern hängt hier, wie auch bei der Energiewende, wieder mal ein deutliches Stück zurück.

Eine Abzweigung nahe Friedberg: Drei Einsatzwägen bewachen eine Abzweigung in Richtung A8. Zwischen den Einsatzwägen stehen mindestens vier Polizist*innen und beäugen die an ihnen vorbei fahrende Fahrraddemo. In den Einsatzwägen sind weitere Polizist*innen zu erkennen.

Wenn man mal so darüber nachdenkt: So eine Brückenbesetzung dürfte im Kontext einer angemeldeten Demonstration, wenn man sowieso bereits von der Polizei begleitet wird, auch gar nicht so leicht sein. Es braucht ja Zeit, bis die Banner und Aktivist*innen in Position sind. Tatsächlich ist es wahrscheinlich leichter, so eine Brückenbesetzung durchzuführen, wenn gerade keine Demonstration darüber stattfindet und erst recht zu einem Zeitpunkt, wenn niemand es erwartet. Daher könnte eine unverbindliche Empfehlung an die Polizei lauten, die A8 auf voller Länge durch das Gebiet von Augsburg Stadt und Kreis immer dann zu bewachen, wenn wir gerade keine Fahrraddemo in ihrer Nähe durchführen, und vor allem zu regnerischen und/oder besonders kalten Zeiten.

Zurück zum Ablauf der Demo: Unschön war auch, dass in mindestens zwei Fällen die Demonstration gefilmt worden war – oder zumindest Polizist*innen eine Kamera auf die Demonstrationsteilnehmer*innen ausrichteten. Das darf die Polizei unseres Wissens nur zur Dokumentation von Straftaten, die aber auf der Demonstration nicht begangen wurden. Die Vorfälle wurden nach der Demonstration auch gegenüber der Polizei zur Sprache gebracht. In einem Fall habe ein Beamter von einer Brücke eine Smartphoneaufnahme in niedriger Auflösung gemacht, um die Länge des Demonstrationszuges zu ermitteln. Personen sollen darauf nicht zu identifizieren sein, wurde uns von der Polizei versichert. Im einem anderen Fall, kurz vor der Brücke über die A8, sei die hochauflösende Kamera, die plötzlich aus dem Dach eines vorausfahrenden Polizeiautos geguckt hat, angeblich ausgeschaltet gewesen. Auch das ist schon nicht ok und ein Regelverstoß seitens der Polizei, denn das Versammlungsrecht will sicherstellen, dass friedliche Demonstrationsteilnehmer*innen nicht das Gefühl haben, von der Staatsmacht gefilmt zu werden. Es ist erschreckend, mit welchen Verstößen die Polizei durchkommt, während bei Nichtbeachtung einer Versammlungsauflage durch Aktivisti, in Augsburg der Versammlungsleitung leicht mal eine Haftstrafe angedroht und eine Geldstrafe auferlegt wird.

Eine nette Geste war, dass der Einsatzleiter dejenigen Polizist*innen, die mit der verkehrstechnischen Absicherung der Demonstration betraut waren, mit einem Polizeielektroauto unterwegs war. Natürlich sind wir uns bewusst, dass eine reine Elektrifizierung der deutschen Fahrzeugflotte eine sehr schlechte und unpraktikable Versuch wäre, den Verkehrssektor klimaneutral zu machen. Mehr Details dazu gibt es in unserem Artikel zur Mobilitätswende. Hier sei nur schnell gesagt, dass es aus verschiedenen Gründen, dazu zählt auch die Energieeffizienz, eine Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf Schiene und den sonstigen ÖPNV anzustreben ist. Der verbleibende Bedarf an Autos soll natürlich durch Elektroautos abgedeckt werden. Aber es sollte insgesamt ein deutlich geringerer Bedarf an Autos und eine deutlich geringere Anzahl an Autos in Deutschland unterwegs sein. Für Augsburg empfiehlt eine von der Stadt in Auftrag gegebene Studie eine Halbierung des Autoverkehrs. Weniger Autoverkehr und weniger Menschen, die ein Auto besitzen: Das bedeutet auch, dass weniger Menschen, die verreisen, mit dem Auto über die Autobahn unterwegs seien werden. Stattdessen werden sie eher mit dem Zug verreisen und bei Bedarf am Zielort ein Auto leasen. Ein weiterer Ausbau des Autobahnnetzes wäre daher ein Fehler. Wissing verfolgt aber keine echte Verkehrswende. Daher der Protest. Insofern passte das Elektroauto nicht ganz zum Thema der Demonstration, aber es war eine nette Geste seitens der Polizei.

Positiv und gut zu den Forderungen der Demonstration passend fanden wir, dass eine Anzahl Fahrradpolizist*innen mit der Demo mitfuhr, die größer war als wir es gewöhnlich von Fahrraddemos kennen. Es wäre schön, wenn wir irgendwann an den Punkt gelangen könnten, an dem Fahrraddemos ausschließlich von Fahrradpolizist*innen abgesichert und Polizeiautos dort zur Ausnahme werden.

Die Demonstration verlief schließlich durch einen Tunnel unter der A8 und dann über Felder zurück nach Augsburg. In der Nähe des Tunnels war die Polizeipräsenz, vermutlich aufgrund der hohen Lärmschutzwände, welche hier die A8 flankieren, deutlich geringer, aber etwas später zeigten sich wieder Einsatzwägen und Polizist*innen auf den Feldern.

Die Fahrraddemo fährt über eine ländliche Straße auf einen Tunnel unter der A8 zu.

Wirklich großes Publikum hatte die Demonstration vor allem innerorts, also zu Beginn und Ende der Demo. Gerade bei der Wiedereinfahrt in die Stadt haben uns etliche Menschen freundlich zugewunken. Sogar aus einigen wegen uns im Gegenverkehr stehenden Autos, wo es ja einen Grund gegeben hätten, wegen der kurzen Wartezeit ein wenig verstimmt zu sein, wurde uns freundlich zugewunken.

Gegen 15:40 erreichte wieder die Demonstration den Rathausplatz. Nach einigen kurzen Redebeiträgen endete sie dort. Insgesamt war es eine schöne Fahrraddemonstration. Was man beim nächsten Mal besser machen kann?
Zur Polizei: Unterlassen Sie es uns zu filmen und auch nur den Eindruck zu erwecken, Sie würden uns filmen! Bitte überprüfen Sie, ob Sie bei der Absicherung der Demonstration ein wenig nachbessern können.
Zur Route: Das nächste Mal auf der A8.

Nach der Fahrraddemo

Einige Zeit nach dem Ende der Fahrraddemo – tatsächlich war es wahrscheinlich mehr als eine halbe Stunde nach dem Ende der Fahrraddemo, aber mehrere Fahrradfahrer*innen befanden sich noch auf dem Rathausplatz unt unterhielten sich – zog unter massiver Polizeibegleitung eine Demonstration am Klimacamp vorbei, welche ihrem Unmut über die Hausdurchsuchung des OAT vom 1. März Ausdruck verlieh.

Eine antifaschistische Demo zieht vor dem Klimacamp vorbei. In einigem Abstand flankiert wird sie von einer großen Anzahl an Polizist*innen. In der Demo gibt es viele Fahnen mit der Aufschrift „Antifaschistische Aktion“. Auf Bannern an der Seite des dicht an dicht laufenden Demonstrationszuges stehen Sprüche wie „Freiheit für alle politischen Gefangenen“, „#unbeugsam“ und „Kampf der Klassenjustiz“.

Wie auf Nachrichtenseiten inzwischen berichtet wird, behauptet die Polizei im Widerspruch zu den Aussagen der von der Maßnahme betroffenen Menschen, dass die sogenannten „Zeug*innen“, welche durchsucht worden waren und deren Handys beschlagnahmt worden waren, sehr wohl einen Rechtsbeistand hätten anrufen können. Aufgrund der Erfahrungen durch Hausdurchsuchungen von Klimagerechtigkeitsaktivist*innen (Pimmelgate Süd und andere Fälle) sehen wir die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt, den Ausführungen der Augsburger Polizei diesbezüglich glauben zu können.

Freitag 03.03.2023 – Tag 976 – Globaler Klimastreik

Zum globalen Klimastreik wird es in Augsburg eine von FFF-Augsburg organisierte Demo geben.
Ort: Rathausplatz
Zeit: 16 Uhr

Bitte beachtet, dass an diesem Tag auch der Personennahverkehr in Augsburg bestreikt werden wird, um auf die Unterfinanzierung und niedrigen Löhne im ÖPNV aufmerksam zu machen.

FFF-Demos waren für viele von uns der Einstieg in den Klimagerechtigkeitsaktivismus. Leider zeigt sich auch Jahre nach den ersten Demos: Die Regierenden haben die Schwere der Klimakatastrophe noch immer nicht vollständig begriffen. Politik braucht Druck aus der Bevölkerung, damit zeitnah die richtigen Entscheidungen für unser aller Zukunft getroffen werden. Dieser Druck muss stärker werden. Daher freut es uns sehr, dass wir bekannt geben dürfen, dass für den 3. März 2023 ein globaler Globalstreik angesetzt ist.

Beschämt sind wir,

  • dass ein globaler Klimastreik immer noch notwendig ist,
  • dass die Menschheit dieses menschengemachte existenzielle Problem noch nicht mit dem notwendigen Engagement angeht und
  • dass die Wege in die Katastrophe stur weiterverfolgt werden.

Es bleibt bei Lippenbekenntnissen.

  • Welt: Begrenzung der globalen Erwärmung auf möglichst 1,5°C
    Maßnahmen zur Erreichung dieses Zieles? Ungenügend!
  • Augsburg: Festlegung eines Restbudgets von 9,7 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten
    Maßnahmen zur Erreichung dieses Zieles? Ungenügend!

Im Gegenteil wird die Katastrophe mancherorts noch vorangetrieben, indem Wälder und andere Ökosysteme zerstört werden, fossile Infrastruktur mit staatlicher Unterstützung am Leben gehalten wird und umweltfreundliche Alternativen – beispielsweise im öffentlichen Personennahverkehr – durch Preiserhöhungen unattraktiv gemacht werden.

Die Proteste am 3. März fordern die Einhaltung der 1,5°-Grenze und eine konsequente Klimapolitik, die sozial gerecht umgesetzt wird.
Siehe auch: https://fridaysforfuture.de/globaler-klimastreik/

Die Demoroute sieht eine Runde vom Rathausplatz über die Karolinenstraße, die Karlstraße, die Ludwigstraße, die Heilig-Kreuz-Straße und die Klinkertorstraße zum Klinkertorplatz, von dort über die Schätzlerstraße zum Königsplatz und anschließend über die Katharinengasse und die Maximilianstraße zurück zum Rathausplatz vor. Die Karte zeigt die oben beschriebene Route. (Kartenmaterial von openstreetmap.org)

Rückblick zu vergangenen Globalstreiks

Beim letzten globalen Klimastreik im September 2022 haben über tausend Menschen in Augsburg demonstriert.
Vor dem Ausbruch der Pandemie im September 2019 waren es gar über 6.000 Menschen alleine Augsburg. Das Foto des mit Demonstrationsteilnehmer*innen gefüllten Rathausplatzes schaffte es kurzzeitig auf die Hauptseite der deutschsprachigen Wikipedia. Weltweit beteiligten sich damals über 4 bis 7 Millionen Menschen an den Protesten. Seit Pandemiebeginn fallen die Demos etwas kleiner aus.

Nachtrag

Der Streik war ein voller Erfolg. Wir trauen uns kaum das hier zu schreiben, aber noch wenige Tage vor der Demo hatten Einige gedacht, dass vielleicht bei passendem Wetter 500 Teilnehmer*innen zusammenkommen werden. Tatsächlich waren es deutlich mehr. Klimagerechtigkeit ist den Augsburger*innen auch weiterhin ein sehr wichtiges Anliegen.

Die Zählung der Teilnehmer*innen gestaltete sich als ausgesprochen schwierig. Manche Zählungen mussten bei „weit über 1.000“ abgebrochen werden. Auch deutlich über 1.200 aber wahrscheinlich unter 2.000 war von Personen, die eine Zählung versucht hatten, zu hören. Als die Spitze der Demo am Königsplatz in die Katharinengasse einbog, war das Ende der Demo bei einem Blick vom Königsplatz die Schaezlerstraße entlang noch nicht zu sehen. Die Demo muss über 500 Meter lang gewesen sein, wobei die Teilnehmer*innen an manchen stellen ganz locker, an anderen Stellen dicht an dicht spazierten. Es wurde dann nochmal versucht an Engstellen, welche die Demo passierte, beispielsweise in der Katharinengasse, zu zählen. Aufgrund dieser Versuche gehen wir von über 1.300 und wahrscheinlich knapp unter 1.500 Teilnehmer*innen bei diesem FFF-Globalstreik in Augsburg aus. Das ist mehr als seit Pandemiebeginn sonst bei FFF-Demos in Augsburg üblich war.

