Pressemitteilung vom Augsburger Klimacamp am 10. Dezember 2021

Entsetzen über einseitigen Radentscheid-Vertragsbruch der CSU – Lob für grüne Fraktion

Über Monate gab es Verhandlungen, bis am 05.07.2021 die Initiatoren des Augsburger Radentscheids und die Stadt schließlich einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schlossen. Das damals noch gemeinsam so verkündete Ziel: Den Fahrradverkehr in Augsburg nicht länger strukturell benachteiligen und dadurch ermöglichen, dass mehr Bürger*innen auch die Chance bekommen, vom Auto aufs Rad umzusteigen. Nun brach die CSU in der gestrigen Bauausschusssitzung dieses Versprechen. Mit ihrem Beschluss setzten sie sich einseitig über die Vertragsvorgaben zur Stellplatzsatzung hinweg. Die Aktivist*innen des Augsburger Klimacamps sind entsetzt, nach eigenen Angaben aber wenig überrascht. Nur Grüne und SPD stimmten gegen die Beschlussvorlage von CSU-Baureferent Gerd Merkle.

Im gemeinsamen Vertrag war ursprünglich vereinbart, dass Immobilieneigentümer*innen mehr Freiheiten erhalten dürfen, das heißt auf Wunsch weniger PKW-Stellplätze und mehr Radstellplätze vorsehen dürfen. „Die CSU zeigte sich in der gestrigen Bauausschussitzung unwillig und unfähig, selbst diesen kleinen Schritt auf dem Weg zur Mobilitätswende einzuschlagen“, so Charlotte Lauter (19) vom Klimacamp. Lauter könne nicht nachvollziehen, dass die CSU offenbar nicht einmal Willens ist, Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen, welche die Stadt nichts kosten.

„In ihren Worten gibt sich die CSU heutzutage einen grünen Anstrich und Söder umarmt Bäume. Doch in ihren Handlungen wird immer wieder klar, wie sehr die CSU einseitig klimaschädliche Partikularinteressen des motorisierten Individualverkehrs bedient“, so Lauter weiter. Der gestrige Vertragsbruch demonstriere das wieder einmal mehr.

„Die Oberbürgermeisterin erklärt oft, dass sie nicht verstehe, wieso Augsburgs Klimaschutzverzögerungen aus wissenschaftlicher Sicht zukunftsschädlich und riskant seien“, so Lauter weiter. „Im Februar setzte sich die Stadt eine klare CO₂-Obergrenze. Im Juli hat sie die Bus- und Trampreise erhöht, zum Jahreswechsel treibt sie die Preisschraube weiter in die Höhe, und nun bricht die CSU auch noch einseitig den Radentscheid-Vertrag. Und da wundert sich Frau Weber noch, dass wir ihr Schneckentempo kritisieren?“

Fehlende Kommunikation mit dem Aktionsbündnis „Fahrradstadt jetzt“

„Die Augsburger CSU wirft uns immer wieder vor, nicht gesprächsbereit zu sein“, erinnert Lauter. „Dieser Vorwurf verkennt natürlich, dass es die physikalischen Gegebenheiten sind, sprich die realen Bedrohungen durch die Erdaufheizung, die den Zeitdruck herstellen, und dass mit diesen nicht verhandelt werden kann. Aber die CSU übt selbst eine Politik des Schweigens.“ Lauter bezieht sich mit ihrer Aussage darauf, dass den Radentscheidinitiator*innen in den Verhandlungen zugesichert worden war, dass sie in die weiteren Schritte kommunikativ eingebunden werden würden. „Einzig aus formaljuristischen Gründen hielt diese Zusicherung nicht Einzug in den Vertragstext.“ Doch nun fand vor dem Vertragsbruch keine Kommunikation mit dem Aktionsbündnis „Fahrradstadt jetzt“ statt.

Positiver Einsatz der grünen Fraktion

Als klaren Gegensatz dazu sehen die Klimacamper*innen den Einsatz der grünen Fraktion im gestrigen Bauausschuss. Nach Ansicht der Klimacamper*innen versuchten sie nicht nur, den Vertragsbruch aufzuhalten, sondern auch, die konsequente Ablehnung der Empfehlungen der Bürgerversammlung zu verhindern.

Diese hatte am 12.10.2021 der Stadt eine Reihe von Maßnahmen, insbesondere für den Sektor der städtischen Mobilität, empfohlen. Nahezu alle Anträge wurden aber mit dem Verweis auf formaljuristische Fehler verworfen. „Muss man denn Anwältin sein, um in der Bürgerversammlung Anträge zu stellen?“, wundert sich Lauter. Die Grünen setzten sich in der Bauausschusssitzung dafür ein, dass die Empfehlungen ihrer Intention nach und nicht ihrem Wortlaut nach beurteilt werden, konnten sich damit gegen ihre Koalitionspartnerin aber nicht durchsetzen. Nicht einmal eine Zurückstellung einiger Anträge, um mehr Vorbereitungszeit zu schaffen, ließ die CSU zu.

Ausführliches Sitzungsprotokoll

Die Stadt hält ausführliche Sitzungsprotokolle, die das Abstimmungsverhalten der einzelnen Stadträt*innen sowie die Diskussionsbeiträge offenbaren, unter Verschluss.

Ein von Klimacamper*innen angefertigtes eigenes Protokoll gibt es aber hier.