Pressemitteilung vom Augsburger Klimacamp am 1.8.2022

Polizeiaufgebot bei Kletterworkshop vom Augsburger Klimacamp: Fällen erlaubt, Beklettern verboten

Einsatzkräfte vom Staatsschutz verhindern Kletterworkshop vom Augsburger Klimacamp

Damit hatte das Klimacamp für den Workshop geworben

Am gestrigen Montag (1.8.2022) verhinderte am frühen Abend ein Aufgebot der Polizei einen Kletterworkshop vom Augsburger Klimacamp. Wie die Aktivist*innen vergangene Woche ankündigten, hätte dieser am Bahnhofsvorplatz stattfinden sollen. Das Ziel: Anwohner*innen und weiteren Bürger*innen ermöglichen, im Notfall die Bäume zu ihrem Schutz zu besetzen. Hintergrund dieser Vorbereitung sind die umstrittenen Pläne der Stadt, die dortigen Bäume zur Umsetzung eines Umgestaltungsvorschlags aus dem Jahr 2015 zu fällen.

Auch Kräfte der Abteilung „Staatsschutz“ der Augsburger Polizei vor Ort

Ein Aufgebot aus etwa 10 Polizeibeamt*innen samt Einsatzkräften der Abteilung „Staatsschutz“ der Augsburger Polizei verhinderte den Workshop, zu dem sich etwa 15 Interessenten einfanden. „Die Polizei bestätigte vor Ort unsere Rechtseinschätzung, dass das Beklettern weder Ordnungswidrigkeit noch Straftat darstellt“, so Charlotte Lauter (19) vom Klimacamp. Lauter zu Folge gab der Einsatzleiter an, den Kletterworkshop „zur Gefahrenabwehr nach Polizeiaufgabengesetz“ zu verhindern, primär mit Blick auf etwaige Baumschädigungen und sekundär mit Blick auf potenzielle Verletzungen. „Fällen erlaubt, Beklettern verboten“, interpretiert Lauter das Aufgebot. „Ist bloßes Beklettern wirklich eine von der Polizei abzuwehrende Gefahr? Der Widerspruch – Klettersteige und Risikosportarten sind in Deutschland erlaubt – blieb auch den Beamt*innen vor Ort nicht verborgen, sie verwiesen jedoch auf eindeutige Anweisungen von weiter oben“, so Lauter. Die Aktivist*innen kritisieren, dass sich die Polizei trotz Überstunden und Personalmangel für diese Aktion einspannen ließ.

Die Abteilung „Staatsschutz“ der Augsburger Polizei machte zuletzt Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass sie den Klimaaktivisten und früheren Bundestagskandidat Alexander Mai hausdurchsuchte, nachdem dieser auf Facebook unter seinem vollen Namen einen Link zu einem Zeitungsfoto des „Pimmelgate“-Skandals einstellte sowie als die Abteilung „Staatsschutz“ ins Kinderzimmer der damals 16-Jährigen Janika Pondorf eindrang.

Platz jahrelang vernachlässigt, nun unter Beobachtung – Ersatzpflanzungsexperimente riskant

Die Aktivist*innen des Augsburger Klimacamps teilen die Einschätzung von anderen Stimmen aus der Zivilgesellschaft, dass die Stadt den Bahnhofsvorplatz über Jahre vernachlässigte. Aktuell sei es eine ungepflegte Fläche und Lagerplatz für Schrottfahrräder, so Lauter. Ihre Forderung: eine ansprechende Bepflanzung und Sitzgelegenheiten, sodass der Platz zu einem schönen Verweilort für Menschen werde. Auf die von der Stadt ins Spiel gebrachten Ersatzplanzungsexperimente möchte sich Lauter nicht verlassen und bezeichnet sie als „riskant“. Die Klimacamper*innen schließen sich vielmehr der Einschätzung der Expert*innen der Augsburger Baum-Allianz an, dass der aktuelle Baumbestand gepflegt und beibehalten werden sollte.

„Nach außen hin wird die Stadt nicht müde, den Wunsch nach mehr Bürgerbeteilung zu beteuern“, so Lauter. „Offenbar ist damit aber nur passive Beteiligung gemeint.“

Auch Verfahren gegen Baum-Allianz eingeleitet

Neben Vertreter*innen des Klimacamps waren auch Expert*innen der Augsburger Baum-Allianz vor Ort, die den „Planungsdinosaurier“ der Stadt als erstes öffentlich machten. Um über den drohenden Kahlschlag zu informieren, hatten diese kleine Hinweisschilder an den Bäumen befestigt. Da die Kontaktdaten einer Ansprechperson nur auf ihrer Webseite, nicht allerdings auf den Schildern selbst verzeichnet waren, wurde ein Verfahren gegen die Baum-Allianz eingeleitet. Es droht nun ein Bußgeld im mittleren dreistelligen Bereich.

Mangelndes Gespür für Größenordnungen

Im Hinblick darauf, dass die Klimakrise und seine schon jetzt erheblich spürbaren Folgen eine große Gefahr für die Gesellschaft darstellt, resümiert Lauter: „Die Polizei verwendete den Begriff ‚Gefahrenabwehr‘. Eine Baumkletterei als Gefahr zu bezeichnen, die ähnlich wie bei Kreidemalereien den Staatsschutz auf den Plan ruft, zeichnet ein gutes Bild des noch nicht vorhandenen Bewusstseins für die Schwere der Klimakrise.“