Zu Beginn der Demo gab es mehrere Reden wie auch Musikeinlagen durch die Band „Junge Europäer*innen“. Neben der Eröffnungsrede von FFF gab es beispielsweise eine Rede von *ver.di*. Darin wurden die gemeinsamen Anliegen von FFF und ver.di, gerade im Bereich der Finanzierung eines qualitativ hochwertigen ÖPNV, herausgestellt. Gemeinsamer Hauptanstoßpunkt bei dieser Demo war die katastrophale und verantwortungslose Politik des FDP-geführten Bundesverkehrsministeriums unter Volker Wissing. Wir könnten ganze Aufsätze zu den Fehlern seiner Politik schreiben und werden das, sofern er länger im Amt bleibt, vielleicht auch noch tatsächlich tun.

Die Rede von *Scientists for Future* hielt eine neu berufene Professorin für Klimapolitik. In dieser Rede verwies sie darauf, dass man mit Technologien alleine den Klimawandel nicht bezwingen können wird. Sie betonte die dringende Notwendigkeit von sozialer Innovation, eine Transformation unseres Konsums und unserer Produktion. Besonders freut uns natürlich, dass, als sie in ihrer Rede eine Liste von *Augsburgs Orten der Hoffnung* – Orten, an denen ein neues Augsburg geschaffen wird – aufzählte, neben vielen anderen tollen Orten, auch unser Klimacamp Erwähnung fand. Letztendlich gäbe es nicht eine einzelne wünschenswerte Zukunft sondern unterschiedliche Vorstellungen und Visionen der Zukunft und es ist unser aller gemeinsame Aufgabe als Gesellschaft, eine dieser Zukünfte in demokratischen Prozessen auszuwählen und die Transformation hin zu dieser zu realisieren (mit einem impliziten aber in der Rede nicht ausgesprochenen „bevor die Katastrophe unseres aktuellen Systems uns ereilt“). An Fridays for Future gewandt beendete sie ihre Rede mit den Worten „Demonstrierende von Fridays for Future, heute gilt wie vor vier Jahren: Ihr habt die Achtung von Scientists for Future und unsere volle Unterstützung!“

Den Aussagen aus dieser Rede zu den Grenzen von Technologien können die vielen MINT-Absolvent*innen und MINT-Studierende am Klimacamp zustimmen. Technologiegläubigkeit ist eine Religion, die vor allem von denjenigen propagiert wird, die sich (finanzielle) Vorteile durch Technologieunternehmen oder deren staatliche Förderung erhoffen. Echte Naturwissenschaftler*innen und Ingenieurswissenschaftler*innen wissen aber nicht nur um die Möglichkeiten der Technologien, sondern auch um die Grenzen der technologischen Möglichkeiten. Sie wissen, dass Technologien zu einem gewissen Grad helfen können, dass letztendlich die Lösung der Klimakrise aber gesellschaftspolitischer Natur seien muss. Dem bekannten Physiker Albert Einstein wird nachgesagt, dass er mal gesagt haben soll, dass sich die aktuellen Probleme der Gesellschaft nicht durch die Denkmuster beheben lassen, durch die sie herbeigeführt wurden. Die Klimakatastrophe wird durch einen blinden Fortschritt-durch-Technologie-Glauben und eine Fokussierung der Gesellschaften auf Konsum herbeigeführt. Diese Denkmuster werden sie nicht lösen. Gewohnheiten müssen sich ändern. Unsere Kultur muss sich im Hinblick auf unseren Umgang mit Ressourcen und der Behandlung von Ökosystemen ändern. Fortschritt und Wohlstand müssen neu definiert werden.

Allerdings sehen wir auch die Geisteswissenschaften (und Wirtschaftswissenschaften) in der Verantwortung, denn es geht um neue Wirtschafts- und Gesellschaftsformen. Die Geisteswissenschaften beschränken sich häufig auf eine analytische Rolle. Sie übernehmen vielfach keine gestalterische Rolle, sondern überlassen dies den Wirtschaftswissenschaften oder den MINT-Disziplinen. Die MINT-Disziplinen erschaffen neue Technologien und Dinge. Nehmen wir als Beispiel soziale Netzwerke. Die Wirtschaftswissenschaften unterstützt von anderen Bereichen, wie der Psychologie, verfolgen dann eine Profitmaximierung, beispielsweise über eine Stärkung des Suchtpotenzial mittels Belohnungssystemen. Die Geisteswissenschaften analysieren das, aber sie tun dann nichts damit. Sie könnten diese Technologien und ihre Erkenntnisse nehmen und interdisziplinär mit den MINT dann Varianten davon entwickeln, die auf das Gemeinwohl ausgerichtet sind, und die Wirtschaftswissenschaften sich um deren Verbreitung kümmern. In der Praxis kommen bessere Alternativen, beispielsweise alternative Konzepte für soziale Netzwerke, aber oft nicht aus den Geisteswissenschaften, sondern beispielsweise von geisteswissenschaftlich interessierten Informatiker*innen. Es benötigt eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, bei der die Geisteswissensschaften nicht das fertige Ergebnis analysieren, sondern sinnvolle Konzepte in einer frühen Phase der Gestaltung beisteuern.

Schließlich hielt noch eine Person vom Antikapitalistischen Klimatreffen eine Rede. Der Redner war eines der Opfer der erst zwei Tage zurückliegenden rabiaten Polizeirazzia bei einem Plenum des OAT, des Offenen Antifaschistischen Treffens. In der Rede schilderte er den Vorfall. Was hier den zahlreichen sogenannten Zeug*innen (tatsächlich eher weiteren Opfern) angetan wurde, erscheint uns annähernd genau so schlimm, wie was die Opfer der Tat, deren vermeintliche Aufklärung als Vorwand der repressiven Polizeimaßnahme diente, durchmachen mussten.
Ein paar zusätzliche Worte zu dem Vorfall gibt es in unserem Tagebucheintrag zum 1. März 2023.

Wo wir gerade über die Polizei reden? Wie sah es mit der Absicherung durch die Polizei aus? Wie viel Polizei war bei der Demo vor Ort? Wo und wie war diese Polizei verteilt? Kann man daraus irgendetwas ableiten? Nach der eher zweifelhaften Arbeit der Polizei beim Globalstreik am 23.09.2022 waren wir für diese Fragen besonders sensibilisiert. Der Demonstration vorweg stoppten einige Polizist*innen und Polizeiautos initial den Verkehr. Auch hinter der Demonstration waren Polizist*innen und Polizeiautos. Wie sah es auf den restlichen grob 500 Metern der Demonstration aus? Etwa zehn Polizist*innen begleiteten den eher antikapitalistischen Abschnitt mit den roten Fahnen, also vielleicht 20 oder 30 Meter des Demozuges. Auf den restlichen so 470 Metern wurden zwei Polizist*innen zu Fuß, die gemütlich neben der Mitte des Demozuges mitliefen, und ein Polizeimotorrad gesehen. Gut, vielleicht waren es ein paar mehr, die übersehen wurden, aber: An der großen Kreuzung Karolinenstraße und Karlstraße war minutenlang keine Polizei präsent. Beim Parkhaus in der Ludwigstraße, wo schon wiederholt bei vergangenen Demonstrationen Autofahrer*innen versucht hatten, sich aus dem Parkhaus kommend durch die Demonstration zu drängen, wenn sie nicht gar Teilnehmer*innen angefahren haben, war auch keine Polizei. Als an der Blauen Kappe die aus der Klinkertorstraße kommende Demonstration die zweispurige Volkhartstraße/Gesundbrunnenstraße überquerte, war keine Polizei zu sehen. Vereinzelt kam es vor, dass sich Autofahrer*innen das zu nutze machten und sich durch vermeintlichen Lücken in der Demo quetschten. So geschehen beispielsweise durch ein aus der Hafnerstraße kommendes Auto in der Ludwigstraße. Das Bild zeigt links die Demonstrationsteilnehmer*innen, wie sie von Norden die Schaezlerstraße entlang auf die Kamera zulaufen, und rechts ein auf einer Querstraße, genannt „Am Alten Einlaß“, wartendes Auto. Zwischen Demo und Auto sind vielleicht fünfzehn Meter freie Asphaltfläche und keinerlei Polizei ist in Sichtweite. Auf einem großen von Demonstrationsteilnehmer*innen getragenen Plakat steht „UNITE BEHIND SCIENCE“. In Abstand dahinter gibt es ein paar kaum leserliche Tierschutzplakate mit Sprüchen wie „GO VEGAN OR DIE“, „Tiere sind keine Ware“ und unleserlich teilweise verdeckt irgendetwas mit „...zen auf!“ und „...Schlachthäuser ZU!“. Hinzu kommen weitere unleserliche Plakete in der Ferne. Nun kann man annehmen, dass die Polizei vielleicht nicht genügend Einsatzkräfte hatte. Massives Polizeiaufgebot gab es dann punktuell doch. Das CSU-Büro in der Heilig-Kreuz-Straße war durch Einsatzwägen und Polizist*innen komplett von der Demo abgeschirmt. Eine durch die Polizei abgesicherte Kreuzung gab es dann doch noch. Die Kreuzung Schaezlerstraße-Frölichstraße vor dem Eingang zur Polizeiinspektion Augsburg Mitte war durch vier Einsatzwägen und zahlreiche Polizist*innen abgesichert. Auf der linken Seite sieht man die Demonstration die Schaezlerstraße entlang gehen. Es sind junge und ältere Menschen, viele Familien und mehrere mitgeschobene Fahrräder darunter. Rechts sieht man die Einmündung der Frölichstraße in die Schaezlerstraße. Die Einmündung wird durch drei Einsatzwägen blockiert. Zwischen den Einsatzwägen stehen Polizist*innen. Auch am Königsplatz und am Moritzplatz – beides aufgrund des zeitgleichen Nahverkehrstreiks relativ ruhige und verkehrstechnisch unproblematische Orte – waren einige Einsatzwägen. Keine Polizeipräsenz wurde dagegen vor dem Büro der Grünen wahrgenommen, an dem die Demo genau so vorbei verlief wie am Büro der CSU, wobei das Büro der Grünen vergittert war. Kurzum: Die Polizei erweckte den Eindruck, dass sie allenfalls halbherzige Anstalten macht, die Demonstration abzusichern, sondern primär Objektschutz betreibt und die Mächtigen vor der Zivilgesellschaft abschirmt. Versucht man absichtlich den Eindruck von Inkompetenz bei der Kontrolle der Verkehrssituation rund um eine Demo zu erwecken, um glaubhaft zu machen, dass Augsburgs Polizei für eine achtminütige Fahrraddemo über die A8, besagte Autobahn für mindestens sechs Stunden sperren müsste? Mehr dazu dann im Tagebucheintrag zum 5. März 2023. Oder ist es ein Zeichen von Vertrauen in die Strukturen von FFF und ihre Ordner*innen, dass man diesen nach so vielen erfolgreichen und friedlichen FFF-Demonstrationen in Augsburg nun zutraut, die Absicherung an kritischen Kreuzungen und Ausfahrten alleine vorzunehmen. Wir wissen nicht wirklich, was wir daraus schließen können. Aber die Rolle, die die Polizei speziell in Augsburg einnimmt, erregt zunehmend immer mehr Besorgnis. Wir hoffen inständig, dass die Polizei aus dieser Kritik dazulernt und sich nicht auf die Rolle der repressiven Verteidiger*innen des Status Quo / Status Gestern (= im Eiltempo motiviert durch Profit- und Machtinteressen in die Klimakatastrophe) versteift.

In Summe war es trotzdem eine sehr schöne, gemütliche Demonstration. Uns sind keine Beispiele einer tatsächlichen Gefährdung von Demonstrationsteilnehmer*innen durch Autofahrer*innen während dieser Demonstration bekannt. Die Absicherung von kritischen Stellen durch Demonstrationteilnehmer*innen oder Ordner*innen war ausreichend.

Die Demonstration selbst war ein bunt gemischter Haufen. Die Spitze der Demo wurde angeführt von einem sehr jugendlichen Abschnitt mit vielen ‚Fridays for Future‘-Fahnen. Die Spitze des Demonstrationszuges erreicht aus der Schaezlerstraße kommend den Rathausplatz. Vornweg laufen Kinder und junge Erwachsene, die ein breites Banner mit den Schriftzügen „FRIDAYS FOR FUTURE“, „#PEOPLE NOT PROFIT“ und „Für eine Zukunft ohne Krisen!“ vor sich her tragen. Dahinter läuft eine große Menge vorwiegend junger Menschen. Viele von ihnen tragen deutlich sichtbar Zettel mit der Aufschrift „KEINE NEUEN AUTOBAHNEN“. Mindestens ein halbes Dutzend ‚Fridays for Future‘-Fahnen werden mitgetragen. Auf einem Pappschild steht „DESTROY PATRIARCHY NOT THE PLANET“. Es gibt weitere Pappschilder und Banner in der Menge, deren Aufschrift auf dem Bild aber nicht zu entziffern ist. Einige dutzend Meter weiter hinten im Demozug sind noch einige rote Fahnen auszumachen. Dieser Bereich wird von einigen Polizist*innen flankiert. Es gab den oben erwähnten eher antikapitalistischen Abschnitt. Es gab Bereiche, die durch Vertreter*innen von Greenpeace dominiert wurden. Es gab Abschnitte, in denen Familien und Kinderwägen das Bild bestimmten. Weite Bereiche setzten sich aus einem bunt gemischten Haufen von Bürger*innen unterschiedlicher Altersgruppen zusammen und ließen sich gar nicht einer Gruppe zuordnen. Das Foto zeigt einen Abschnitt aus der Mitte des Demonstrationszuges, wie er aus Richtungs Schaezlerstraße den Königsplatz betritt. Die Gruppe ist sehr heterogen mit Frauen und Männern von Kindesalter bis Rentenalter. Am rechten Rand tragen ein Mann und eine Frau von Greenpeace gemeinsam ein Plakat mit dem Spruch „Städte für Menschen nicht für Autos“. Dahinter etwas weiter links läuft ein junges Mädchen in eine ‚Fridays for Future‘-Flagge eingewickelt. Noch weiter hinten auf der linken Bildseite geht ein Mann, der am Handy telefoniert und ein Plakat mit einem unleserlichenVerweis auf das 9-Euro-Ticket trägt. Mehrere Menschen tragen Zettel mit der Aufschrift „KEINE NEUEN AUTOBAHNEN“ mit sich. Die Aufschriften auf weiteren Plakaten im Hintergrund sind nicht zu entziffern. Es gab einen sehr lauten Abschnitt mit Tierschützer*innen, die mit Megafonen und Sprechchören für eine vegane Lebensweise warben. Veganismus ist sehr ehrenwert, aber, wie wir auch in unserem Artikel zu Konsumkritikkritik erläutern, keine Voraussetzung für Engagement in der Klimagerechtigkeitsbewegung und im Klimacamp. Vertreter*innen vom Klimacamp waren über den ganzen Demozug verstreut anzutreffen.

Regelmäßige Demogänger*innen freuten sich, dass sie eine große Zahl von Bekannten nach langer Zeit endlich mal wieder trafen. Es lag eine gute Stimmung vor. Gegen 17:40 endete die Demonstration mit einigen Terminankündigungen und Musik, wobei viele Teilnehmer*innen noch einige Zeit in Gespräche vertieft auf dem Rathausplatz blieben. Für die Abschlussworte stehen hunderte Menschen im Halbkreis um eine Bühne auf dem Königsplatz. Links im Hintergrund thront das durch die Sonne angeleuchtete Rathaus.

Donnerstag 02.03.2023 – Tag 975

Heute trafen sich an verschiedenen Orten in Augsburg Menschen, um gemeinsam Banner / Plakate für den morgigen Globalstreik zu malen. Dabei wurde wert darauf gelegt, ressourcenschonend und vor allem mit gebrauchten Materialien zu arbeiten. Auch am Klimacamp wurden zwei Banner gemalt.

Mittwoch 01.03.2023 – Tag 974

Nachtrag vom 4. März: Am Abend dieses Mittwochs hat es eine Razzia beim OAT, dem Offenen Antifaschistischen Treffen, gegeben. Dort wollte man gerade das auf ihrer Webseite angekündigte alle zwei Wochen mittwochabends stattfindende offene Plenum beginnen, als plötzlich die Polizei die Räumlichkeiten stürmte. In einem leider hinter einer Paywall versteckten Artikel der Augsburger Allgemeinen heißt es, dass die Polizei davon ausging, dass sich bei dieser öffentlichen Veranstaltung „ausschließlich Personen aufhalten, die einer linksextremen Gruppierung angehören.“

Wir verfolgen inzwischen in Augsburg jeden Vorfall einer Polizeimaßnahme mit stark repressiven Charakter gegen Aktivist*innen aufmerksam. Es gibt auch dieses Mal erschreckende Parallelen zu vergangenen Polizeiaktionen gegen Augsburgs Klimagerechtigkeitsbewegung und zu den für rechtswidrig befundenen Hausdurchsuchungen bei den Zwiebelfreunden. Diese Parallen sind:

  • Es sind schon wieder politische Aktivist*innen Opfer einer Polizeimaßnahme.
  • Bei allen angetroffenen Personen wurden Durchsuchungen und Beschlagnahmungen der elektronischen Geräte vorgenommen, wobei, wie schon bei den rechtswidrigen Hausdurchsuchungen durch Augsburgs Polizei bei Mitgliedern des Vereins Zwiebelfreunde e.V., die Betroffenen nicht als Beschuldigte sondern als Zeug*innen aufgeführt werden.
  • Wieder einmal haben die zum Teil minderjährigen Betroffenen berichtet, dass ihnen während der Maßnahme keine Möglichkeit gewährt worden war, anwaltliche Unterstützung hinzuzuziehen oder auch nur die Eltern anzurufen.

Darüber hinaus ist es so – was im Artikel der Augsburger Allgemeinen nicht erwähnt wird – dass es sich bei einer Person, deren Wohnung in Augsburg im Rahmen der Maßnahme als Zeuge durchsucht wurde und dessen elektronische Geräte ebensfalls beschlagnahmt wurden, weil sie möglicherweise Beweismittel enthalten könnten, um einen freien Journalisten handelt.

Wir gehen schon einige Zeit lang davon aus, dass in Augsburgs Staatsschutz Elemente arbeiten, denen die notwendige charakterliche Eignung für den Polizeidienst in einem liberalen Rechtsstaat fehlt, die den Rechtsstaat geradezu pervertieren. Wir fragen uns, was notwendig ist, um diese Elemente aus dem Polizeidienst zu entfernen, wenn selbst Dienstaufsichtsbeschwerden zu von den Polizisten selbst schriftlich dokumentiertem Fehlverhalten ohne Wirkung bleiben. Diese Elemente scheinen Rückendeckung durch ihre Kolleg*innen und Vorgesetzten zu genießen.

Der Vorfall erinnert uns nicht nur an die rechtswidrigen Hausdurchsuchungen bei den Zwiebelfreunden, sondern auch an die Hausdurchsuchung bei einer Minderjährigen im Kinderzimmer wegen Sprühkreide, an Pimmelgate Süd, an Pissegate und aufgrund dessen, dass ein Journalist Opfer dieser Maßnahme wurde, auch an die Hausdurchsuchung der Redaktionsräume der Augsburger Allgemeinen.

Externe Links zu den Durchsuchungen beim OAT:

Nachtrag vom 5. März: Man darf auch die Rolle von Augsburgs berüchtigter Staatsanwaltschaft nicht übersehen. In der Zwischenzeit kommen weitere Details ans Tageslicht. Laut unbestätigten Quellen soll eigens eine Staatsanwältin vor Ort gewesen sein, zusammen mit etwa 100 Polizist*innen. Die Straße wie auch Seitenstraßen wurden eigens abgesperrt. Das alles, um eine Gruppe politisch aktiver Jugendlicher und junger Erwachsener einzuschüchtern? … Sorry, wir meinen natürlich, dass alles um Handys von Zeugen zu beschlagnahmen?

Montag 27.02.2023 – Tag 972

Workshop zu digitaler Kommunikation, Dezentralität und Quelloffenheit am Beispiel element.io

Ort: Am Klimacamp
Zeit: so ab 20:00

Am Abend findet am Camp eine Gesprächsrunde mit einem Informatiker über den Digital Service Act, die Fragen, was sichere Kommunikation sicher macht, und welche Politik und Werte hinter OpenSource stehen, statt.

Nachbemerkung

So sieht es aus, wenn ein Auto oder Transporter gegen eine der Poller am Fischmarkt fährt. Ein massiver vielleicht meterhoher Betonpoller am Klimacamp steht schräg. Die Pflastersteine zu seinen Füßen wurden aus dem Boden gedrückt. Wenn diese in einer Fußgängerzone schon eine Bedrohung für bewegungslose Poller sind, wie bedrohlich sind sie dann erst für spielende, herumlaufende Kinder. Wollen wir Autos und Transporter wirklich in einer derart hohen Zahl in unseren Innenstädten haben?
Für autoarme Innenstädte! Für autofreie Innenstädte!

Samstag 25.02.2023 – Tag 970

An diesem Samstag hat der Film Von Menschen, die auf Bäume steigen in Weingarten, Baden-Württemberg, Weltpremiere. Die Filmemacher*innen haben mit uns befreundete Klimagerechtigkeitsaktivist*innen über längere Zeit bei Aktionen begleitet. Ein Fokus des Films liegt auf dem Klimacamp Ravensburg und der dortigen Besetzung des Altdorfer Waldes, der auch unter dem Spitznamen Alti überregionale Bekanntheit erlangt hat.

Link zum Trailer des Films auf der Webseite des Klimacamps Ravensburg

In der zweiten Märzhälfte wird es möglicherweise eine Vorführung des Films in Augsburg geben. Die Planungen dazu laufen.

Freitag 24.02.2023 – Tag 969

18 Uhr: Critical Mass am Rathausplatz gegenüber vom Klimacamp

Nachtrag: Trotz leicht regnerischen Wetters fanden sich etwa dreißig Menschen und fuhren durch Göggingen und Hochfeld.

Mittwoch 22.02.2023 – Tag 967

Für diesen Tag war ein Filmabend am Klimacamp geplant. Leider hat keine der anwesenden Personen dazu einen Tagebucheintrag verfasst.

Montag 20.02.2023 – Tag 965

Kaum jemand bis niemand kennt einen hässlichen naturbelassenen Wald, aber nahezu jeder Mensch kennt ein heruntergekommenes Gewerbegebiet mit Müll und lebensfeindlichen Asphaltzonen. In einer unangekündigten Blitzaktion begann Wehringen mit Rodungen des Bobinger Auwaldes. Ziel ist die Ausweitung eines Gewerbegebiets. Die Rodung kam überraschend aber leider auch gar nicht überraschend. Bereits am 1. Januar haben wir in unserem Tagebucheintrag zum Jahresrückblick 2022 dieses Vorgehen in einen Abschnitt zu Rodungen – Strategie der vollendeten Tatsachen beschrieben.

Auch die Rodung am 22.10.2022 im Lohwald bei Meitingen und am 16.01.2023 im Eichi bei Ulm waren auf ähnliche Weise vorgenommen worden.

Unserer Meinung nach geht es Menschen wie Max Aicher und Manfred Nerlinger nicht um Kompromisse, ihnen geht es nicht um Demokratie und schon gar nicht geht es ihnen um die Zukunft oder das Allgemeinwohl. Gespräche mit Bürgerinitiativen gehören für sie ins handwerkliche Repertoire ihres Spiels aus Hinhaltetaktik und dem Schaffen vollendeter Tatsachen. Ihnen geht es ums Geld – seien es die Steigerung des (Verkaufs-)Wertes ihres Stahlwerks oder Gewerbesteuereinnahmen, mit denen man sich die Wiederwahl sichern kann.

Samstag 18.02.2023 – Tag 963

Reaktionen auf Hilferuf aus Duisburg

Am Vortag hatte das Augsburger Klimacamp der Hilferuf einer Anwohnerin aus Duisburg erreicht. Dort sollten 26 etwa 100 Jahre alte Bäume gefällt werden. Vertreter*innen des Augsburger Klimacamps reisten kurzer Hand mit dem Zug an und organisierten gemeinsam mit mehreren anderen klimagerechtigkeitsaktivistischen Gruppen den Protest zum Schutz der Bäume.

Die Bäume konnten leider nicht gerettet werden. Allerdings sorgte die Aktion für großes mediales Aufsehen über Duisburg hinaus und hoffentlich einen Imageschaden bei den verantwortlichen Entscheider*innen. Vielleicht wird das die eine oder andere Person in einer Entscheidungsposition in Zukunft zwei Mal überlegen lassen, ob eine geplante Fällung wirklich sinnvoll und notwendig ist.

Leider hat keine der vor Ort beteiligten Personen einen Tagebucheintrag zu den Ereignissen geschrieben. Allerdings gab es am 18.02.2023, am 19.02.2023 und am 20.02.2023 eine rege Presseberichterstattung zu dem Vorgängen, die in unserem Pressespiegel verlinkt ist.

In kleineren Maßstab hatte eine ähnliche Aktion, welche wir damals „Aufbäumen der Verdammten“ nannten, bereits am 10.10.2022 im Augsburger Reese-Park stattgefunden.

Freitag 17.02.2023 – Tag 962

  • 16:00 Uhr: Kein Werben fürs Sterben, Kundgebung gegen den Bundeswehr-Pop-up-Store. Annastraße 16a

Freitag 10.02.2023 – Tag 955

Eine für diesen Tag geplante FFF-Demo wurde nun auf unbestimmt verschoben. Die nächste größere Klimademo in Augsburg wird der Globalstreik am 3. März 2023.

Anfang Februar – Aktionen im Heibo

Der Dresdener Heidebogen (kurz: Heibo) ist ein durch Rodung bedrohter Wald in Sachsen. Der Wald liegt im Wassereinzugsgebiet unter Naturschutz stehender Moore. Doch hier droht Kiesabbau und damit eine Absenkung des Grundwasserspiegels und eine Trockenlegung angrenzender Moore. Doch Moore sind wichtige CO₂-Senken, die wir im Kampf gegen die Klimakatastrophe dringend brauchen.

Anfang Februar waren Aktivist*innen des Augsburger Klimacamps für einige Tage im Heibo. Leider hat keine der beteiligten Personen einen Tagebucheintrag zu den Ereignissen dort geschrieben.

Links zum Heibo:

Die Bedrohung des Waldes und des Grundwassers durch Kiesgruppen zeigt große Parallelen zum Altdorfer Wald (kurz: Alti). Für Informationen zum Alti siehe auch unseren Tagebucheintrag zur Filmvorführung an Tag 1.000 des Augsburger Klimacamps.

Mittwoch 01.02.2023 – Tag 946

Auf Einladung nahmen Klimacamper*innen heute am Stammtisch des Stadtverbands der Grünen teil. Besprochen wurde unter anderem Lützerath. Die Diskussion beinhaltete die Frage, ob die unter Lützerath liegende Kohle für die Energiesicherheit Deutschlands benötigt wird. Antwort: Wahrscheinlich nicht. Sie ist billiger zu fördern als Kohle aus anderen schon erschlossenen Lagerstätten.
Ebenfalls diskutiert wurden die ungeschickte Kommunikation der Bundesgrünen zu dem Thema wie auch der Symbolwert von Lützerath.
Die Räumlichkeiten waren gut gefüllt, so dass die ein oder andere Person zwecks Sitzplatz auf ein Fensterbrett auswich. Nach dem Ende des offiziellen Teils des Stammtisches bildeten sich zahlreiche Gesprächsgruppen, die sich noch für einige Zeit weiter unterhielten.

Am Abend so gegen 21 Uhr (+/- eine Stunde) haben Passanten zwei Feuerlöscher des Klimacamps geleert. Es ist noch nicht entschieden worden, ob wir deswegen Anzeige erstatten wollen. Zwar kennen wir die Namen der Täter nicht. Allerdings sind diese am Klimacamp schon häufiger unangenehm aufgefallen und scheinen einen starken Lokalbezug zur Augsburger Innenstadt zu haben. Es ist wahrscheinlich, dass sie früher oder später wieder vorbeikommen und dann identifiziert werden könnten. Da 2022, während das Klimacamp am Moritzplatz war, mehrfach Feuer gelegt worden war, verstehen wir die Sabotage unserer Feuerlöscher nicht als Spaß.

Freitag 27.01.2023 – Tag 941

Veranstaltung: Plenum
Zeit: 16 Uhr
Ort: Klimacamp Augsburg

Nachtrag:

Im Anschluss an das Plenum hätte es trotz Kälte fast noch eine Critical Mass gegeben. Die Mindestteilnehmerzahl wurde leider knapp nicht erreicht.

Donnerstag 26.01.2023 – Tag 940

Der Bund Naturschutz organisiert zusammen mit uns einen Onlinevortrag zum Thema Moorschutz.

Zeit: 19:00 bis 21:00
Link zur Veranstaltung: https://augsburg.bund-naturschutz.de/veranstaltungen/termin/moorschutz-unverzichtbar-fuer-klima-und-artenschutz-ein-erfahrungsbericht-aus-der-praxis
Videokonferenzsoftware: Zoom
Anmeldung: Die Anmeldung erfolgt per E-Mail an fischer.bn.augsburg@gmail.com.

Mittwoch 18.01.2023 – Tag 932

Heute wurde der Termin des nächsten globalen Klimastreikes bekannt gegeben. Am 3. März 2023 ist es soweit. Weitere Informationen zu den konkreten in Augsburg geplanten Aktionen werden zu gegebener Zeit in unserem Programm veröffentlicht werden.

Montag 16.01.2023 – Tag 930

Heute erreichte uns von mit uns befreundeten Klimagerechtigkeitsaktivist*innen eine traurige Nachricht aus Ulm. Es war eine Räumung und Rodung im Eichenwald nahe der Ulmer Uniklinik erfolgt. Der Wald ist auch weithin unter seinem Spitznamen Eichi bekannt. Im Tagebucheintrag für letzten Freitag hatten wir den Eichi bereits als akut bedroht benannt. Diese Befürchtung hat sich nun als wahr herausgestellt.

Grund der Rodung: Dort soll ein Bettenhaus errichtet werden. Man hat verschiedene Standorte zur Auswahl. Beispielsweise könnte man es auf einem kaum genutzten Parkplatz errichten. Stattdessen entschied man sich aus nicht nachvollziehbaren Gründen für die Fällung von bis zu 150 Jahre alten gesunden Bäumen – Bäumen aus der deutschen Kaiserzeit, die den ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, das dritte Reich und den kalten Krieg durchlebt hatten.

Derartige Fälle von ökologischer Zerstörung zeigen, dass in weiten Teilen der Politik noch ein veraltetes Wertemodell aus den sechziger Jahren vorherrscht, welches die Natur dem Beton unterordnet.

Für weitere Informationen siehe: https://www.ulmer-uniwald-bleibt.de/

Samstag 14.01.2023 – Tag 928

Vom Rathausplatz aus gesehen links das Klimcamp und rechts das Rathaus. Vor dem Klimacamp stehen einige Menschen in Gespräche vertieft. Es ist kaum zu erkennen, aber darunter befindet sich auch ein Kameraperson. Vor dem Rathaus stehen ein teures Auto, welches nach Politiker*in aussieht, und drei Polizeiautos.

Während sich Vertreter*innen der CSU für ihren Neujahrsempfang hinter Blauuniformierten abschirmen, übt sich das Klimacamp in Bürger*innennähe. Mit dabei ist auch ein Fernsehteam des Bayerischen Rundfunks – also nicht bei der CSU, bei uns im Camp mit dabei. Für über fünf Stunden begleiteten sie uns, filmten Aktionen und interviewten Menschen.

Vor dem Klimacamp wird ein Klimagerechtigkeitsaktivist von einem dreiköpfigen Fernsehteam interviewt. Eine Person hält ein Mikrofon, eine Person hält eine Kamera und die dritte Person liest von einem Notizzettel. Auf dem Boden liegen Bodenbanner, die über verschiedene Aspekte der Klimakrise informieren. Im Hintergrund der Rathausplatz und das große „Friedensstadt Augsburg“-Plakat.

Unsere Gedanken an diesem Tag drifteten immer wieder zu unseren Freund*innen und Mitaktivist*innen, die zu der Zeit in Lützerath waren. Aufgrund der hohen Anzahl von Demonstrationsteilnehmer*innen (35.000 nach Schätzungen der Klimagerechtigkeitsbewegung, 15.000 laut der Polizei) war es in Lützerath zu einer Überlastung des Mobilfunknetzes gekommen. Also half man von Augsburg aus, beispielsweise bei der Koordinierung der Treffpunkte für die Rückfahrt.

Ebenfalls für unsere Mitmenschen in Lützerath gab es auch eine kleine Werbaktion. Beim sogenannten Adbusting wird fremde Werbung durch eigene Werbung überhängt oder ergänzt und somit umdefiniert. Dabei ist darauf zu achten, dass man die ursprüngliche Werbung nicht entwendet, denn das wäre Diebstahl, und auch nicht zerstört, denn das wäre Sachbeschädigung. In unserem Fall wurde vor laufender Kamera eine irreführende Werbung von LEW alias den Lechwerken, einem großen Zwischenhändler für Kohlestrom, mit einer Werbung für den Erhalt von Lützerath überhängt.

Das Bild ist zweigeteilt. Auf den linken fünf Sechsteln sieht man von links nach recht, eine Person, die ein Mikrofon hält, einer Person, die eine Kamera hält, und zwei Aktivist*innen im Fokus der Kamera, die gerade an einer Werbetafel mit Werbung von LEW herumwerkeln und bereits ein neues Werbebanner parat halten. Rechts sieht man, wie die Werbetafel nach der Aktion aussieht. Darin hängt nun ein Plakat, welches ein Ortsausgangsschild für Lützerath, einen großen Tagebaubagger und ein gelbes Kreuz zeigt. Darauf steht: „Klimaschutz heißt: Lützerath verteidigen.“ Der Rest des Textes ist zu klein, um im Bild erkennbar zu sein.

Fairerweise muss man sagen, dass die Lechwerke nach unseren Informationen keine eigene Kohleinfrastruktur besitzen. Insofern sind sie schon einmal auf die Energiewende vorbereitet. Solange die Energiewende aber nicht vollzogen ist, versuchen sie fleißig am Weiterverkauf von Kohlestrom zu verdienen.
Wie alle Stromanbieter sind LEW gesetzlich dazu verpflichtet, Angaben über ihren Strommix spätestens ab Herbst des Folgejahres zu veröffentlichen. 2021 betrugen die durchschnittlichen CO₂-Emissionen des sogenannten Stromeinkaufmixes von LEW 495 g/kWh. Zum Vergleich: Die durchschnittlichen CO₂-Emissionen von in Deutschland erzeugtem Strom betrugen in dem gleichen Jahr lediglich 350 g/kWh. Daher können wir die Selbstdarstellung von LEW als angeblichen Vorreitern bei der Energiewende nicht nachvollziehen.
(Auch beim radioaktiven Abfall kommt LEW nicht gut weg. Der Stromeinkausmix von LEW verursachte im Durchschnitt 0,0007 g/kWh an radioaktiven Abfall, während es im deutschen Durchschnitt nur 0,0003 g/kWh waren.)
Quelle: https://www.lew.de/media/3544/strommix.pdf

Trotzdem versuchen die Lechwerke sich in ihrer Werbung als Vorreiter bei der Energiewende zu inszenieren. Im Verlauf des Montags hängte LEW ihre eigene Werbung wieder auf, in der junge Menschen, an der Zerstörung derer Zukunft LEW verdienen, naiv und glücklich in die Kamera blicken und die Lechwerke ihre Rolle in der Klimakrise zu verklären versuchen.

Viele Menschen in der Klimagerechtigkeitsbewegung raten dazu, Strom von einem reinen Ökostromanbieter zu beziehen, der keinen Stromtarif mit fossilen Anteilen in seinem Angebot besitzt.

Freitag 13.01.2023 – Tag 927

Busfahrt nach Lützerath

Gemeinsame Busanreise nach Lützerath zur Großdemo. Los geht‘s am späten Abend. Rückfahrt nach Augsburg am 14.1. nach der Großdemo.

Nachtrag

Die Aktion fand richtig großen Anklang. Aus möglicherweise einem Bus, falls genügend Nachfrage bestünde, wurden schnell zwei Busse, dann vier und schließlich fünf Busse. Auch sprach sich die gemeinsame Anreise bis nach München herum. Kurzfristig wurde beschlossen, Busse bereits in München starten zu lassen. Später kam auch noch Nürnberg hinzu.
Aus einer engagierten Augsburger Klimaerechtigkeitsaktivistin, die anbot sich bei Interesse um einen Bus zu kümmern, wurde ein städteübergreifend arbeitendes Organisationsteam.
Die Resonanz war überwältigend.

Schließlich hatten wir uns um etwa 315 Plätze in Bussen gekümmert. Dafür organisierten wir fünf Busse. Ein Bus fuhr von München direkt nach Lützerath. Ein anderer Bus fuhr von München über Nürnberg nach Lützerath. Drei weitere Busse fuhren von München über Augsburg nach Lützerath. Genau genommen ging es nach Keyenberg, dem Nachbarort von Lützerath. Die Anzeigetafel am Busbahnhof zeigt neben einzelnen Bussen zu Zielen wie Kopenhagen, Berlin, Amsterdam, Krakau Rom und Zagreb gleich fünf Busse, die alle um 22:15 nach Keyenberg abfahren sollen. Nur einige wenige Plätze blieben leer, z.B. weil Personen am Treffpunkt nicht aufzufinden waren.

Rund herum gab es viele nette Geschichten. Beispielsweise hatte ein Aktivisti aufgrund einer Zugverspätung die Busse in München verpasst und kam mit dem Zug nach Augsburg. Wir organisierten kurzerhand ein Fahrrad am Hauptbahnhof, um ein rechtzeitiges Erreichen des Abfahrtsortes in Augsburg zu erlauben. Ein Aktivisti hatte ein ähnliches Problem, konnte uns aber aus dem Zug nicht erreichen und kam kurzerhand die eineinhalb Kilometer vom Hauptbahnhof angelaufen.

Die Abfahrtsorte und Zeiten hatten wir nicht öffentlich genannt. Eine Vorsichtsmaßnahme. Vor wenigen Tagen war ein Bus aus Hamburg nach Lützerath von der Polizei drei Stunden festgehalten und durchsucht worden. In Augsburg hat es schon häufiger Probleme mit dem sogenannten „Staatsschutz“ gegeben, der friedlichen Klimagerechtigkeitsaktivist*innen seit mindestens 2020 nachstellt. Als weitere Vorsichtsmaßnahme unterstützten uns zwei Landtagesabgeordnete der Grünen als parlamentarische Beobachter*innen. Für diesen Einsatz sind wir sehr dankbar.

Das Bild zeigt die Rückseite einer gelben Warnweste mit der Aufschrift „Parlamentarische Beobachterin“.

Einschub zum Lohwald

Als dritte Vorsichtsmaßnahme gab es noch eine Ablenkungaktion. Damit der sogenannte „Staatsschutz“ im Fall eines Anflugs von Übereifer die Busse in Ruhe lässt, war das Gerücht in die Welt gesetzt worden, dass es im Lohwald bei Meitingen eine Baumbesetzung geben würde.

Lützerath und der Lohwald sind eng verknüpft. In beiden Fällen stellt der Staat Profite von Konzernchefs über Gemeinwohl und Ökologie. So wie in Hinterzimmerdeals die Zerstörung Lützeraths beschlossen wurde, für Kohle die kein Mensch braucht, unterstützte die Regierung von Schwaben das Lohwald-Rodungsvorhaben gerne mit einer im Geheimen ausgestellten Ausnahmegenehmigung. Dank dieser konnte Max Aicher, zusammen mit seinem Lobbyverband größter CSU-Spender überhaupt, völlig überraschend die erste Teilrodung des Lohwalds durchführen und das Areal seines Stahlwerks so für Investoren aufwerten. Da noch Klagen vor Bayerns höchstem Verwaltungsgericht anhängig waren, hätten die lokalen Bürger*inneninitiativen erfolgreich einstweiligen Rechtsschutz gegen die vorgezogene Rodung beantragen können. Doch dieser Möglichkeit wurden sie beraubt, da die Regierung von Schwaben ihre Ausnahmegenehmigung im Geheimen ausstellte. In Folge wurden 5,6 Hektar des Lohwaldes zerstört.

Mehr Informationen zum Lohwald finden sich auch in unserem Jahresrückblick 2022 weiter unten auf dieser Seite und auf https://www.lohwibleibt.de/.

Die Klimagerechtigkeitsbewegung hält zusammen. Gerade erfordern viele Projekte ehrenamtliches Engagement. Lützerath, der Fecher bei Frankfurt und der Eichi bei Ulm (siehe ulmer-uniwald-bleibt.de und Eichi-bleibt auf wald-statt-asphalt.net) sind alle akut bedroht. Der Lohwald beziehungsweise die verbliebenen zwei Drittel des Lohwaldes sind es dagegen erst wieder in der kommenden Rodungssaison im Herbst.

Ablauf

Im Dunkeln zunächst schwer zu erkennen war gegen 23:20 eine große Menschenmenge auf dem Parkplatz am Plärrer. Auch ein Bus aus München war bereits da. Unter den Teilnehmer*innen herrschte Neugier gemischt mit etwas Aufregung. Für viele ist es die erste Fahrt nach Lützerath.

Das Bild zeigt einen dunkeln Parkplatz mit sehr ielen Menschen darauf. Einige der Menschen tragen helle gelbe oder orangene Warnwesten. Hinter den Menschen steht ein Bus, dessen Innenraum gut beleuchtet ist

Ein Augsburger Klimagerechtigkeitsaktivist erzählte, dass einige Mitglieder*innen der Partei der Grünen behaupten würden, dass Lützerath das falsche Symbol für den Klimaschutz wäre. Er sieht das anders. Bei Lützerath gehe es um weit mehr als nur um ein paar Bäume und ein Gehöf. Es gehe um die Einhaltung der 1,5°C-Grenze und den politischen Willen oder Unwillen, der hinter diesem Ziel steht.

Das Bild zeigt zahlreiche Menschen, die eine Gasse für einen Bus bilden, der sich gerade zur Abfahrt bereit macht.

Der Bus fuhr so gegen 23:47 ab. Drei Minuten später kamen zwei weitere Busse aus München an. Ein Lautsprecher auf einem Lastenfahrrad spielte aktivistische Musik. Es herrschte eine gute Stimmung.

Gegen 0:00 (streng genommen ist es ab jetzt etwas für den Tagebucheintrag zum 14. Januar, aber wir machen hier mal weiter) fuhr ein Polizeiauto auf den Parkplatz. Es fuhr im Schrittempo vor den Bussen vorbei, zog eine Runde über den Parkplatz und fuhr wieder davon. Wahrscheinlich war das eine routinemäßige Kontrolle, die nichts mit uns zu tun hatte.

Eine große Gruppe von Menschen steht vor zwei anderen Bussen und wartet darauf einsteigen zu können. Innen sitzen bereits mehrere Menschen.

Gegen 0:39 war alles erledigt und die beiden Busse fuhren vorbei an einigen winkenden Mitglieder*innen des Organisationsteams, die nicht selbst mitkommen, nach Lützerath.

Das Organisationsteam ist erleichtert, dass alles geklappt hat. Man kann sehr stolz auf diese Leistung sein. Die Busse sind gerade außer Sichtweite, als das Gespräch zum nächsten geplanten Event springt. Auch während viele von uns in Lützerath sind, soll der Klimagerechtigkeitsaktivismus in Augsburg keine Pause machen.

Sonntag 08.01.2023 – Tag 922

18:00 Offenes Infotreffen im Klimacamp

Nachtrag:

Das Infotreffen fand guten Anklang. In einer Gesprächsrunde im Sitzkreis wurden bei Früchtetee und leckerem Kuchen Informationen über das Klimacamp vermittelt. Wir konnten uns über viele interessierte Rückfragen freuen. Anschließend gab es noch Führung durch das Klimacamp. Dabei wurde auch in die verschiedenen Holzkisten hinein geschaut und ihre Funktion erklärt.

Wir heißen die neu hinzugestoßenen Klimacamper herzlich Willkommen.

Zitat: Events wie heute machen mich optimistisch, dass wir es bis Tag 1.000 schaffen. Die Politik der Stadt macht mich pessimistisch, dass wir bis Tag 10.000 bleiben müssten.

Samstag 07.01.2023 – Tag 921

Aktionstraining für Lützerath in München

Wir unterstützen unsere Kolleg*innen im München bei der Organisation eines Aktionstrainings für Lützerath.

Zeit: 14:00 Uhr
Ort: wird nach Anmeldung unter klimacamp@systemli.org bekanntgegeben

Freitag 06.01.2023 – Tag 920

15:00 Solidaritätsdemonstration für Lützerath

Diesen Freitag um 15 Uhr startet eine Solidaritätsdemo für Lützerath. Dazu ruft ein Aktionsbündnis Augsburger Klimagerechtigkeitsgruppen auf, darunter unter anderem auch FFF-Augsburg und das Augsburger Klimacamp.

Lützerath ist ein Dorf in NRW, das für den Braunkohleabbau von RWE abgebaggert werden soll. Die Verbrennung der unter dem Ort gelegenen Braunkohle käme einer Aufgabe des deutschen Beitrags zur Einhaltung der 1,5°C-Grenze gleich.

Die Entscheidung über die Zukunft und das Leben von Milliarden Menschen kann nicht weiter in den Händen von Einzelpersonen liegen, die ihren Gewinn maximieren möchten.

Geplant ist auch eine Zwischenkundgebung vor den Augsburger Stadtwerken. Die Stadtwerke Augsburg entscheiden mit ihrer Energiepolitik auch bei uns über die zukünftigen Energiequellen und die damit verbundenen CO₂-Emissionen bzw. Einsparungen.

Direkt im Anschluss gibt‘s ein Aktionstraining für alle, die mit mehr als einer Demo Lützi verteidigen möchten.

Lützi bleibt! ❤️

Zeit: 15:00
Ort: Rathausplatz

Nachtrag:

Die Demonstration war relativ kurzfristig organisiert worden. Insofern war es eine angenehme Überraschung, dass dennoch etwa 160 Teilnehmer*innen gezählt werden konnten. Zur musikalischen Untermalung und damit auch zur guten Stimmung trug die Trommelgruppe Rythms of Resistance bei.

Die Demonstration startete am Rathausplatz. Nach einigen Redebeiträgen ging es über den Moritzplatz, den Königsplatz und die Schaezlerstraße zum Firmengebäude von LEW. Dies war die erste Zwischenstation. Mehrere zum Teil sehr emotionale Redebeiträge leuchteten die Rolle von LEW bei der Zerstörung des Ortes Lützerath im Speziellen und der Verbrennung von Kohle zur Stromerzeugung im Allgemeinen aus.

Anschließend ging es über den Königsplatz, die Fuggerstraße, Grottenau, Ludwigstraße, Karlstraße und den Hohen Weg zu den Stadtwerken Augsburg. Dort gab es weitere Redebeiträge, dieses Mal um die Rolle der Stadtwerke zu erklären. Es wurde auch erklärt, welche enorme Gewalt von den Stromkonzernen ausgeht, die mit ihren CO₂-Emissionen die Lebensgrundlage vieler Menschen – vor allem im globalen Süden – zerstören.

Eine Collage von Bildern der Demonstration: Die linke Seite zeigt ein Bild einer Aktivistin, die auf einem großen Stein vor dem Hauptgebäude von LEW in der Schaezlerstraße steht und eine Rede hält. Oben reichts zeigt eine große Menge Demonstrant*innen, die vor dem Hauptgebäude der Stadtwerke Augsburg im Hohen Weg demonstrieren. Unten in der Mitte sind zwei selbstgemalte Pappplakate zu sehen. Auf dem linken Plakat steht „HERR SCHOLZ VERSPROCHEN ist VERSPROCHEN“. Auf dem rechten Plakat steht „5 Millionen Tonnen CO₂ zu viel in 2022“. Das Bild unten rechts zeigt zwei Banner. Auf dem linken Banner steht: „Mehr Klimschutz wagen! #ENDCOAL *GREENPEACE*“. Auf dem rechten Banner ist ein Foto zu sehen, auf dem mehrere Menschen den Abriss eines schönen alten Gebäudes beobachten. Mutmaßlich wird das Gebäude zur Erweiterung eines Tagesbaus abgerissen. Unter dem Foto auf dem Banner steht „Kohle stoppen!“.

Anschließend ging es auf direktem Weg zum Rathausplatz, wo die Demonstration gegen 16:48 endete.

16:30 Aktionstraining für Lützerath

⚖️ Rechtliches
🤝 Solidarischer Umgang mit Repression
🌻 Praktisches
🏭 Weitere Unterstützungs- und Aktionsmöglichkeiten außerhalb Lützeraths
🍀 Durchspielen verschiedener Szenarien

Ziel des Aktionstrainings ist, mit möglichst vielen Menschen das nötige Wissen und Erfahrungswerte zu teilen, welche für Aktionen wie die Verteidigung von Lützerath wichtige Grundlagen darstellen.
Außerdem können wir Bezugsgruppen zur gemeinsamen Anreise bilden. 👋

Zeit: 16:30
Ort: Klimacamp

Nachtrag:

Die Veranstaltung startete etwas verzögert nach Ende der vorausgehenden Demonstration. Etwa ein dutzend Menschen saß bis in die Dunkelheit am Klimacamp in einem großen Stuhlkreis, um an dem Workshop als Referent*in, Interessent*in oder gar in beiden Rollen teilnehmen zu können. Der Workshop ging dann in verschiedene Einzelgespräche über, die erste gegen 19:45 ein Ende fanden.

Sonntag 01.01.2023 – Tag 915

Jahresrückblick 2022 und Ausblick

2022 ist vorüber. Eine gute Gelegenheit, um zurück zu blicken und zu gucken, was zwischen dem 01.01.2022 (Tag 550) und dem 31.12.2022 (Tag 914) so geschehen ist.

Ein Foto des Klimacamps am Moritzplatz, aufgenommen Anfang 2022.

Das Jahr begann für uns am Moritzplatz. Im Dezember 2021 waren wir gebeten worden, wegen Gefahr durch herabfallende Steine, unseren Standort am Fischmarkt für einige Wochen zu räumen. Aus den einigen Wochen wurden fünf Monate. Die mündliche Zusage, dass wir nach unserer Rückkehr den Fischmarkt wie zuvor nutzen werden können, wurde gebrochen. Denn nach unserer Rückkehr zum Fischmarkt galten neue strengere Versammlungsauflagen, die den Bereich, den wir beispielsweise für Holzaufbauten und Zelte nutzen können, um mehr als die Hälfte einschränkte. Inzwischen lassen wir uns derartige Zusagen schriftlich geben. Wir haben jedoch versucht, aus dem uns zur Verfügung stehenden Platz das Beste zu machen. Aktuell ist das Klimacamp sowohl kompakt als auch funktional.

Das Bild zeigt das Klimacamp im November 2022 aus Richtung des Rathausplatzes. Links stehen einige Platzparks sowie Schilder mit politischen Aussagen. Dahinter befindet sich ein überdachter nach Vornen offener Aufenthaltsbereich. Dahinter befinden sich die übrigen funktionalen Aufbauten des Camps. In der Mitte ist eine Zufahrt zum Fischmarkt freigehalten worden. Auf der rechten Seite hängt das Banner mit den Forderungen des Camps. Davor liegt ein Bodenbanner mit Informationen über Wind- und Solarenergie. Das Foto enstand am Abend des 05.11.2022.

Ein weiteres Jahr mit gewonnenen Gerichtsverfahren

Dieses Jahr holte sich die Stadt Augsburg vor dem bayerischen Verwaltungsgerichtshof eine juristische Ohrfeige ab. Es war schon das dritte Urteil, welches eine Räumung des Klimacamps durchkreuzte. Zuvor war die Stadt bereits zwei Mal vor dem Verwaltungsgericht Augsburg gescheitert. In Folge des Urteils vor dem bayerischen Verwaltungsgerichtshof, beendete die Stadt nach über eineinhalb Jahren endlich ihre Versuche, mit juristischen Mitteln eine Auflösung des Klimacamps herbeizuführen.

Eine weitere Niederlage vor dem Verwaltungsgericht Augsburg kassierte das Ordnungsamt, als es versuchte, eine auf dem Rathausplatz geplante Demonstration von FFF-Augsburg auf den wesentlich abgelegeneren Elias-Holl-Platz zu verbannen. Erwähnenswert ist, dass diese erfolgreiche Klage gegen die Versammlungsauflagen des Ordnungsamtes ohne anwaltliche Unterstützung am Klimacamp geschrieben wurde. Darauf sind die Autor*innen der Klage zu Recht sehr stolz. Bei vielen anderen Themen ziehen wir natürlich unsere sehr geschätzte Anwältin Martina Sulzberger hinzu.

Das Jahr der offen gelegten Polizei-/Justizskandale

2022 war das Jahr, in dem wir mit konkreten Fällen von Fehlverhalten durch Augsburgs Polizei und Justiz an die Presse gingen. Das stellte für uns einen Paradigmenwechsel dar. Fälle von Fehlverhalten durch Augsburgs Polizei/Justiz gegenüber Klimagerechtigkeitsaktivist*innen gab es bereits mindestens seit dem Jahr 2020.

2020 wusste man in Augsburgs Klimagerechtigkeitsbewegung mit der staatlichen Repression nicht umzugehen. Damals vertrat man die Ansicht, dass eine öffentliche Aufarbeitung dieser Fälle vom eigentlichen Thema „Klimagerechtigkeit“ ablenken würde.

Durch unsere mangelnde Reaktion erlaubten wir jedoch der Polizei, so gegen uns und andere Aktivist*innen weiter zu machen. Als sie es 2022 zum wiederholten Male bei einem Klimagerechtigkeitsaktivisten aus unseren Reihen versuchten, gingen wir an die Presse. Der Fall wurde als Pimmelgate Süd deutschlandweit bekannt. Er dauert bis heute an.

Es folgte die Aufarbeitung der Hausdurchsuchungen, die unter dem Vorwand durchgeführt worden waren, wegen einer Monate zurück liegenden Sprühkreideaktion zu ermitteln. Mit diesen gingen wir mit zweijähriger Verzögerung im Mai 2022 an die Presse.
Siehe: https://www.pimmelgate-süd.de/kreide/
Die Gründung des Klimacamps kann zu einem gewissen Grad auch als Reaktion auf diese Hausdurchsuchungen angesehen werden.

Im Verlauf des Jahres unterstützten ein paar von uns noch andere Gruppen, die mit Repressionsmaßnahmen konfrontiert waren. Für einen gegen das feministische Streikkomitee gerichteten Vorfall etablierte sich der Begriff Pissegate.

Pressewirkung

Ein Foto der Pressekonferenz für Pimmelgate Süd. Alex sitzt vor dem Klimacamp. Vor ihm sitzen im Halbkreis etwa ein dutzend Menschen um ihn herum. Kameras und Fotoapparate sind auf ihn gerichtet.

Die Reaktion der Presse auf die Offenlegung der Vorfälle erfüllte und übertraf zum Teil unsere Erwartungen. Neben den lokalen Medien (Augsburger Allgemeine, DAZ – Die Augsburger Zeitung, Stadtzeitung, Augsburg.tv, Hitradio RT1, Radio Schwaben und Forum solidarisches und friedliches Augsburg) wurde auch überregional durch Netzpolitik.org, den bayerischen Rundfunk, die Süddeutsche Zeitung und andere berichtet.

Netzpolitik.org betitelt einen von mehreren Artikeln zu den Vorfällen mit: Augsburg gegen Demonstrationsfreiheit: „Mit einer liberalen Demokratie nicht zu vereinbaren“

Auch in der englischsprachigen Welt wurde berichtet. Sogar die New York Times erwähnte den Fall „Pimmelgate Süd“ mit einigen Absätzen. Das war das größte durch Augsburgs Justiz ausgelöste Medienecho seit den illegalen Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen beim Verein Zwiebelfreunde e.V. im Jahr 2018. Durch diese Aktion waren damals die Betreiber kritischer und für manche Menschen lebenswichtiger IT-Infrastruktur angegriffen worden.

Juristische Wirkung

Wir erkennen keine Selbstreinigungskräfte in Augsburgs Justiz und Polizeiapparat. Dass Polizeibeamte rechtswidrigerweise einem Hausdurchsuchten ein Telefonat mit seiner Anwältin verweigern und ohne Weiteres damit davonkommen, obwohl ihr Fehlverhalten von ihnen selbst schriftlich im Durchsuchungsprotokoll festgehalten worden war, ist ein Skandal. Anstatt das Fehlverhaltens der Beamten in Augsburgs notorischer sogenannter „Staatsschutz“-Abteilung aufzuarbeiten, eröffnete man nach der Pressekonferenz zu Pimmelgate Süd gegen das Opfer ein weiteres Verfahren, begründet mit der Veröffentlichung von Informationen zu dem laufenden Verfahren.

Es gab eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Beamten. Diese blieb bislang erfolglos. Dazu siehe auch auch unsere Pressemitteilung vom 06.10.2022. Vielleicht war es naiv zu glauben, dass man mit Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Filz und Korpsgeist ankommt.

Ausblick

Die bestehenden Fälle werden weiter begleitet. Wir prüfen weitere juristische und nichtjuristische Mittel. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass wir 2023 mit weiteren Fällen an die Presse gehen werden. Auch beobachten wir weiter genau, wie sich der sogenannte „Staatsschutz“ und Augsburgs Justiz gegenüber anderen aktivistischen Gruppen und NGOs verhalten.

Artikel als neue Kommunikationsform

2022 haben wir angefangen Artikel auf dieser Webseite als weiteres Medium zu nutzen, um über verschiedene Aspekte von Klimagerechtigkeit und Aktivismus zu informieren. Die darin ausgeführten Inhalte werden in weiten Teilen bereits seit Jahren in Workshops am Klimacamp vermittelt, waren aber bisher nicht als Fließtext verschriftlicht worden.

Die Artikel haben eine geringere Einstiegshürde. Man muss nicht ins Camp kommen, um sie zu lesen. Sie sind nicht hinter einer Paywall versteckt. Man muss sich nirgendwo registrieren und keine Werbung oder Cookies akzeptieren. Die Artikel sind auf der Webseite allgemein zugänglich und stehen in vielen Fällen unter einer „Creative Commons“-Lizenz. Die Lizenzen erlauben die Weiterverwendung der Texte, mitunter auch zu kommerziellen Zwecken.

Weiter gehen wir ganz offen mit unseren Informationsquellen um und verlinken diese so gut wie möglich in unseren Artikeln.

Die Artikel stellen eine Form von Klimakommunikation dar. Die Bedeutung von Klimakommunikation wurde auch in den Kapitel 9 sowie Anhang IV der Studie Klimaschutz 2030: Studie für ein Augsburger Klimaschutzprogramm (umgangssprachlich KlimaKom-Studie) ausgeführt. Des Weiteren sind die Artikel Teil unserer Öffentlichkeitsarbeit. Wissensvermittlung war von Beginn an eine wesentliche Säule der Arbeit des Klimacamps.

Für die Zukunft sind weitere Artikel geplant, mehrere bereits in Arbeit. (Ein Artikel über staatliche Repression gegen friedlichen Klimagerechtigkeitsaktivismus war im April 2022 schon in fortgeschrittenem Zustand, wurde dann aber von den Ereignissen um Pimmelgate überholt und müsste nun nochmal groß aktualisiert werden.) Teilweise würden wir gerne Expert*innen hinzuziehen, beispielsweise Förster*innen für Artikel über Wälder oder die Bedeutung von Bäumen in Innenstädten.

Das Jahr der Veröffentlichung des sechsten Sachstandsberichts zum Weltklima

2022 sah die Veröffentlichung des zweiten und dritten Teils des sechsten Sachstandsberichts zum Weltklima. Es ist der letzte Sachstandsbericht für die nächsten paar Jahre und der wahrscheinlich letzte Sachstandsbericht überhaupt, der noch aufzeigen kann, was man zur Einhaltung der 1,5°C-Grenze tun könnte. Wenn in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts der nächste Sachstandsbericht zum Weltklima erscheinen sollte, werden wir selbst für die deutlich schlechtere 2°C-Grenze viele der Optionen, die es heute gäbe, nicht mehr haben.

Die neusten Berichte des Weltklimarats sind auf unserer Webseite unter Weltklimaberichte verlinkt.

Rodungen – Strategie der vollendeten Tatsachen

In diesem Jahr haben unsere Gegner*innen versucht vollendete Tatsachen zu schaffen. Bestes Beispiel ist die Teilrodung des Lohwaldes bei Meitingen. Diesem steht als Bannwald ein besonderer Schutz zu. Obwohl gegen die Rodung noch Klagen laufen, rodeten die Lechstahlwerke in einer Blitzaktion unter Polizeischutz 5,6 Hektar der 17 Hektar des Lohwaldes. Der Wald ist für die Dauer eines Menschenlebens unwiederbringlich zerstört. Denn etwa achtzig bis hundert Jahre dauert es, bis ein Anpflanzungsexperiment die Funktion eines solchen Bannwaldes erfüllen kann. Wurzeln müssen tief in wasserführende Erdschichten reichen, so dass Bäume immer häufiger auftretende und immer länger andauernde Dürren überstehen können. Es muss sich aus abgestorbenen Pflanzenresten ein gesunder Waldboden mit einer großen Vielfalt an Mikroorganismen und Pilzen gebildet haben. Es müssen große alte Bäume mit Astlöchern und herumliegendes Totholz existieren, die für Tiere wie Fledermäusen ein Zuhause darstellen und Verstecke bieten.

Eine Episode der Sendung quer zeigt den Unfug – ja geradezu Betrug – der beim Lohwald und anderen Projekten mit sogenannten „Ausgleichsflächen“ betrieben wird.

Genehmigt wurde die Aktion durch die Gemeinde Meitingen. Die Regierung von Schwaben stellte noch zügig eine fehlende Genehmigung für die Rodung von Biotopbäumen aus. Diese Bäume erfüllen eine besondere Funktion als Lebensraum für Fledermäuse.

Der Zorn über die heimliche Ausstellung der Genehmigung durch die Regierung von Schwaben, ohne dass die Kläger*innen darüber informiert worden waren, so dass sie keine Chance hatten, Rechtsmittel gegen die Rodung einzulegen, führte dann zur Besetzung der Regierung von Schwaben. Wobei der Begriff „Besetzung“ fast eine Übertreibung ist, wenn man sich ohne Termin in den Flur vor dem Büro des Regierungspräsidenten von Schwaben setzt, um von ihm zu verlangen, dass er sich vor der Presse für diesen Vorgang rechtfertigt. Die Presse war freundlicherweise bereits von uns mitgebracht worden. (In einer älteren Version des Textes wurde vom Setzen ins Büro des Regierunspräsidenten von Schwaben gesprochen. Im Gespräch mit einer Person, die damals tatsächlich im Gebäude war, stellte sich heraus, dass es tatsächlich nur der Flur war.)

Eine ähnliche Aktion fand im Bobinger Auwald auf dem Gebiet der Gemeinde Wehringen statt. Dort war die plötzliche Rodung von 1000 m² Auwald mit der Entnahme von Bodenproben begründet worden. Das sind 2,5% der 4 Hektar Auwald, die nach dem Willen von Wehringens Bürgermeister Manfred Nerlinger hier für ein Gewerbegebiet gerodet werden sollen. Dagegen hat sich massiver Bürger*innenprotest formiert.

Nicht zu verhindern war die Fällung der Bäume am Reese-Gelände. Dort waren 57 Bäume von der Wohnbaugruppe (WBG) und dem Grünordnungsamt zum Tode verdammt worden. „Aufbäumen der Verdammten“ nannten wir unsere Protestaktion dagegen.

Uns ärgert vor allem wie die Wohnbaugruppe beziehungsweise ihr Chef Mark Hoppe die Fällungen begründet. So gab er in der Augsburger Allgemeinen zu Wort, dass einige Bäume lediglich gefällt würden, weil es beim Abriss der Gebäude zu Schädigungen an den Wurzeln der Bäume kommen könnte. Hier erscheint die Maßnahme schlimmer als der abgewendete Schaden. Es ist unklar, ob es wirklich zu Schädigungen der Wurzeln gekommen wäre. Selbst eine Beschädigung an den Wurzeln muss noch nicht der Tod des Baumes sein. Bei anderen Bäumen, die im Windschatten abzureißender Gebäude standen, wurde die Fällung damit begründet, dass diese Bäume nach dem Abriss dem direkten Wind ausgesetzt seien und damit eine Gefahr darstellen würden. Wieder andere Bäume waren einfach im Weg des geplanten Bauvorhabens.

Unsere Forderung ist nicht, dass es auf Augsburger Stadtgebiet niemals wieder zu einer Baumfällung kommen soll. Wir verlangen lediglich, dass der Erhalt möglichst vieler Bestandsbäume von Tag 1 an in der Bauplanung berücksichtigt wird. Die WBG verfolgt hier noch die Strategie, erst einmal alle Bäume zu Entfernen und am Ende des Bauvorhabens gegebenenfalls ein paar neue Baumsetzlinge zu pflanzen. Das ist aus der Zeit gefallen.

Es ist unklar, ob die temporäre Besetzung durch drei Aktivisten überhaupt auch nur eine verzögernde Wirkung auf die Fällungen am Reese-Gelände hatte. Das Medienecho war aber enorm und kurze Zeit später gab die Stadt bekannt, dass sie die geplante Fällung der Bäume am Bahnhofsvorplatz nochmal überdenken will.

Gemeinsam ist dem Lohwald bei Meitingen, dem Bobinger Auwald, den Bäumen am Reese-Gelände und ein paar weiteren ähnlichen Orten, dass wir durch vor Ort lebende Bürger*innen oder Bürgerinitiativen auf die Bedrohung für die Bäume aufmerksam gemacht und um Unterstützung gebeten wurden.

Bürgerinitiativen leisten wertvolle Arbeit. Sie fokussieren sich meist auf nur eines oder ganz wenige Projekte und betreuen diese Projekte dann von Anfang bis Ende. Wir als Klimacamp sind thematisch breiter aufgestellt, aber auch sprunghaft. Wir tun uns schwer damit ein Projekt über längere Zeit konstant zu betreuen. Die Initiativen bleiben, wenn wir weiterziehen.

Die Bürgerinitiativen freuen sich über die mediale Aufmerksamkeit, die wir für ihre Belange schaffen. Wir helfen dabei, dass sich die Gegenseite mit ihnen beschäftigen und an den Verhandlungstisch setzen muss.

Für die Zukunft würden wir uns wünschen, dass Bürgerinitiativen gemeinsam mit uns auch von Anfang an rodungsbedrohte Wälder mit Besetzungen verteidigen. Eine langfristige Baum- bzw. Waldbesetzung ist eine Sicherheit, die eine Fällung verzögert, bis man hoffentlich den Erhalt der Bäume über einen Vertrag oder ein Gerichtsurteil schriftlich vorliegen hat. Ohne derartige Maßnahmen riskiert man, wie in Meitingen geschehen, mit Worten eingelullt zu werden und dann in einer Blitzaktion vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden.

Das Klimacamp hat schon beim Aufbau von langfristigen Waldbesetzungen unterstützt. Wir können unsere Erfahrungen teilen und Schulungen geben. Es ist aber aus verschiedenen Gründen besser, wenn die eigentlichen Besetzungen dann durch die betroffenen Menschen vor Ort vorgenommen werden.

Zahlreiche Aktionen zur Mobilitätswende

Es gab Fahrraddemos, Straßenfeste, Autofreitage, Mahnwachen, E-Scooter-Umparkaktionen und vieles mehr. Die wichtigsten Ereignisse waren aber Folgende.

Mobilitätswendeaktivist*innen haben den Verkehrswendeplan Augsburg erstellt. Dabei handelt es sich um eine Vision, die aufzeigt, wie Augsburg nach einer gelungenen Mobilitätswende aussehen könnte. Der Plan beinhaltet Vorschläge für neue Straßenbahntrassen, neue Radschnellwege, neue Bahnhöfe, neue Schnellbuslinien, autofreie Zonen und mehr. Der Verkehrswendeplan Augsburg ist eine wichtige Diskussionsgrundlage, auf der die Mobilitätswende in Augsburg aufbauen kann.

Bereits 2021 sah den Abschluss eines Vertrages zwischen der Stadt und den Organisator*innen des Radbegehrens Fahrradstadt Jetzt. Nun 2022 folgte mit dem Radentscheid Bayern ein Volksbegehren auf Landesebene. Die erste Hürde in Form der Sammlung von 25.000 Unterschriften für den Zulassungsantrag ist genommen. Nun müssen Mitte 2023 innerhalb von 14 Tagen etwa eine Millionen Unterschriften in den Rathäusern zusammen kommen.

Die Mobilitätswende war auch der Schwerpunkt bei der diesjährigen Bürger*innenversammlung. Viele zielführende Anträge erhielten durch die anwesenden Bürger*innen eine Mehrheit. Doch zu viel Hoffnung haben wir nicht. Im letzten Jahr lehnte der Stadtrat die meisten guten Vorschläge aus der Bürger*innenversammlung ab. Das erzeugte großen Unmut.

Das Foto zeigt eine Kombination aus Briefkasten und Aktenvernichter. Eingeworfenes Papier wird direkt geschreddert. Vor dem Gerät steht ein Zettel mit der Aufschritt „Stadt Augsburg Bürger*innenbeteiligung“, darüber hängt die Notiz „Anträge hier einwerfen“.

Die Anzahl der Demonstrationen, Veranstaltungen und Aktionen rund um das Thema Mobilitätswende bleiben leider ungezählt. Wir wissen ernsthaft nicht, wie viele es waren. Einige gingen auch gar nicht von uns aus.

Vor allem das Straßenfest auf der Karlstraße wie auch die Fahrrademos über die B17 erfreuen sich besonderer Beliebtheit. Das Radfahrerlebnis auf der B17, mal so frei von Schlaglöchern und Glasscherben, ist etwas Besonderes. Was wir wirklich gerne mal machen würden, 2022 aber leider nicht geklappt hat, ist eine Fahrraddemo über die A8.

Das Jahr, in dem Jubiläen zur Gewohnheit werden

Dieses Jahr sah das 600-tägige, das 700-tägige (= 100-wöchige), das zweijährige, das 800-tägige und das 900-tägige Jubiläum des Camps. Wie auch viele Menschen mit zunehmendem Alter ihre Geburtstage immer weniger feiern, so geschah es auch bei uns. Zum 800-tägigen und 900-tägigen Jubiläum gab es nicht einmal eine Erwähnung im Tagebuch für 2022.

Das Klimacamp sollte aber keinesfalls als Selbstverständlichkeit angesehen werden. Jede Woche, die das Camp besteht, ist eine Leistung, die es verdient gefeiert zu werden.

Panikmache und Hetze

2022 sah auch den Aufstieg vom Aufstand der letzten Generation. Das „letzte Generation“ ist dabei nicht wie manchmal angenommen wird eine Behauptung, es handle sich um die letzte Generation vor dem Ende der Menschheit, sondern es bezieht sich darauf, dass wir die letzte Generation sind, die noch eine Chance hat die schlimmsten Folgen der Klimakatastrophe abzuwenden. Die nächsten Monate und Jahre sind dafür entscheidend. In einem Jahrzehnt ist die Sache für viele sehr Schlimme folgen bereits gelaufen.

Die Aktionen von Aufstand der letzten Generation führten zu spannenden gesellschaftlichen Diskussionen, aber sie führten auch zu Hass und Hetze gegen Klimaaktivist*innen, die an manchen Stellen Züge einer Hexenjagd gegen Einzelpersonen annahm. Da das hier unser Jahresrückblick als Klimacamp ist, wollen wir hier nicht allzu tief in die Details gehen, was Aufstand der letzten Generation und die gesamtgesellschaftliche Diskussion angeht. Den Themen Demokratie, Radikalisierung und Systemwandel wollen wir in Ruhe mal jeweils eigene Artikel widmen. Für unseren Jahresrückblick relevant ist aber, dass die Panikmache schließlich auch gegen das Klimacamp ausgeweitet wurde.

Panikmache

So warfen mehrere Presseartikel die Frage auf, welche Verbindung zwischen uns und der letzten Generation existieren. Gerne mit von der Partie bei solcher Panikmache sind ein unsäglicher Bundestagsabgeordneter der CSU und ein sehr selbstdarstellerischer Landtagsabgeordneter der Freien Wähler. Wir nennen ihre Namen hier nicht, um ihnen keine weitere Bühne zu bieten.

Was uns etwas mehr getroffen hat als die Kritik durch diese unverbesserlichen Abgeordneten, war die Reaktion der Stadtratsfraktion Bürgerliche Mitte. Mit einzelnen Vertreter*innen dieser Fraktion hatten wir über die Jahre einen durchaus positiven Austausch. In einer Anfrage an die Stadt fragte sie nun, ob die Stadt auf eine Radikalisierung des Klimacamps vorbereitet wäre, inwiefern schon jetzt das Klimacamp die Zufahrt von Rettungsfahrzeugen zum Rathaus blockiert und wie es die Stadt allgemein zu verhindern gedenkt, dass Rettungsfahrzeuge durch Klimaaktivist*innen am Erreichen ihres Einsatzortes gehindert werden. Begleitet wurden die Anfrage von ähnlichen Äußerungen von Besorgnis gegenüber der Presse.

Oh, my sweet summmer children. Sind das wirklich die Ängste und Sorgen, die Sie umtreiben? Sie müssen wirklich ein behütetes und weltfremdes Leben geführt haben. Wenn das Ihre großen Sorgen für die Zukunft sind, dann haben Sie noch nicht begriffen, was die Klimakatastrophe für die Menschen auch in Augsburg bedeutet und wie nah sie ist.

Klimagerechtigkeitsaktivist*innen gehören nicht zu den Problemen von Rettungskräften. Es kommt in Augsburg ständig vor, dass ein Rettungswagen durch einen großen Demonstrationszug durch muss oder eine Fahrraddemo überholen muss. Man muss nur mal unser Tagebuch für 2022 nach Vorkommen des Wortes „Krankenwagen“ durchsuchen. Auch gab es in den zusammengenommen über zwei Jahren, die das Klimacamp am Fischmarkt besteht, mehrere Einsätze, bei denen Rettungswägen auf den Fischmarkt fuhren und neben dem Klimacamp parkten. Dass es bei jeder Straßenblockade Platz für Rettungsgassen geben muss, war von Anfang an Teil des Aktionskonsenses von Aufstand der letzten Generation.

Rettungskräfte haben verschiedene Probleme, die vermutlich jeden Tag zum Tod von Menschen führen. Die Probleme sind:

  • Schaulustige
  • Falschparker
  • unzureichende finanzielle Mittel und mangelnde Ausstattung, sprich zu wenige Rettungsfahrzeuge im Einsatz (in Bayern fließt Vieles stattdessen in die Polizei)
  • Autofahrer*innen, die in Stausituationen keine Rettungsgassen bilden (dabei ist es egal, ob der Stau durch eine unangemeldete Straßenblockade, eine angemeldete Demonstration, einen Verkehrsunfall, eine Baustelle, eine Sportveranstaltung oder ein Straßenfest verursacht wurde)

Diese Konstruktion einer Bedrohung durch friedlichen Klimagerechtigkeitsaktivismus gefällt uns gar nicht. Viel davon ist dummes Geschwätz, aber die Kommunikation der Bürgerlichen Mitte hatte eine höhere Qualität. Reagiert haben wir dann darauf in einer eigenen Pressemitteilung, in der wir unsere Sorge über die Radikalisierung der bürgerlichen Mitte zum Ausdruck gebracht haben. Dabei ging es weniger darum die Bürgerliche Mitte als radikal darzustellen, als viel mehr darum, der Bürgerlichen Mitte einen Spiegel vor zu halten und ihnen eine Kostprobe ihrer eigenen Rhetorik zu geben.

Wir haben uns etwas schlecht gefühlt, dass wir vorübergehend unser Niveau abgesenkt haben. Es war aber eine der lustigsten Aktionen der Pressearbeit des Jahres 2022. Lustig war dann auch, wie ernst die Presse auf unsere Kritik an der Bürgerlichen Mitte reagierte. Wir gehen davon aus, dass die Pressevertreter*innen zwar unsere Pressemitteilung, nicht aber unseren die Pressemitteilung kommentierenden Tagebucheintrag gelesen haben.

Unsere Pressemitteilung war undifferenziert wie auch die Panikmache der anderen Seite, aber sie war ehrlich. Die Panikmache durch die Bürgerliche Mitte gegen das Klimacamp war nicht nur undifferenziert, sie erscheint uns auch populistischer Natur und nicht ehrlich. Für weitere Informationen siehe unseren Tagebucheintrag vom 07.11.2022.

Hetze

(Wer hätte gedacht, dass eine Zeitung, die einst mit dem Anspruch gestartet ist, eine konservative Alternative zum Spiegel zu werden, mal zu Deutschlands zweitschlimmstem Boulevardmagazin wird?)

Eine weitere Sache, die wir mit großer Sorge beobachten, ist, wie Medien vereinzelte Klimagerechtigkeitsaktivist*innen aus der Gruppe herauspicken und gezielt an den Pranger stellen. Es hat einen Grund, warum bei dutzenden verschiedenen Webseiten zu verschiedenen Klimagerechtigkeitsprojekten dieselbe Person im Impressum steht. Medien gucken manchmal ins Impressum von derartigen Webseiten und verkaufen dann eine verzerrte Zusammenstellung öffentlich zugänglicher Informationen über die dort genannte Person als Enthüllung. Das macht diese Personen zur Zielscheibe für sehr viel Hass. Nicht viele Menschen sind bereit, sich für so einen Unsinn herzugeben. Die Person, die sich im Impressum nennen lässt, leistet den Personen, die tatsächlich die Webseite pflegen und die örtlichen Klimagerechtigkeitsprojekte stemmen, einen großen Dienst und schützt sie.

Das Jahr der weiteren Verzögerungen durch die Stadt

Dialogrunde mit der Stadt

Im Januar 2021 beschloss der Stadtrat, dass es doch mal gut wäre, in einen regelmäßigen Austausch mit den lokalen Klimagerechtigkeitsaktivist*innen zu treten. Es wurde ein regelmäßiges Dialogformat beschlossen. Danach passierte erst einmal lange Zeit nichts mehr. Während des Jahres 2022 kam es zu einigen Vorbereitungsgesprächen. Wir hoffen, dass das eigentliche Dialogformat nun früh im Jahr 2023 starten kann.

Dass die relativ einfache Organisation eines Dialogformats zwei Jahre dauert, bestärkt nicht gerade unser Vertrauen darin, dass die Stadt die wesentlich größeren Aufgaben, die erledigt werden müssen, um die Stadt klimagerecht zu machen, in absehbarer Zeit auf die Reihe kriegt.

Die Fähigkeit des Klimacamps, die Stadt zu einem Gespräch zu bringen, während sie sichtlich nicht gewillt ist, mit Klimagerechtigkeitsaktivist*innen zu sprechen und einen Dialog mit Verzögerungstaktiken zu vermeiden versucht, wurde in Plena im Dezember 2022, als um die Frage der Weiterführung des Klimacamps geht, auch als wichtiges Argument für die Weiterführung des Klimacamps angeführt. Niemand spricht mit uns als Individuen, aber als Klimacamp haben wir eine Stimme, die trägt.

Zögerliche Reaktion auf die Ergebnisse der KlimaKom-Studie

November 2021 sah die Veröffentlichung der KlimaKom-Studie. Darin steht eine Liste von Maßnahmen und Empfehlungen für die Stadt. Die Empfehlungen decken sich weitestgehend mit unseren Forderungen. 2022 sahen wir, wie die Stadt bei der Umsetzung der Empfehlungen nahezu ein Jahr mit Gerede verschwendete.

Beispiel Mobilität:
Die Stadt organisierte im Mai 2022 ein erstes Mobilitätsforum, im September dann ihr zweites Mobilitätsforum (on Tour), um jetzt im Dezember 2022 – mehr als ein Jahr nach der Veröffentlichung der Studie – im Bericht ihres Mobilitätsforums festzustellen, dass sich die Wünsche der Bevölkerung weitestgehend mit den Empfehlungen der Studie decken.
Sprich: weniger Individualverkehr, ein fahrradfreundlicheres Augsburg, ein besserer ÖPNV, kostengünstiger ÖPNV

Beispiel Wärmesektor:
Die Stadt möchte bis zum Juni 2023 einen Wärmeplan beschließen. Das sind mehr als eineinhalb Jahre nach Veröffentlichung der Studie. Man beachte, dass durch den Beschluss eines Wärmeplans nicht unbedingt schon konkrete Maßnahmen beschlossen werden. (2012 beschloss die Stadt „Fahrradstadt 2020“. Getan wurde nichts.)

Es ist schwer der Stadt Untätigkeit vorzuwerfen, weil sie es ja doch langsam und zäh vorwärts geht. Wir haben aber den starken Eindruck, dass hier viel verschleppt und in die Länge gezogen wird. Einiges von dem, was die Stadt versucht als Erfolg zu verkaufen, ist auch nur leeres Gerede.

Weitere Themen

Aktion gegen Lebensmittelverschwendung

Im Mai machten wir mit einer spektakulären Aktion auf die unsinnige Gesetzgebung zu Lebensmitteln aufmerksam. In Deutschland ist das sogenannte „Containern“ – also das Holen noch genießbarer Lebensmittel aus den Müllcontainern von Supermärkten – verboten. Es geht auch anders. In Frankreich ist es den Supermärkten verboten, noch genießbare Lebensmittel wegzuwerfen.

Um auf die massive Lebensmittelverschwendung aufmerksam zu machen, kündigten wir an, aus den Müllcontainern von Supermärkten gerettetes Essen am Klimacamp verschenken zu wollen. Die Idee zu der Aktion stammt nicht von uns. In Nürnberg hatte der bekannte Jesuitenpater Jörg Alt ein paar Monate vor uns eine ähnliche Aktion durchgeführt. Im Gegensatz zu uns musste er jedoch erst mühsam die Polizei überzeugen, dass sie eine Selbstanzeige gegen ihn überhaupt aufnehmen.

Wir haben hier mit unserem langjährigen Kooperationspartner zum Thema Skandalisierung – der CSU – zusammengearbeitet. Nachdem wir sichergestellt hatten, dass die CSU rechtzeitig vorher von der Aktion erfährt, haben Vertreter*innen der CSU so viel Wind um die Aktion gemacht, dass die Polizei gar keine andere Wahl mehr hatte als einzugreifen.

Die Polizei kam am angekündigten Termin zum Klimacamp und beschlagnahmte im Beisein der Medien alle Lebensmittel. Natürlich hat die Polizei bei der Aktion auch legal gekaufte Lebensmittel beschlagnahmt. Das nehmen wir ihr nicht sonderlich übel, denn mal ehrlich: Wie soll die Polizei für den Müll bestimmte containerte Lebensmittel von gekauften Lebensmittel unterscheiden können, wenn beide noch frisch und genießbar sind?

Wärmewende

Ein Thema, dem wir bislang zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet haben, ist die Wärmewende. Die KlimaKom-Studie identifizierte Wärmewende, Mobilitätswende und Energiewende als die drei wesentlichen Säulen, auf der eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch die Stadt Augsburg zu stehen hat. Unsere Aktionen und Forderungen sind bislang sehr fokussiert auf die Mobilitätswende und die Energiewende. Allerdings gibt es mit Augsburg erdgasfrei ein Bürgerbegehren, welches den Ausstoß an Treibhausgasen durch den städtischen Wärmesektor ins Visier nimmt.

Fazit

Es war ein bewegtes und ereignisreiches Jahr. Auf der Stichpunktliste gibt es noch fast dreißig weitere Stichpunkte, die in diesem Jahresrückblick bislang nicht einmal angeschnitten werden. Dazu zählen der Kletterworkshop am Hauptbahnhof, zwei Public Climate Schools, zahlreiche Workshops am Klimacamp und an anderen Orten, Filmvorführungen, Kletteraktionen an Fahnenmasten, Kletteraktionen an der City-Galerie, Entwurf und Druck von Stickern und Bodenbannern, die Teilnahme von Vertreter*innen des Klimacamps an verschiedenen Podiumsdiskussionen, der Start der Südroute von Ohne Kerosin nach Berlin am Klimacamp, die denkwürdige Schmährede von Oberbürgermeisterin Eva Weber bei der Verleihung des Zukunftspreises, unser Beitrag zum Klimafestival des Staatstheaters, unsere Zusammenarbeit mit der Baumallianz Augsburg sowie anderen Klimagerechtigkeitsgruppen in ganz Süddeutschland, Campführungen für Schulklassen, die Trommelgruppe Rythms of Resistance, die Aktion Kuscheln statt Kaufen, die Besetzung eines Unihörsaals durch End Fossil Augsburg und vieles mehr. Viel davon lässt sich in unserem Tagebuch für 2022 nachlesen.

Es war wirklich ein bewegtes und ereignisreiches Jahr. Es wurde auch viel über uns geschrieben, wie man unserem Pressespiegel entnehmen kann.

Wie lange wird es noch weitergehen? Nun, wir sind uns relativ sicher, dass die Stadt auch 2023 keine so gute Arbeit machen wird, dass die Begründung für unseren Dauerprotest wegfallen wird. Im Formular, mit dem das Klimacamp beim Ordnungsamt als Versammlung angemeldet wurde, steht zum Ende der Versammlung „wenn es die Situation zulässt“. Die Diskussion um Lützerath im Dezember 2022 hat uns gezeigt, dass auch ein Ende „wenn es die Situation erforderlich macht“, um unseren Protest in anderer Form fortzusetzen, vorstellbar ist.

Was 2023 bringen wird, können wir noch nicht sagen. In gewisser Weise müssen sich die Klimagerechtigkeitsbewegung in Augsburg und das Klimacamp neu erfinden, um geänderten Rahmenbedingungen besser gerecht zu werden. Wir haben internen und externen Herausforderungen zu begegnen und müssen dringend daran arbeiten, neuen Klimagerechtigkeitsaktivist*innen den Einstieg bei uns zu erleichtern und für alle Klimagerechtigkeitsaktivist*innen – neuen wie auch bekannten – ein attraktiver Dauerprotest zu sein.

Stadt verliert vor Gericht
Pimmelgate Süd
Kreidebleich
Pissegate
Artikel auf der Webseite des Klimacamps (Stand 1. Januar 2023)
Lohwaldrodung
Mobilitätswende
Gegen Lebensmittelverschwendung: Essen retten
Wärmewende
Sonstige Quellen

Tagebücher der zurückliegenden Jahre

Das Tagebuch wurde zu lang. Daher haben wir die Tagebücher der zurückliegenden Jahre abgetrennt.